Der Rennfahrer Mark Webber hat in Zuffenhausen seinen neuen Porsche abgeholt – und den StZ-Redakteur Dominik Ignée mit auf die Jungfernfahrt genommen.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Mark Webber schwebte aus London in Stuttgart ein und wunderte sich. Er war mit dem Flug British Airways 918 gekommen, um in Zuffenhausen sein neues Auto abzuholen – einen Porsche 918 Spyder. Zweimal die 918, das war ein lustiger Zufall, auf den der ehemalige Formel-1-Partner von Sebastian Vettel aufmerksam machte. Dann kletterte er zum erstmals in sein „Baby“. An solchen Tagen könnte man auch Lotto spielen.

 

Richtig nötig hat Mark Webber das Zocken allerdings nicht. Und obwohl er sich als Langstreckenpilot bei Porsche etabliert hat, gab es auch keinen Rennfahrer-Rabatt. Das Auto bekam er a) nicht umsonst, und b) habe es auch keine besonderen Konditionen gegeben, sagt er und meint: „Das wäre nicht fair.“ Und dann drückt der in London wohnhafte Australier zum ersten Mal richtig auf die Tube.

Es geht auf die A 81 Richtung Heilbronn – das Fernziel ist der Nürburgring, wo Webber am Wochenende in seinem Dienstporsche ein 6-Stunden-Rennen der Langstrecken-WM absolviert. Uns wird die Ehre zuteil, bei der Jungfernfahrt im schmucken Privatauto neben ihm zu sitzen – anschnallen und Luft anhalten sind da Pflicht. Er hat sich den Sportwagen eigens so ausgesucht und legte vor allem auf die Lackierung wert. Mit der Kombination aus Rot und Weiß gewann Hans Herrmann im legendären Porsche 917 die 24 Stunden von Le Mans – im Jahr 1970 war das.

Manchmal ein bisschen zu schnell unterwegs

„Porsche hat sehr viel Tradition, wie auch Ferrari“, sagt Webber, da kurbelt er seine Errungenschaft gerade in den Kreisverkehr am Porscheplatz in Zuffenhausen. Die Ampel zeigt Gelb, also gibt er noch mal kurz Stoff, im Augenwinkel wird’s schon Rot – doch Webber hat es gerade noch geschafft. Dass Profi-Piloten im öffentlichen Straßenverkehr wenig zimperlich sind, ist spätestens klar, seit Lewis Hamilton (in der Schweiz) und Juan Pablo Montoya (in Frankreich) mit Rekordwerten geblitzt wurden – doch darüber nur schallend lachten.

Wie fährt Webber? „Eher ein bisschen zu schnell“, gibt er zu, doch sei das bei ihm nicht so schlimm. Er bewege sich in Großbritannien ungefähr im Bereich der Toleranz und habe im Hinblick auf Radarfallen bisher immer viel Glück gehabt. Er klopft dreimal aufs Lenkrad.

Als der Rennfahrer das erzählt, brummelt der Spyder mit Tempo 120 auf der rechten Spur der Autobahn. Webber sitzt locker hinterm Steuer. Er gestikuliert mit beiden Händen und guckt sehr oft zum Nebenmann, dem es manchmal lieber wäre, er würde die Hände ans Steuer nehmen. Und doch fühlt sich die Spritztour sicher an. Der Rennfahrer hockt entspannt, fast schlampert hinterm Steuer und bedient spielerisch den Bordcomputer in der Mittelkonsole. Dabei redet Webber über Gott und die Welt – das Auto steuert zu 90 Prozent sein Unterbewusstsein.

Er, so Webber, sei in Europa richtig heimisch geworden. „Engländer, Franzosen, Italiener und Deutsche sind alle so unterschiedlich“, sagt er, das sei spannend und mache den Kontinent auch so interessant. Auch die Flüchtlingsdramen gemeinsam zu bewältigen, halte er für eine große Aufgabe des vereinten Europas. Mit den überkorrekten und emsigen Deutschen hat er keine Probleme. „Man sieht doch, dass es gut ist, was sie machen“, sagt Webber, der in seiner Zeit bei Porsche allerdings noch kein Deutsch gelernt hat. Er sagt: „Ich spreche nix.“

Der Kontakt zu Vettel besteht noch

Gut wie die deutsche Wirtschaft schlägt sich derweil auch Sebastian Vettel bei Ferrari, sagt Mark Webber, als er die Abfahrt Ludwigsburg-Süd passiert. Zwischen ihm und Vettel hatte es bei Red Bull häufig gekracht, auch weil sich der Australier oft benachteiligt fühlte. „Wir haben aber immer noch Kontakt“, sagt der Langstreckenpilot, der am gestrigen Donnerstag seinen 39. Geburtstag feierte und sich mit der weiß-roten Flunder sozusagen selbst beschenkte.

So gut er sich mit Vettel auch wieder versteht – sein Interesse an der Formel 1 hat mächtig nachgelassen. Mark Webber verfolgt sie kaum und kann über die unüberschaubaren Regeln nur den Kopf schütteln. „Softreifen, supersoft oder hart – wer versteht das noch“, sagt er – außerdem fehle der Sound. In diesem Moment lässt der Pilot sein 887-PS-Monster kurz aufheulen und wechselt auf die Mittelspur.

Dort schnurrt Mark Webber nun erstaunlicherweise wieder lässig dahin – im Wissen, das Rennen auf der A 81 locker zu gewinnen, wenn er denn möchte. Will er aber nicht. Und das ist auch gut so.