Dezentral und frei zugänglich: Das ist das Konzept, auf das die Gemeinde Winterbach bei den Projekten für die Remstal-Gartenschau setzt. Das ehrenamtliche Engagement der Bürger spielt eine große Rolle.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Winterbach - Am Ende wird doch alles gut: Rund zwei Monate vor der Eröffnung der Remstal-Gartenschau hat der Winterbacher Gemeinderat dem Bau des Monopteros zugestimmt. Bürgermeister Sven Müller ist erleichtert. Der Säulenrundbau, Winterbachs Beitrag zu den 16 Stationen, stand wegen extremer Kostensteigerungen zunächst auf der Kippe. Mit der Architektin einigte sich die Stadtverwaltung schließlich auf eine kleinere, günstigere Version, vom Verband Region Stuttgart gab es weitere Fördermittel: Nun sind die Bauarbeiten in vollem Gange.

 

Der Monopteros ist nicht das einzige Projekt, mit dem sich die Gemeinde auf die Gartenschau vorbereitet: Am Gleisdorfer Platz wird die Rems in den Mittelpunkt gerückt. Jung und Alt können auf dem Sonnendeck über dem Fluss entspannen, für Kinder und Jugendliche gibt es Trampoline, einen Kletterturm und ein Fontänenfeld. Der neu gestaltete Platz wird einen direkten Zugang zur Rems haben: „Da kann man die Füße ins Wasser hängen“, sagt Michael Haberkorn. Er leitet die Winterbacher Projekte zur Remstal-Gartenschau und hat, seit er das Amt vor zwei Jahren antrat, gut zu tun.

Großes ehrenamtliches Engagement der Bürger

Schon jetzt fänden die Attraktionen Anklang bei den Besuchern, berichtet Haberkorn und erzählt, dass ihn jüngst eine Anfrage zum Weißen Pfad des Land-Art-Künstlers David Klopp erreicht hat. Auf dem fünf Kilometer langen Rundweg verbindet der Winterbacher kulturelle und landschaftliche Sehenswürdigkeiten der Gemeinde auf kreative Weise miteinander.

Unweit des Pfades liegt der Mitmach-Garten. 16 Beete werden dort von Winterbacher Bürgern bepflanzt. „Vom Rentner bis zur Familie oder dem Flüchtling sind alle vertreten. Jeder ist für sein Beet selbst verantwortlich und kann dort pflanzen was er möchte“, erklärt Haberkorn das Konzept. Eine Holzpergola bietet Platz für Lesungen, Kunstkurse und andere Veranstaltungen. Landschaftsarchitekten haben sich ehrenamtlich eingebracht. „Das Bürger-Projekt ist hoch professionell umgesetzt worden“, lobt Haberkorn.

„Das große ehrenamtliche Engagement der Winterbacher Bürger in Hinblick auf die Gartenschau ist ein besonderer Schatz“, betont Bürgermeister Sven Müller. In anderen Kommunen sei das nicht so ausgeprägt, meint er. Ihm sei die Beteiligung der Bürgerschaft von Anfang an wichtig gewesen. Er hofft, dass der Einsatz der Winterbacher Anerkennung findet, die sich auch in entsprechenden Besucherzahlen niederschlägt. „Wir haben versucht, neben größeren Gartenschau-Kommunen wie Waiblingen, Schwäbisch Gmünd oder Fellbach unsere Nische zu finden. Ich denke, das ist uns gut gelungen“, sagt der Bürgermeister.

Streuobst, Boule und Slackline

Die Gemeinde setzt dabei auf ein dezentrales Konzept, bei dem die einzelnen Stationen recht weitläufig verteilt sind. „Der ganze Ort soll von der Vielfalt der Projekte profitieren“, erklärt Haberkorn. Alle Gartenschau-Attraktionen sind frei zugänglich, nirgends wird Eintritt verlangt. Rund eine Million Euro gibt Winterbach für seine Projekte aus, darin sind laut Müller die Personalkosten und die Aufwendungen für Veranstaltungen enthalten. „Das ist ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis“, freut sich der Bürgermeister. Auch dazu trage der ehrenamtliche Einsatz vieler Bürger bei.

Beispielsweise von den Mitgliedern des Obstbaurings, die schon vor einigen Jahren damit begonnen haben, ihr Infozentrum für Streuobst und Naturschutz für die Gartenschau aufzubauen, das auch als grünes Klassenzimmer dienen soll. Auf einem Lehrpfad kann man den Weg vom Apfelkern bis zum Baum nachvollziehen. Ein eigens konzipierter Streuobst-Tourguide gibt Informationen zu Obstsorten und Rezepten. „Das hat sicherlich Strahlkraft über die Region hinaus“, sagt Michael Haberkorn.

Bürgermeister Müller betrachtet die Gartenschau als große Chance für seine Gemeinde; als Hebel, mit dem sich Ideen zur Stadtentwicklung schnell umsetzen lassen. So wie die neue Slack’n’Boule-Anlage, die schon im vergangenen Sommer eröffnet wurde und gut ankommt, wie Haberkorn berichtet. Es gebe kaum öffentlich zugängliche Slacklineparks in Deutschland – doch in Winterbach sind die Bänder, auf denen man balancieren kann, nun fest verankert – neben einer Boulebahn und einer Tribüne. Hier sollen die Generationen einander begegnen, die Anlage steht allen offen.

Parkplätze und unbekannte Besucherzahlen

Auch Slack’n’Boule gehört zu den Mitmach-Projekten für die Gartenschau, bei denen sich Bürger beteiligen. Insgesamt 20 solcher Projekte gibt es in Winterbach. Rund 150 000 Euro hat die Gemeinde auf die einzelnen Gruppen verteilt. „Die Leute brennen dafür“, sagt Haberkorn. „Ich wünsche mir, dass die Projekte aus der Bürgerschaft die Wertschätzung bekommen, die sie verdienen und dass sie langfristig erhalten bleiben.“ Geplant ist, dass rund 80 Prozent all dessen, was für die Gartenschau realisiert wird, danach weiter läuft. Man habe von Anfang an auf Nachhaltigkeit geachtet, betonen Müller und Haberkorn.

Dennoch tauchten im Verlauf der Planungen immer wieder neue Fragen auf. Etwa die nach einer ausreichenden Zahl an Parkplätzen, wobei „ausreichend“ schwer zu definieren ist. „Keiner kann sagen, wo wann wie viele Besucher aufschlagen“, beschreibt Michael Haberkorn eine der großen Herausforderungen bei der Planung. „So eine Gartenschau haben wir ja noch nie gemacht“, ergänzt Sven Müller. Was die Parkplätze angeht, so werden an den Wochenenden einige Gewerbetreibende des Ortes ihre Flächen zur Verfügung stellen. „Wir gehen inzwischen stark davon aus, dass viele Besucher den Weg nach Winterbach finden werden.“

Bis zur Highlight-Woche im Juli mit einem „Brunnenfest XXL“, einem Heimatabend und After-Work am Gleisdorfer Platz könne man von den Erfahrungen anderer Kommunen profitieren, meint Michael Haberkorn. Auch bei der Highlight-Woche spiele das Ehrenamt eine große Rolle. So hätten viele Vereine ihre Veranstaltungen an die Gartenschau angepasst. „Alle sind mit dem Gartenschau-Virus infiziert“, sagt Sven Müller nicht ohne Stolz.