René Benko vor dem Aus Ein Imperium gerät ins Wanken

Schillernder Unternehmer: René Benko. Foto: dpa/Georg Hochmuth

Der Unternehmer René Benko hat sich verkalkuliert. Seine Firmengruppe droht zu zerbrechen, er selbst muss sich zurückziehen. Was bedeutet das für seine ambitionierten Immobilienprojekte – darunter auch ein Neubau in der Stuttgarter City?

Arndt Geiwitz wird gerade wohl die eine oder andere Nachtschicht einlegen. Der Unternehmenssanierer und Insolvenzverwalter aus Neu-Ulm hat den Job, das Geflecht des Signa-Imperiums von René Benko zu entwirren. Dieses ist mit seinen vielen Bauprojekten finanziell ins Wanken geraten. „Geiwitz muss erst einmal checken, was da wie miteinander verwoben ist“, sagt der Wirtschaftsprofessor Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. „Die Baustellen stehen still, bis Transparenz herrscht.“

 

Ende November, so ist der Zeithorizont, will Geiwitz mithilfe weiterer Sanierungsexperten eine Bestandsaufnahme und einen Fahrplan für die Zukunft fertig haben und vorlegen. Geschätzt wird, dass Signa derzeit aus 700 bis 1000 Unterfirmen besteht. Diese finden sich in drei großen Bereichen: Immobilien, Handel und Medien. Die Sportartikelfirma Signa Sports United etwa ist pleite. Die gebeutelte Warenhauskette Galeria-Karstadt-Kaufhof musste zweimal durch Insolvenzverfahren, sie gehört auch zur Signa-Handelssparte. Bei den Medien hat Benko Anteile etwa an der österreichischen „Kronen-Zeitung“ und am „Kurier“.

René Benko hat seinen wichtigen Posten als Vorsitzender des Signa-Beirates vor einer Woche an Arndt Geiwitz übergeben. Vielfach wurde gedeutet, dass er sich damit zurückgezogen habe. Doch ist das so? Professor Gerrit Heinemann ist äußerst skeptisch. „Benko ist unberechenbar“, sagt er. Größter Gesellschafter von Signa bleibt die von Benko gegründete Familie-Benko-Privatstiftung. Heinemann sagt: „Wenn Benko einen Scheich mit einer Milliarde Euro als Investor aus dem Hut zaubert, könnte er zurückkehren und weitermachen wie bisher.“

Danach sieht es gegenwärtig aber nicht aus, an einigen Standorten von Signa-Baustellen wird gebangt, wie es weitergehen könnte. Größtes Prestige-Projekt ist der Elbtower in der Hamburger Hafencity. 245 Meter soll er einmal hoch werden, ein Drittel davon steht. Doch dort tut sich gegenwärtig nichts mehr. Auch beim Carsch-Haus, einem Kaufhaus in Düsseldorf, herrscht Ruhe auf der Baustelle, wie Tagesschau.de berichtet. In Frankfurt wiederum blickt man mit Sorge auf das Projekt „Hauptwache“. Dort wird Berichten zufolge weiter gebaut, doch ist offen, ob das so bleibt. In Stuttgart wiederum sind die Arbeiten bei einer Baulücke an der Fußgängermeile Königstraße derzeit eingestellt.

Wie es in München etwa beim Ensemble „Alten Akademie“ im Zentrum weitergeht – Werbeslogan: „Ein Herzstück erstrahlt in neuem Glanz“ –, will einem niemand sagen. Anfragen an verschiedene Signa-Adressen bleiben unbeantwortet. Signa hat offenkundig kein Geld mehr. Wenn aber Kredite bedient werden müssen und man nicht in die Pleite geraten will, dann muss die Substanz verkauft werden – und zwar zu günstigen Preisen, denn ein neuer Bauherr wird sich nur bei Gewinnaussichten betätigen. Was also ist die Zukunft von Signa? „Die Gruppe wird deutlich kleiner werden“, sagt Gerrit Heinemann, „und ihr Wert wird deutlich geringer sein.“ Über die Zukunft des 46 Jahre alten Privatmannes René Benko müsse man sich keine Sorgen machen, meint der Wirtschaftsprofessor Leonhard Dobusch von der Uni Innsbruck, wo ja auch Benko lebt. Selbst bei einer Pleite werde er wohl „Multimillionär oder gar Milliardär“ bleiben. „Dafür hat er genug aus Signa rausgezogen“, sagt Dobusch im Gespräch mit unserer Zeitung.

Benko: mit Anfang 30 schon ein Großer

Den kometenhaften Werdegang des Schulabbrechers Benko, der schon mit Anfang 20 in der Immobilienwirtschaft aktiv war, erklärt Dobusch so: „Man braucht am Anfang ein, zwei richtige Erfolgsprojekte.“ Bei Benko war dies etwa das „Kaufhaus Tyrol“ in Innsbruck, das er 2004 gekauft, abgerissen und dann neu aufgebaut hatte. Bei der Eröffnung 2010 war er gerade mal 33 Jahre alt. „Gelingt so etwas, dann sind die nächsten Sachen Selbstläufer“, sagt Dobusch. Benko wurde als „Wunderwuzzi“ tituliert, die Anleger brachten ihm ihr Geld – und erwarteten Gewinne.

Mit Beginn der Zinswende im Sommer 2022 sei aber klar gewesen, so der Professor, „dass es für Benko knapp wird“. Für Geld musste er mehr bezahlen. Zugleich stagnierten die Immobilienpreise. Benko hatte seine Objekte teuer eingeschätzt, um Kredite zu erhalten, er argumentierte mit besten Lagen, guter Qualität und der an den Zeitgeist angepassten Nutzung mit einer Mischung aus Handel und innerstädtischem Wohnen.

Die Personen und Institutionen, denen Benko Geld schuldet, nennt Leonhard Dobusch „Alpha-Investoren“. Das sind Versicherungsgruppen, Banken oder Unternehmen. Dazu gehören beispielsweise der Logistikunternehmer und Milliardär Klaus-Michael Kühne oder Peter Haselsteiner, der einst Chef des österreichischen Megabaukonzerns Strabag war.

Ein Teil von ihnen hat Benko vor einer Woche das Vertrauen entzogen, Haselsteiner schuf „mit großer Brutalität“, so Professor Dobusch, Fakten. Er habe Benko einfach für mehr oder weniger abgesetzt erklärt. Gerüchten zufolge überlegt Benko nun, Geld aus seinem Privatvermögen bei Signa zuzuschießen – wenn die Investoren Gleiches tun.

Auch Landesbanken haben Benko Geld geliehen. Bei der Landesbank Hessen-Thüringen etwa handle es sich, so die „Frankfurter Allgemeine“, um einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag. Die entsprechenden Banken in Baden-Württemberg und Bayern würden etwas darunter liegen. Stellung nehmen wollten keine dieser Anstalten des öffentlichen Rechts. Die LBBW in Stuttgart teilte mit, man äußere sich zum „Kundengeschäft grundsätzlich nicht im Einzelfall“. Die BayernLB sagte ebenfalls nichts – „aufgrund des Bankgeheimnisses“.

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