Lange stand das Ensemble an der Perouser Straße in Malmsheim leer. Engagierte Bauherren und Handwerker haben dem unansehnlichen Gebäude Leben eingehaucht.

Renningen - Wohnen mit Mittelalter-Feeling, Schlafen unter Balken von 1468 und 1739 – für die künftigen Mieter der fünf Wohnungen in der Perouser Straße 12 wird dies bald Alltag sein. Denn ihr Zuhause atmet die Geschichte von sechs Jahrhunderten – und genügt gleichzeitig vielen Ansprüchen an modernen Komfort. Bevor demnächst die ersten Bewohner in das neu erstandene Schmuckstück in Malmsheim einziehen, hatten die Bauherren, Benno und Judith Brandlhuber, und der Bauleiter Jürgen Lauffer zur Besichtigung eingeladen.

 

„Wir haben uns das Haus schon einige Jahre angeschaut“, erzählt Judith Brandl-huber, die mit ihrer Familie schräg gegenüber in einer ehemaligen Scheune wohnt. Auch der Renninger Zimmerermeister Jürgen Lauffer war auf das Haus gestoßen. „Ich bin immer auf der Suche nach so altem Glump“, sagt er lachend. Das seit 15 Jahren leer stehende Gebäude gehörte damals der Stadt. „Wir haben lange vergeblich versucht, Bauträger dafür zu finden“, sagt der Bürgermeister Wolfgang Faißt. Sofort entgegnet Jürgen Lauffer vehement: „So ein Objekt darf man nie an einen Bauträger verkaufen.“

Engagierte Bauherren, fachkundige Handwerker

So war es für das Haus aus dem 15. Jahrhundert ein Glücksfall, dass engagierte Bauherren auf fachkundige Handwerker trafen, die sich zum Ziel setzten, das Gebäude weitgehend im historischen Zustand zu belassen und es gleichzeitig auf 370 Quadratmetern Fläche für heutige Ansprüche ans Wohnen herzurichten.

Doch bevor es im Herbst 2014 losgehen konnte, dokumentierte ein Bauhistoriker des Denkmalamtes den Zustand des geschützten Gebäudes. „Ein halbes Jahr dauerte das“, so Judith Brandlhuber. „Er hat uns die ursprüngliche Struktur aufgezeigt und wir haben dann einfach nur zurückgebaut.“ Mit sogenannten dendrochronologischen Untersuchungen wurde das Alter der Holzbalken bestimmt. Auf diese Weise konnten die Fachleute verschiedene Bauphasen in den folgenden Jahrhunderten nachweisen.

Der ursprüngliche Kernbau stammt von 1468. „Die Hälfte davon ist noch erhalten“, erklärt Jürgen Lauffer. Ein weiterer Umbau folgte 1634, ein Jahr, bevor große Teile von Malmsheim während des Dreißigjährigen Krieges abbrannten. Das Haus blieb davon verschont. Im Jahr 1739 wurde das Dach erneuert, 1799 das Innere dem Geschmack der damaligen Zeit angepasst und barockisiert. Weitere Bauphasen folgten bis ins 20. Jahrhundert hinein.

Bestes Tannenholz

„Die Hölzer waren top instand“, erklärt Restaurator Jürgen Lauffer mit sichtlicher Freude. „Wir mussten wenig auswechseln.“ Es habe sich ausschließlich um Tannenholz bester Qualität gehandelt, wahrscheinlich aus den Wäldern der näheren Umgebung. Dafür mussten aus Wänden, Decken und Böden etliche Schichten abgetragen werden. Allein die Entsorgung all des Schutts habe rund 40 000 Euro gekostet, sagt Judith Brandlhuber.

Darüber hinaus will sie aber nichts zu den Kosten sagen, die anfielen, um in mehr als einjähriger Bauzeit mit 17 beteiligten Firmen das spätmittelalterliche Prachtstück wieder zum Leben zu erwecken. Wohl aber, dass alle Räume TV- und Internetanschluss haben, eine Wärmepumpe und Kupferrohre in den Wänden für ein angenehmes Raumklima sorgen sollen und für die Brandschutzauflagen einiges investiert werden musste. „Wir haben auch für den Denkmalschutz mehr getan, als nötig gewesen wäre“, sagt die Bauherrin. So wurden etwa Fenster mit Sprossen eingebaut und die durch eine Wand geteilte „Gute Stube“ im ersten Stock wieder hergestellt.

Wer heute das Gebäude betritt, steht schon im Eingangsbereich auf dem Sandsteinboden von 1799. Rechts neben der Haustüre wurde vor einem halben Jahr ein mittelalterlicher Brunnen entdeckt. „Den bauen wir auch wieder auf“, sagt Lauffer.