Seit 70 Jahren hält Irma Sigloch dem DRK die Treue und hat sich auf vielen Ebenen engagiert.

Renningen - In einer Zeit, in der immer weniger Menschen die Verantwortung übernehmen wollen, sich in einem Verein ehrenamtlich zu engagieren, sticht Irma Sigloch aus Renningen als vielleicht bestes Gegenbeispiel heraus. Seit 70 Jahren hält sie dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) inzwischen die Treue. Über Jahrzehnte war sie als Vorstandsmitglied aktiv, selbst heute hilft sie bei Blutspendeaktionen noch mit – und das mit mittlerweile 88 Jahren.

 

In den fast neun Jahrzehnten ihres Lebens hat Irma Sigloch so einiges erlebt. Doch in ihrer Zeit beim DRK hat sie nichts so sehr geprägt und bewegt wie die Zeit kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Wie nah ihr die Ereignisse von damals gegangen sind, ist noch immer zu spüren, wenn sie davon erzählt. Von den Tagen, als sie zusammen mit anderen Helfern die „Rückkehrer“ betreute: Soldaten, die nach der Gefangenschaft wieder nach Deutschland kamen und nach einem Zwischenstopp im Lager Malmsheim in ihre eigentliche Heimat zurückkehrten. „Zum Beispiel haben wir geschaut, dass sie was zu essen und zu trinken haben.“ Was sie damals gesehen und erlebt hat, „das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen“, sagt sie. Auch deutsche Flüchtlinge, die aus Polen oder anderen Ländern vertrieben wurden und dann Verwandte in Deutschland suchten, wurden vielfach vom DRK in Malmsheim betreut. Schon damals war der Suchdienst fester Bestandteil der Aufgaben beim Roten Kreuz – und von Irma Sigloch. Nicht immer waren die Bemühungen der Freiwilligen erfolgreich. „Aber wenn man es tatsächlich geschafft hatte, den Bruder von jemandem ausfindig zu machen oder einen anderen Verwandten – das war dann eine richtige Dankbarkeit, die man da gespürt hat“, erzählt sie.

Vielfach in leitenden Positionen aktiv

Auch nach den Wirren der Nachkriegszeit blieb Irma Sigloch dem DRK treu. Und das nicht nur als helfende Hand im Hintergrund, sondern vielfach in leitenden Positionen. Ab 1964 war sie stellvertretende Kreisbereitschaftsführerin des damaligen Kreisverbands Leonberg und später für Böblingen. 1982 wurde sie sogar direkt zur Kreisbereitschaftsführerin gewählt – „und das, obwohl ich eigentlich gar nicht mehr kandidieren wollte“. Doch dass engagierte Ehrenamtliche nicht auf Bäumen wachsen, wurde Irma Sigloch an diesem Tag noch einmal deutlich gemacht. Niemand anderes fand sich für das Amt, und so ließ sich die damals 55-Jährige verpflichten. „Sogar für weitere zehn Jahre.“

Gleichzeitig war Irma Sigloch in ihren Ortsvereinen stets aktiv, erst in Ditzingen, später in Renningen, wo sie 1974 zur Vorsitzenden gewählt wurde. Hinzu kamen viele weitere Aufgaben – etwa als Heimsprecherin im „Haus am Rankbach“ oder als Ausbilderin von Schwesternhelferinnen.

Selbst das Eheglück im DRK gefunden

Bei dieser Nähe zum Roten Kreuz – wen wundert es da noch, dass Irma Sigloch sogar ihr Eheglück – wenn auch nur indirekt – im Verein fand. Denn ihr späterer Gatte, Günther Sigloch, ist der Sohn der einstigen Kreisbereitschaftsführerin von Leonberg, Maria Sigloch. „Davon wusste ich am Anfang allerdings noch nichts.“ Eher zufällig lernte Irma, damals noch eine Häfele, ihren Zukünftigen bei einem Tanzkurs Ende der 40er-Jahre kennen: Sie sollte dem jungen Günther Nachhilfe im Walzertanzen geben. Am Ende passte einfach alles zusammen. 1953 läuteten die Hochzeitsglocken, zwei Kinder und fünf Enkelkinder sind aus der Verbindung von Irma und Günther Sigloch hervorgegangen.

Zeit, die die Ehefrau und Mutter nicht ihrer Familie oder ihrem Hobby, der Kunst und dem Nähen, gewidmet hat, gehörte meist dem DRK – und damit vielen anderen Menschen, denen sie durch ihr jahrzehntelanges Engagement geholfen hat. Denn: Anderen zu helfen, das gehört für Irma Sigloch seit ihrer Kindheit zum Leben dazu. So wurde sie erzogen, und so ging es ihr in Fleisch und Blut über, erzählt sie.

Fast schon unangenehm war es ihr deshalb auch, als ihr 1987 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen wurde. „Eigentlich wollte ich das erst gar nicht annehmen“, erinnert sie sich. Und zwar aus einem Grund, den wohl die wenigsten für sich beanspruchen können: „Für mich war das immer alles selbstverständlich, was ich gemacht habe.“