Mit dem Provisorium an den Bundesstraßen 295 und 464 müssen Bürger und Autofahrer noch eine Weile Vorlieb nehmen. Allein die Planung für das von vielen herbeigesehnte Projekt wird geschätzt noch etwa viereinhalb Jahre beanspruchen.

Renningen - Abschluss bis 2018? Nichts da. Die Ankündigung von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) im März 2016, der Lückenschluss bei Renningen könnte in zwei bis vier Jahren fertig sein, hat sich als Luftschloss erwiesen. Wie er dem Bürgermeister Wolfgang Faißt mitteilte und wie auch die Pressestelle des Regierungspräsidiums (RP) auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte, lassen die Planungsabläufe eine derart zügige Umsetzung gar nicht zu. „Vor 2020 wird man da keinen Bagger sehen“, sagt Matthias Kreuzinger, Sprecher des RP Stuttgart. Die Daten, die dem Vortrag von Verkehrsminister Hermann im März zugrunde lagen, seien vom RP „versehentlich zu optimistisch angesetzt“ worden, heißt es in einer Stellungnahme von dessen Büro.

 

Der aktuelle Zeitplan sieht folgendermaßen aus: Derzeit befindet sich das Projekt in der Endphase der Vorplanung. Dazu gehören alle Untersuchungen rund um Natur und Umwelt. Danach entscheidet der Bund darüber, welche Lückenschluss-Variante er bevorzugt. Erst dann folgt die tatsächliche Straßenplanung, „wofür erfahrungsgemäß zwei Jahre erforderlich sind“, erklärt Kreuzinger.

In der Folge muss das Landesverkehrsministerium das Ganze genehmigen, und der Bund hat einen Blick darauf zu werfen, ein Jahr ist dafür angesetzt. Das sogenannte Planfeststellungsverfahren – dabei können sich auch die Bürger einbringen – dauert weitere anderthalb Jahre. Erst wenn all diese Prozesse abgeschlossen sind und der Bund das Geld bereitgestellt hat, kann mit dem Bau begonnen werden. „Da wir aber erst in der Vorplanung sind, sind diese Zeitangaben natürlich noch sehr grob“, sagt Kreuzinger. Genauere Daten könne er noch nicht nennen.

Drastisch gestiegener Lastwagenverkehr

Wer darunter vor allem leidet, ist die Bevölkerung der Rankbachstadt. „Denn das heißt, dass wir das Provisorium noch länger haben – und das ist zu den Hauptverkehrszeiten heillos überlastet“, beklagt Bürgermeister Wolfgang Faißt. „Dazu haben wir einen drastisch gestiegenen Lastwagenverkehr in den vergangenen drei Jahren bekommen.“ Denn viele nutzten die Bundesstraße als Abkürzung und um Maut zu sparen, vermutet er.

Wenn der Lückenschluss sich nun tatsächlich noch so lange hinziehe, müsse in Sachen Lärmschutz auf jeden Fall etwas passieren. Geräuschmindernder Asphalt und ein Lärmschutzwall für das im Süden gelegene Wohngebiet Kindelberg seien bereits beschlossen. „Ich denke, dass wir das mit dem Asphalt bis Herbst hinbekommen.“ Der Wall könne aus Tierschutzgründen erst im Frühjahr verwirklicht werden.

Auch Blitzer seien weiterhin im Gespräch. „Aber es geht auch um Hummelbaum“, stellt er klar. Das Wohngebiet im Osten der Stadt ist ebenfalls vom Verkehrslärm stark betroffen. „Ich habe bereits angefragt, ob die Möglichkeit besteht, dass wir entsprechende Schutzmaßnahmen schon zeitnah umsetzen können und in Vorleistung gehen.“ Er werde sich dazu und rund um das Thema Lückenschluss noch intensiv mit dem Regierungspräsidium auseinandersetzen.

Provisorium muss optimiert werden

Eine zusätzliche Belastung befürchten die Renninger, sobald die A 81 zwischen Sindelfingen und Böblingen sechsspurig ausgebaut wird. „Wir rechnen dann allerdings nicht mit relevantem Ausweichverkehr“, sagt Kreuzinger. „Wir wollen während der gesamten Bauzeit alle Fahrspuren erhalten.“ Trotzdem erkennt das RP die Problematik vor Ort an, wenn Matthias Kreuzinger es auch nicht ganz so drastisch formuliert wie Faißt: „Das Provisorium ist an der Grenze der Leistungsfähigkeit“, sagt er. Auch für das Präsidium stehe daher fest, „dass es optimiert werden muss, schließlich muss es noch eine Weile halten“. Wie diese Optimierung aussehen wird, soll sich noch dieses Jahr entscheiden.

Doch nicht nur der Baustart selbst bewegt die Gemüter. Einige machen sich nicht nur um das Wann, sondern vor allem um das Wie der Umsetzung Gedanken. So ist der Anschluss der B 295 an die Leonberger Straße, der die Ampel obsolet machen wird, in neueren Plänen plötzlich nicht mehr karoförmig dargestellt, also mit diagonalen Ab- und Auffahrten und einer Unterführung unter der Bundesstraße hindurch, sondern mit einer großen, kreisrunden Auffahrt östlich der B 295 und einer Brücke. Im Hinblick auf den Flächenverbrauch und den Lärmschutz eine unmögliche Idee, finden die Renninger Gisela Bitzer und Wilhelm Schumm, die sich mit dem Thema intensiv auseinandergesetzt haben. Sie wünschen sich eine bessere Lösung und vor allem mehr Bürgerbeteiligung auf dem Weg dorthin. Denn nicht nur die Naherholung – „Wer will dann noch zum Renninger See spazieren?“, fragt sich Bitzer – werde darunter leiden, auch der Lärmschutz werde bei einer Brücke viel schwieriger umzusetzen sein.

Über das Wie und Warum dieses speziellen Aspekts konnte Kreuzinger jedoch keine Äußerung treffen. „Wie gesagt, wir sind noch so früh in der Planung, dass die Entwürfe noch gar nicht so konkret sind.“ Noch sei nicht einmal raus, ob die Anbindung in dieser Form übernommen werde. Wenn doch, sei das Planfeststellungsverfahren, das erst in etwa drei Jahren beginnt, der passende Zeitpunkt, entsprechende Bedenken vorzubringen.

Beginn
Seinen Anfang nimmt das Thema Lückenschluss mit dem Ausbau der B 464 zwischen Sindelfingen und Renningen und dem Ausbau der B 295 zwischen Renningen und Leonberg. Das Ziel dieser Projekte ist eine Entlastung des Stuttgarter Autobahnkreuzes. Die Maßnahmen sind längst abgeschlossen. Was noch immer fehlt, ist eine angemessene Anbindung der beiden Bundesstraßen aneinander. Seit 2013 existiert eine provisorische Verbindung in Form von zwei Kreisverkehren.
1-10
Schon lange davor haben sich Politiker über das Thema die Köpfe heißgeredet. Zehn verschiedene Planungsvarianten, dazu mehrere Zwischen-Abstufungen, standen zur Diskussion. Zwei sind aktuell noch im Gespräch, 8 und 10. Sie sind weitgehend identisch. In der Variante 10 – und einer zusätzlichen Variante 8 plus – gibt es allerdings noch eine Anbindung der Magstadter Straße an die Bundesstraße 295. „Die Verbindung ist lebenswichtig für uns“, betont der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt. „Wir haben hier viele Menschen, die in Böblingen arbeiten und darauf angewiesen sind.“ Er sei jedoch guter Dinge, dass das so umgesetzt werde.