Im Ausbildungszentrum der Bauwirtschaft in Geradstetten werden Baggerfahrer anschaulich für die Gefahren beim Arbeiten im Bereich von Versorgungsleitungen sensibilisiert.
Remshalden - Es zischt kurz, dann zerreißt eine Feuerfontäne die Plane vor einer betonierten Nische und walzt sich ein, zwei Meter in den Hof hinein. Ein dumpfes Geräusch drückt auf die Gehörgänge, und im Gesicht wird es ziemlich warm. Karl Nufer ist ein Bär von einem Mann, und er steht gut zehn Meter entfernt von dem Geschehen, doch jetzt muss selbst er kurz schlucken. „Das war schon beeindruckend“, sagt der Geschäftsführer einer gleichnamigen Erdbaufirma aus Pfullendorf im Landkreis Sigmaringen.
Landesweit erster und einziger Anbieter mit Praxisteil
Wie Nufer haben sich an diesem Freitag gut 20 Baugeräteführer und Straßenbauer aus dem ganzen Land im Ausbildungszentrum der Bauwirtschaft in Remshalden-Geradstetten über die Gefahren bei Arbeiten im Bereich von Versorgungsleitungen informiert. Bereits seit 2007 bietet das überbetriebliche Ausbildungszentrum einen auf Initiative der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Leitungsbetreiber konzipierten theoretischen Tageskurs an. Rund 7000 Teilnehmer sind so schon geschult worden. Eine Teilnahme an einer solchen Unterweisung sei mittlerweile beispielsweise auf Baustellen der EnBW eine Grundvoraussetzung für die Auftragsvergabe, sagt Martin Kleemann, der Leiter des Ausbildungszentrums. Als erster und bisher einziger Anbieter in Baden-Württemberg hat seine Einrichtung diesen Lehrgang jetzt um einen praktischen Teil erweitert.
Gezeigt wird darin etwa mit einer speziell betonierten Brandgrube, was passieren kann, wenn bei Erdbauarbeiten eine Gasleitung beschädigt wird und sich ausströmendes Gas in einem Kellerraum entzündet. Die Teilnehmer sollen für Geräusche sensibilisiert werden, die entstehen, wenn Gas ausströmt oder erkennen, dass eine Beschädigung äußerlich gar nicht sichtbar sein muss und deshalb auch ein mutmaßlich harmloser Kontakt mit der Baggerschaufel vorsorglich von einem Experten überprüft werden sollte.
So schnell wie möglich den Strom abschalten
Das Ziel sei, dass sich die Bauarbeiter schon vor Beginn der Arbeiten Gedanken über die Auswirkungen möglicher Schäden machten, sagt Martin Kleemann. „Wir wollen bewirken, dass sie Umsicht walten lassen und im schlimmsten Fall wissen, was sie tun müssen oder nicht tun dürfen.“ Das präge sich noch besser mit einer handfesten Veranschaulichung ein. Bei der Simulation eines Lichtbogens, der nach einem Kurzschluss durch eine angegrabene Stromleitung entsteht, werde jedem der Teilnehmer nämlich schnell klar, dass man so schnell wie möglich den Strom abstellen muss – also am besten gleich die Notfallnummern der jeweiligen Leitungsbetreiber parat haben sollte.
Für Karl Nufer hat der jetzt mit Praxiselementen angereicherte Lehrgang aber noch einen weiteren, für ihn ebenfalls ganz praktischen Vorteil. Ein Theorielehrgang muss nach dem Willen der Netzbetreiber alle drei Jahre wiederholt werden, damit er seine Gültigkeit nicht verliert. „Der hier hebt jetzt für fünf Jahre.“