Die Remstal-Bienenroute soll weiter ausgebaut werden. Imker sorgen sich derweil wegen einer Milbe. Das alle 16 Gartenschau-Kommunen verbindende Blütenmeer von gut 200 Blühflächen auf zusammen 70 Hektar Fläche wird noch deutlich vergrößert.

Fellbach - Für die Übermittlung einer guten Nachricht war der Imker und Informatiker Bernhard Willi zuständig: Die Bienenroute, eines der größten und augenfälligsten Projekte der letztjährigen Remstal-Gartenschau, wird fortgesetzt. Mehr noch: Das alle 16 Gartenschau-Kommunen verbindende Blütenmeer von gut 200 Blühflächen auf zusammen 70 Hektar Fläche wird noch deutlich vergrößert.

 

Bernhard Willi ist der Initiator, Ideengeber und unermüdlicher Vorantreiber des ehrgeizigen Projekts

„Das Ziel für 2020 ist es, weitere 100 Hektar dazuzubekommen“, sagte der Fellbacher anlässlich der Mitgliederversammlung des Bezirksimkervereins Waiblingen und Umgebung, in dem auch die meisten Imker aus Fellbach und Kernen organisiert sind.

Bernhard Willi ist der Initiator, Ideengeber und unermüdlicher Vorantreiber des ehrgeizigen Projekts, des bundesweit ersten seiner Art. Zwischen Essingen und Remseck hatten Kommunen, private Gartenbesitzer und engagierte Landwirte wie der Schmidener Harald Kauffmann, aber auch Unternehmen wie die Stadtwerke Fellbach bei der Gartenschau für Blühflächen gesorgt. Das allein mag schön sein, aber interessant macht das Projekt die Verbindung mit dem Internet.

Das vergangene Jahr war für die Imker trotz des Blütenmeers kein erfreuliches

Bernhard Willi und seine Mitstreiter haben dazu den Verein Bienformatik gegründet, der vom Waiblinger Imkerverein personell und finanziell unterstützt wurde. Das Ergebnis ist unter anderem die Smartphone-App „Bienenroute“, die in Googles Play Store kostenlos bereitsteht. Sie gibt Auskunft über die Lage der Blühflächen und die sie verbindenden Wanderwege. In Verbindung mit der Seite www.trachtfliessband.de erhalten die Nutzer außerdem umfangreiche Informationen zu den dort wachsenden Pflanzen und ihrem Nutzen für die Insekten. Speziell Wildbienen mit ihrem teilweise nur wenige Dutzend Meter umfassenden Flugradius und Insekten, die weniger mobil sind als die von Imkern gehegten Honigbienen, profitieren von diesen blühenden Trittsteinen im Remstal. Das vergangene Jahr war für die Imker trotz des Blütenmeers kein erfreuliches. Ungünstiges Wetter verhinderte volle Honiglager.

Ab rund zehn Grad Außentemperatur verlassen die Bienen ihren Kasten

Anders als oft angenommen, ist das Wetter im Winter kein Problem für Honigbienen. Sie kuscheln sich bei kühlen Temperaturen zu einer Kugel in Fußballgröße zusammen und fressen sich durch ihre Futtervorräte. „Sie leiden keinen Hunger, außer der Imker hat zu wenig gefüttert“, sagt Klaus Wallner, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Landesanstalt für Bienenkunde und seit 50 Jahren Imker. Warme Perioden schadeten jedoch auch nicht. „Tage, an denen die Bienen fliegen können, sind natürlich ein großer Vorteil, weil sie sich dann entleeren können“, sagt der 65-Jährige. Ab rund zehn Grad Außentemperatur verlassen die Bienen ihren Kasten und leeren ihre immer voller werdende Kotblase. Darin sammeln sich oft über Monate die unverdaulichen Reste des Winterfutters – ein Toilettengang im Stock würde Krankheiten auslösen.

