China will seine Währung internationalisieren. Geschäfte in Renminbi sind auch in Deutschland möglich. Die Abwertung der Devise schmälert jedoch das Interesse an der Devise. Im Kampf gegen Kapitalabflüsse hat Peking überdies die Kapitalverkehrskontrollen wieder verschärft.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die Büchel GmbH ist einer der Vorreiter. Der hessische Fahrzeugteilehersteller war eine der ersten Firmen, die eine Zahlung in der chinesischen Währung Renminbi direkt in Deutschland abwickeln ließen. Seit Ende 2014 ist dies über die Zweigstelle der Bank of China in Frankfurt möglich; bis dahin liefen Renminbi-Zahlungen deutscher Unternehmen über Hongkong oder Singapur. „Wir importieren aus China“, sagt Frank Stempfle, Finanzprokurist von Büchel. Die Bezahlung der Rechnungen in Renminbi erspare den chinesischen Geschäftspartnern, sich gegen Wechselkursschwankungen absichern zu müssen. Dafür lieferten sie Büchel die Ware nun etwas günstiger. „Für uns ist das eine gute Sache“, resümiert Stempfle.

 

Die chinesische Währung soll langfristig dem Dollar Konkurrenz machen

Grenzüberschreitende Zahlungen in Renminbi bedürfen besonderer Abwicklungsmechanismen, weil die chinesische Landeswährung nicht voll konvertibel ist. Das bedeutet: Ihre Verwendung außerhalb der Volksrepublik ist nur eingeschränkt möglich, weil die chinesische Regierung Kapitalab- und -zuflüsse kontrollieren will. Allerdings hat Peking die Beschränkungen in den vergangenen zehn Jahren gelockert. Langfristig will die chinesische Regierung den Renminbi als Konkurrenz zum US-Dollar auf dem Weltmarkt etablieren.

Die Einrichtung von rund 20 Abwicklungszentren außerhalb der Volksrepublik – im Finanzjargon auch „Offshore-Hubs“ genannt – war einer von vielen Schritten auf diesem Weg. Die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong war das Testlabor, zum zweitwichtigsten Offshore-Hub hat sich der weltgrößte Devisen-Umschlagplatz London entwickelt. Die Frankfurter Clearing-Stelle wird von etwa 50 Banken genutzt. Die Zahl der Geschäfte, die sie für ihre Kunden in Renminbi abwickelten, stieg 2016 gegenüber dem Vorjahr um 16 Prozent. Ein Großteil der Renminbi-Transaktionen zwischen Deutschland und China läuft aber weiterhin über andere Kanäle, der Marktanteil der Frankfurter Bank-of-China-Niederlassung liegt nach deren Angaben bei 26 Prozent.

Großbanken nutzen für Renminbi-Transaktionen überwiegend ihre langjährigen Beziehungen zu Partnerbanken in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong. Wegen der hohen Umsätze sei die Abwicklung dort günstiger, erläutert ein Branchenkenner – für Banken und damit letztlich auch für deren Kunden. Die Abwicklung über die Bank-of-China-Filiale in Frankfurt ist vor allem für kleinere Institute interessant, die nicht über Partnerbanken oder eigene Niederlassungen in China verfügen.

„Die Aufmerksamkeit für Renminbi-Zahlungen ist gestiegen“

Die Commerzbank-Expertin Barbara Herbert betrachtet die deutsche Clearing-Stelle dennoch als wichtig: „Die Einrichtung des Offshore-Zentrums in Frankfurt hat neue Aufmerksamkeit für Zahlungen in Renminbi geschaffen, besonders im Mittelstand. Die Kunden wurden neugierig, haben sich mit dem Thema beschäftigt und die Vorteile erkannt.“ Die Commerzbank selbst wickelt Transaktionen ihrer Kunden mit Geschäftspartnern in China zwar über Hongkong ab, die Clearing-Stelle in Frankfurt nutzt sie daneben aber für Renminbi-Transaktionen mit anderen Banken und Unternehmen in Europa.

Ganz ähnlich äußert sich Sven Jürgensen, der bei HSBC Deutschland die Währungsgeschäfte von Firmenkunden betreut. Die Etablierung des deutschen Abwicklungszentrums habe „die Wahrnehmung des Renminbi durch die Kunden gestärkt“, sagt er. Ob diese nun die Clearing-Stelle der Bank of China in Frankfurt nutzten oder andere Wege, sei letztlich egal.

