Teilweise entstanden die Dialoge ihrer Figuren in Echtzeit – obwohl sie noch nicht einmal im selben Bundesland arbeiten. Im Remstal-Krimi „Mordshass“ von Ingrid Zellner und Simone Dorra treffen sich die Kommissare der beiden Autorinnen in Waiblingen.

Waiblingen - Schreiben macht diesen beiden Frauen Spaß, das merkt man beim Lesen, wenn man ihren gemeinsamen Krimi „Mordshass“ in den Händen hält. Das merkt man auch, wenn man den beiden Autorinnen auf einen Kaffee begegnet und sie von ihrer Arbeit und ihren Helden erzählen lässt. Wörter sind dann zu hören wie „Schreibrausch“ oder auch Sätze wie dieser: „Ich habe schon als Teenie geschrieben.“

 

Da sitzen also zwei Frauen, beide 56 Jahre alt, und verstehen sich offensichtlich prächtig. Das Schreiben hat sie zueinander gebracht, zwei Fremde zu Freundinnen werden lassen. Kennengelernt haben sie sich über ein Internetforum für indische Filme. Jede postete unabhängig von der anderen häppchenweise selbst Geschriebenes. So wurden Simone Dorra aus Welzheim und Ingrid Zellner aus Dachau aufeinander aufmerksam. Das war vor sieben Jahren. Sie schrieben sich, merkten, dass sie auf einer Wellenlänge liegen. Sie trafen sich. Und irgendwann kam die Idee, dass sich auch die Helden ihrer geposteten Geschichten treffen sollen. „Wir wollten gemeinsam eine kleine Kurzgeschichte schreiben“, erinnert sich Simone Dorra. Und daraus ist dann der besagte Schreibrausch geworden: Fünf ganze Bände der sogenannten Kashmir-Saga gibt es inzwischen. Sieben sollen es noch werden.

Aufeinander eingespielt

Doch wie funktioniert so etwas? Gemeinsam schreiben, geht das überhaupt? „Man groovt sich aufeinander ein“, sagt Simone Dorra und lächelt Ingrid Zellner an. Der Anfang sei noch holprig und ungeplant gewesen. Inzwischen kennen sie sich und ihre fiktiven Charaktere so gut, dass die eine den Helden der anderen schreiben kann und umgekehrt. „Wir haben uns eingespielt“, sagt Dorra. „Was pfuschst du in meinen Texten herum?“ Diese Frage habe es laut Zellner nur ganz am Anfang gegeben. „Doch diese Unstimmigkeiten haben sich schnell gelegt“, betont die Autorin mit dem leicht bayerischen Akzent. Inzwischen haben sie zu einem gemeinsamen Stil gefunden. „Alleine schreibt es sich noch mal ganz anders“, betont Simone Dorra.

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Beim gemeinsamen Schreiben hilft den Frauen die Technik von heute. Über Google Docs können sie gleichzeitig auf ein Manuskript zugreifen. „Wir schreiben teilweise die Dialoge in Echtzeit“, erklärt Ingrid Zellner. Auf dem Bildschirm in Welzheim taucht dann, wie von Geisterhand, das auf, was am Bildschirm in Dachau eingegeben wird. So entstehen ihre Dialoge in Interaktion.

Zwei Leichen, zwei Kommissare

Dass zwei Autorinnen ihre Finger in einem Buch haben, das merkt man dem Remstalkrimi „Mordshass“ nicht an. Nirgends ist ein Stilbruch zu erkennen. Es ist ein Buch und eine Geschichte wie aus einem Guss. Nur wenn Dialekt gesprochen wird, kann der Leser ahnen, dass die schwäbischen Zitate aus der Feder von Simone Dorra stammen. Und wenn der Kommissar aus München in Waiblingen anruft und in breitestem Bayerisch von seinen Ermittlungsergebnissen berichtet, so kann durchaus vermutet werden, dass diese Zeilen in Dachau von Ingrid Zellner geschrieben wurden.

Ihr gemeinsamer Krimi „Mordshass“ liest sich richtig spannend. Es gibt zwei Leichen – und zwei Kommissare, die sich so gar nicht grün sind. So kommt es zur großen Auseinandersetzung, Schießereien und Herzschmerz eingeschlossen. Beim Lesen gewinnen die Hauptpersonen und auch der Handlungsraum an Tiefe. Die Leiche einer jungen indischen Studentin wird gleich am Anfang in Waiblingen in der Nähe der alten Stadtmauer gefunden – am Flussufer der Rems und in Sichtweite des Beinsteiner Tors. Die Kommissarin ermittelt später auch im Stuttgarter Westen und fährt dort in die Senefelder Straße. Die Handlung entfaltet sich nach und nach vor dem inneren Auge des Lesers – und man mag das Buch nicht mehr aus der Hand legen

Info: Wer mehr über „Mordshass“ erfahren möchte, kann zu einer Lesung der beiden Autorinnen Simone Dorra und Ingrid Zelllner kommen, diese beginnt am Donnerstag, 24. Oktober, um 19 Uhr in der Buchhandlung Taube, Marktplatz 8, in Waiblingen. „Mordshass“ ist im Juli 2019 im Tübinger Silberburg-Verlag erschienen und kostet 14,99 Euro.