Auch in Fellbach und Umgebung gab es Verluste

Mit Letzteren haben die Bienen und ihre menschlichen Pfleger ohnehin viel zu tun. Allerdings nicht mit solchen durch einen vollen Darm, sondern mit der vor rund einem halben Jahrhundert aus Asien eingeschleppten Varroamilbe. Diese saugt den Bienenlarven die Hämolymphe, also das Bienenblut, aus dem Leib und überträgt Viren. Immer häufiger sterben deswegen ganze Völker im Herbst ab. „Unser größtes Problem ist die Varroa“, sagt deshalb Klaus Wallner. Aus dem aktuellen Winter haben den Experten noch keine Meldungen über flächendeckende Kalamitäten erreicht, dramatische Einzelfälle sind ihm aber durchaus zu Ohren gekommen: „Ein Imker hat 40 Völker verloren.“

Auch in Fellbach und Umgebung gab es Verluste. Wolfgang Groh etwa, der Vorsitzende des Bezirksimkervereins Waiblingen und Umgebung, ist nach einer Inspektion deprimiert. Für den 74-jährigen Bio-Imker war es ein bislang schlechter Winter. Von seinen 16 Bienenkolonien haben nur sieben überlebt. Vor allem Jungvölker, sogenannte Ableger, starben. „Ich vermute, dass es Nachwirkungen von Varroaschäden waren“, sagt der Beinsteiner. Die Art und Weise, wie er künftig Jungvölker pflegt, will Wolfgang Groh deswegen überdenken. Zumindest kurzzeitig erwog er sogar grundsätzliche Konsequenzen: „Man denkt darüber nach, ob man mit der Imkerei aufhört.“ Letztlich überwiegt bei ihm, wie bei den meisten seiner Imkerkollegen, aber die Begeisterung für das naturschützende Hobby. Nur an der Spitze seines Imkervereins soll in einem Jahr ein neuer „König“ stehen: „Es ist mein letztes Amtsjahr“, sagt der Vereinsvorsitzende.

Der Bezirksimkerverein expandiert – und Bienen sind teils schon auf Nektarsuche

Der Bezirksimkerverein Waiblingen und Umgebung hat aktuell 189 Mitglieder, rund 30 mehr als noch vor einem Jahr. Damit setzt sich das starke Wachstum der Vorjahre fort. Nicht alle Mitglieder sind selbst Imker. Zu den passiven Unterstützern zählen Naturfreunde, darunter auch bekanntere wie der Winnender CDU-Landtagsabgeordnete Siegfried Lorek. Das Vereinsgebiet umfasst neben Waiblingen auch Fellbach und Kernen. In Waiblingen befindet sich das von der Stiftung der Kreissparkasse Waiblingen maßgeblich finanzierte Bieneninformationshaus Alvarium. Dort finden etwa Neuimkerschulungen statt, aber auch Schulklassen wie von der Stettener Karl-Mauch-Schule bekommen dort regelmäßig bei kostenlosen Führungen Einblicke.

Ehrungen

Bei der Mitgliederversammlung am Freitagabend gab es mehrere Ehrungen. Die Ehrennadel in Gold erhielt Gerhard Krug. Andreas Löbel und Karl-Heinz Jaworski bekamen sie in Silber. Für seine zehnjährige Mitgliedschaft wurde der Oeffinger Alexander Homann mit Bronze geehrt. Zudem erhielt der langjährige Kassierer Rolf Mayer die Verdiensturkunde in Silber.

Noch finden die an warmen Tagen bereits fliegenden Bienen wenig Nektar. Wichtig ist aber auch der Blütenpollen, von dem ein Volk pro Jahr rund einen Zentner vertilgt. Ihn liefern derzeit bereits Frühblüher wie Winterling, Krokus oder die Kornelkirsche. Während zur Zeit der Obstblüte der Tisch für Insekten reich gedeckt ist, herrscht im Sommer oft Nahrungsmangel