Attraktivität des Renminbi leidet unter Abwertung

Zahlen der Bundesbank deuten allerdings darauf hin, dass die Nutzung der chinesischen Währung durch deutsche Unternehmen zuletzt wieder zurückgegangen ist: Die in Renminbi gehaltenen Bankeinlagen beliefen sich im September 2016 auf 25 Milliarden Yuan (3,4 Milliarden Euro), ein Viertel weniger als ein Jahr zuvor. In diesen Zahlen sind auch die Einlagen bei der Bank of China in Frankfurt enthalten.

Allerdings sind die Renminbi-Einlagen in anderen Offshore-Zentren ebenfalls rückläufig. Auch die Bedeutung der chinesischen Währung im Zahlungsverkehr ist zuletzt wieder gesunken: Laut dem internationalen Zahlungsdienstleister Swift fiel der Renminbi im Herbst auf Platz sechs zurück, hinter den kanadischen Dollar.

Das Interesse ausländischer Marktteilnehmer an der chinesischen Währung lässt nach, weil sie seit 2014 stetig an Wert verliert. Gegenüber dem US-Dollar gab sie rund elf Prozent nach. Auch bei den Chinesen hat die eigene Währung deshalb an Beliebtheit eingebüßt: Laut einer Analyse der französischen Großbank Société Générale halten chinesische Unternehmen verstärkt an den Devisen fest, die sie für den Export ihrer Waren im Ausland bekommen. Nur noch 55 Prozent der Einnahmen würden in Renminbi umgetauscht. Gleichzeitig bringen die Chinesen immer mehr Geld außer Landes: Ihre Direktinvestitionen in Übernahmen, Unternehmensbeteiligungen oder eigene Produktionsstandorte im Ausland stiegen laut Société Générale 2016 auf rund 230 Milliarden Dollar, das wäre drei Mal so viel wie noch 2013.

Diese Entwicklung ist eine Folge der politisch gewollten Liberalisierung – das Ausmaß der Abflüsse ist für China aber mittlerweile ein echtes Problem. Um die Talfahrt des Renminbi zu bremsen, sah sich die Notenbank in Peking zu Stützungskäufen genötigt. Ihre Devisenreserven sind seit 2014 um eine Billion auf drei Billionen Dollar gesunken. Immer noch ein dickes Polster, aber: „Ein weiterer Rückgang im gleichen Tempo wäre beunruhigend“, schreibt Société-Générale-Expertin Wei Yao.

Zuletzt zog Peking die Zügel wieder an

Einige Kapitalverkehrskontrollen hat Peking deshalb wieder verschärft. Die wenigen Kanäle, über die Chinesen in ausländische Aktien oder Anleihen investieren dürfen, wurden praktisch eingefroren. Auch ausländische Unternehmen mit Niederlassungen in China müssen Schwierigkeiten befürchten, wenn sie größere Summen außer Landes bringen wollen: Die EU-Handelskammer in Peking beklagte im Dezember, Transfers über fünf Millionen Dollar würden von den chinesischen Behörden verstärkt überprüft. Dies betreffe unter anderem Dividenden-Zahlungen chinesischer Tochtergesellschaften an ihre europäischen Mütter. Die Folgen machten sich auch bei den China-Töchtern einiger deutscher Unternehmen bemerkbar, bestätigt Michael Rugilo, Asien-Experte Corporates & Markets der Commerzbank: „Bei den Dividendenzahlungen unserer Kunden haben wir zum Teil mitbekommen, dass sie auf 2017 verschoben wurden.“ Rugilo geht aber davon aus, dass es sich um vorübergehende Einschränkungen zur Stabilisierung des Renminbi handelt. „Eine grundsätzliche Abkehr vom Liberalisierungskurs sehen wir darin noch nicht.“

Gleichwohl stellt sich die Frage, ob die Kontrollen nicht kontraproduktiv wirken. Sie könnten das Streben verstärken, Renminbi auf Umwegen loszuwerden. Dafür spricht beispielsweise der Höhenflug der Internet-Währung Bitcoin, die vor allem in China gehandelt wird. www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.anleger-in-sorge-boersen-in-asien-brechen-ein.11716c27-16b1-4ff0-b7f9-0e073d1dee42.html