Hier hat seine Karriere begonnen. Im Renitenz-Theater stand Thomas Freitag erstmals auf der Bühne. Nach Gert Fröbe übrigens. Mittlerweile macht er seit 50 Jahren Kabarett. Und kehrt nach Stuttgart zurück.
Wir räumen das gleich am Anfang ab. Thomas Freitag (74) kann noch parodieren. Am Telefon lässt er Franz-Josef Strauß aufleben. Und ja, am heutigen Mittwoch im Renitenz-Theater wird er neben Aktuellem und Auszügen seiner Biografie auch Kostproben dieses Könnens geben. So dankbar er für dieses Talent ist, das sein „Türöffner“ war, er ist halt mehr als Strauß, Brandt, oder Kohl; nämlich Thomas Freitag, Produzent, Autor, Schauspieler und Kabarettist.
Sinnstifter
Kabarettist – das ist ihm wichtig. Er macht politisches Kabarett. Das klingt nach der Bonner Republik, nach „Scheibenwischer“, Dieter Hildebrandt und Hanns-Dieter Hüsch. Damals, als die Fronten und die Haltung klar war, die Politiker wuchtig und unterscheidbar. Für Frieden waren die Guten, für Raketen die Bösen. Heute braucht es Raketen gegen den Bösen, den Frieden beschwören Wagenknecht und Höcke. Scheint, es braucht einen Mann, der über sich sagt, „ich komme aus dem letzten Jahrtausend“. Und bei aller „Wut und Unzufriedenheit mit der Politik als Antrieb“ für seine Stücke und Pointen „sinnstiftend“ fürs Publikum sein möchte.
In Backnang wuchs er auf. Und nachdem er die vom Vater verordnete Banklehre absolviert hatte, trat er in München im Song Parnass auf. Reinhard Mey war damals schwer gefragt, also traten alle Nachwuchskünstler mit Gitarre auf und sangen inhaltsschwere Songs. Dann kam Freitag und parodierte. „Das kam gut an, ich war anders.“ Das machte Mut. So ging er zum Renitenz-Chef Gerhard Woyda, weil er wusste, an einem Abend gastiert Gert Fröbe. „Können Sie den Fröbe nicht bitten, dass er nach der Vorstellung die Leute im Saal behält? Und sagt, da kommt noch einer aus Backnang und macht was vor“, bat Freitag. Fröbe machte das nicht, aber Woyda. Von Fröbe gab es dafür den Tipp, der Jungspund solle sein Handwerk ordentlich lernen. Das machte Freitag, nahm Schauspielunterricht bei Carlo Fuß. Dann ging es ans Kom(m)ödchen nach Düsseldorf. Von da über alle Kabarettbühnen Deutschlands. Und ab ins Fernsehen.
Wer fasst schon in die Steckdose?
Mit „Freitags Abend“ hatte er seine eigene Sendung. Vom Fernsehschirm verschwand er wieder, als man ihn zum „Unterhaltungsfuzzi“ machen wollte. Für eine Samstagabend-Show wollte man ihm Zügel anlegen, was er daraufhin zum zuständigen Redakteur sagte, war nicht jugendfrei – damit war die TV-Karriere vorüber. Man darf ihm einen schwäbischen Dickschädel bescheinigen. Und Gespür für sein Metier. Nachdem „jeder Kantinenpupser“ Helmut Kohl nachgemacht hat, dosierte er seine Parodien, denn „wenn es beliebig wird“, nicht mehr dem Erkenntnisgewinn, dem Herausarbeiten des Politikers Kern dient, dann ist es nicht sinnstiftend, sondern sinnlos.
Aber wie gesagt, am Mittwoch wird man auch diese Facette Freitags erleben, er liest aus seiner Biografie „Hinter uns die Zukunft“, er spielt, zieht Bilanz und schaut nach vorne. Angesichts der jüngsten Wahlergebnisse auch mal ernst. Denn: „Demokratie kommt nicht aus der Steckdose!“