Karl-Heinz Balzer, der Erste Remsecker Bürgermeister, geht in den Ruhestand. Er hat die kommunalpolitischen Geschicke entscheiden mitbestimmt.

Remseck - Im Remsecker Gemeinderat gab es an diesem Dienstagabend ein letztes Stelldichein, dann endete die Amtszeit von Karl-Heinz Balzer als Erster Bürgermeister nach drei Jahrzehnten endgültig. Politisch aktiv bleibt der 66-Jährige dennoch.

 

Herr Balzer, die offizielle Verabschiedung.  .  . der endgültig letzte Vorhang?

Genau, der formale Abschluss. Eine normale Abschiedsfeier war ja aus bekannten Gründen nicht möglich. Für mich ist es aber trotzdem ein guter Abschluss. Ich bin viermal vom Gemeinderat gewählt worden, also werde ich auch vom Gemeinderat verabschiedet.

Auf der politischen Bühne findet man Sie aber nach wie vor. Sie bleiben Kreisvorsitzender der Freien Wähler, außerdem Kreis- und Regionalrat.

Ansonsten hätte ich auch ein bisschen Bedenken vor dem Ruhestand (lacht).

Welches Thema in Remseck lag Ihnen denn besonders am Herzen?

Remseck war in den Jahren, in denen ich da war, eine wachsende Stadt. Daher war es der Bereich Kindergärten und Schulen, auf dem mein besonderer Fokus lag. Und das zweite Steckenpferd war der öffentliche Nahverkehr, nachdem wir Ende der 1990er-Jahre die Stadtbahn bekommen hatten. Mit einem Fachbüro durfte ich außerdem das Stadtbuskonzept maßgeblich begleiten.

„Die meisten Fehler sind heilbar“

Gab es auch etwas, bei dem Sie sich ein Scheitern eingestehen müssen?

Wer viel arbeitet, macht viele Fehler, das ist unstrittig. Aber die meisten Fehler sind heilbar. Was kein Fehler war, aber enttäuschend, war meine Niederlage bei der Bürgermeisterwahl im Jahr 1998, keine Frage. Das zieht einen zunächst runter. Ich habe es dann aber sportlich genommen und konnte es rational nachvollziehen.

Sie haben mehrere Jahrzehnte die Verwaltungsarbeit miterlebt und mitgeprägt. Was hat sich dabei verändert?

Es ist unstrittig, dass die Digitalisierung die Geschwindigkeit verändert hat. In den 1990er-Jahren hat man in der Regel noch einen Brief bekommen, ob es jetzt etwas Positives oder Negatives war. Wenn man innerhalb von 14 Tagen nicht dazu gekommen ist, dem Bürger zu antworten, hat man einen Zwischenbescheid gegeben. Heute fragt der Bürger am nächsten Tag schon nach, warum seine E-Mail nicht beantwortet worden ist. Das ist also sicher nicht nur positiv, denn auch vor 30 Jahren hat man sich auf dem Rathaus bürgerorientiert gegeben. Da waren aber die Schlagworte noch nicht so modern wie heute.

Remseck schon frühzeitig auf dem richtigen Weg

Sie haben die Geschwindigkeit angesprochen: Trägt sie nicht zu einer dynamischeren Stadtentwicklung bei?

(lacht) Das vermag ich so nicht zu beurteilen. Das Entscheidende in der Politik, auch bei kommunalpolitischen Entscheidungen, ist nicht die Technik, sondern das sind die Menschen. Stadtentwicklung ist ja kein Thema, bei dem man heute entscheidet und morgen vollzieht, sondern da geht es um die Perspektive von mindestens einer Generation. Da hat man sich in Remseck schon frühzeitig auf den Weg gemacht, auch in Sachen Bürgerbeteiligung.

Jetzt fällt ein Großteil Ihrer politischen Tätigkeit weg. Wie füllen Sie die Lücke?

Es fällt zunächst viel Verantwortung weg. Es ist ein Unterschied, ob ich als Kreis- oder Regionalrat meine Meinung kundtun darf und mich verantwortlich dort einbringe oder ob ich in der Verwaltungsspitze für zahlreiche Mitarbeiter und andere Dinge unmittelbar Verantwortung trage. Ich hoffe, dass ich das auch wirklich ablegen kann, weil mich das über fast vier Jahrzehnte geprägt hat. Außerdem lasse ich jetzt auch gerne mal etwas auf mich zukommen. Ich bin auch noch sozial engagiert, bin Vorstand der Diakoniestation und Fördervereinsvorsitzender und mache im kulturellen Bereich noch ein bisschen etwas – was künftig eine gewaltige Herausforderung wird. Es gibt also viele Dinge, die mich interessieren.