Ein Mann aus Renningen steht wegen gewerbsmäßigen Drogenhandels vor Gericht. In ­seiner Wohnung soll der 34-Jährige mit Marihuana gedealt haben – 47 Taten ­werden ihm zur Last gelegt. Ein Fehler der Polizei könnte dem Mann das Gefängnis ersparen.

Renningen - Ein Mann aus Renningen steht in Leonberg wegen gewerbsmäßigen Drogenhandels vor Gericht. In seiner Wohnung soll der 34-Jährige mit Marihuana gedealt haben – 47 Taten werden ihm zur Last gelegt. Ein Fehler der Polizei könnte dem Mann allerdings einen Aufenthalt im Gefängnis ersparen.

 

Allein im Frühjahr 2010 soll der Beschuldigte 45 Drogen-Deals abgeschlossen haben. Kleine Tüten mit Cannabis im Wert von 25 bis 200 Euro haben nach Angaben der Staatsanwaltschaft fast täglich den Besitzer gewechselt. Der Anwalt des 34-Jährigen bestreitet jedoch die Vorwürfe – sein Mandant schweigt. Die Anklage stützt sich auf die Angaben der ehemaligen Verlobten. Die damals 22-Jährige, die neben ihrem Ex-Partner auf der Anklagebank sitzt, soll laut Staatsanwaltschaft als Drogen-Kurier für ihn gearbeitet haben.

Die Ermittlungen gegen das Kiffer-Paar kamen jedoch erst durch eine Anzeige wegen Vergewaltigung ins Rollen. Kurz vor Weihnachten 2010 suchte die Angeklagte Hilfe bei der Polizei. Ihr damaliger Verlobter habe sie misshandelt und vergewaltigt, gab die damals 22-Jährige bei der Polizei an. Bei der Vernehmung kam die junge Frau dann mehr aus Zufall auch auf das Thema Drogen zu sprechen.

Die Polizei hat die Verlobte nicht richtig belehrt

Bei den Ermittlungen ist der Polizei aber offenbar ein folgenschwerer Fehler unterlaufen. „Sie haben meine Mandantin bei ihrem Verhör nicht darüber belehrt, dass sie nicht gegen ihren Verlobten aussagen muss“, greift der Anwalt der Angeklagten den Polizisten an, der die junge Frau vor knapp zwei Jahren vernommen hat.„Sie sollten sich erst einmal genau überlegen, was sie hier sagen“, fügt der Jurist aggressiv hinzu. Das Zeugnisverweigerungsrecht schließt neben Ehegatten und Verwandten auch Verlobte mit ein.

Das Schicksal des Angeklagten hängt am seidenen Faden. „Die Aussage, die meine Mandantin bei der Polizei gemacht hat, darf aufgrund des Fehlers nicht verwendet werden“, erklärt der Anwalt der jungen Frau, „wäre sie korrekt über ihre Rechte belehrt worden, hätte sie mit Sicherheit die Aussage verweigert.“ Die Staatsanwaltschaft ist hingegen anderer Meinung: „Ich denke, die Angaben, die bei der Polizei gemacht wurden, können sehr wohl vom Gericht verwertet werden.“

Tomatenblätter statt Cannabispflanzen?

Zu einem Urteil wegen Vergewaltigung gegen den mutmaßlichen Drogendealer ist es nie gekommen. Seine ehemalige Verlobte wollte vor Gericht nicht mehr aussagen. Somit waren auch ihre Angaben, die sie bei der Polizei gemacht hatte, hinfällig. Das Verfahren wurde eingestellt. Auch im aktuellen Fall könnte der 34-Jährige ähnlich ungeschoren davon kommen.

Ob der Fehler der Polizei allerdings schwerwiegend genug war, damit auch dieser Vorwurf eingestellt werden muss, wird erst noch geklärt. Die Verhandlung am gestrigen Donnerstag wurde ohne Ergebnis vertagt. Im für den Angeklagten günstigsten Fall droht ihm lediglich eine Geldstrafe. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung in Renningen fand die Polizei einige Tütchen mit Marihuana. Und auch hier soll die Polizei gepfuscht haben: „Eigentlich waren das zum Teil Tomatenblätter. Die sind beim hektischen Aufräumen der Wohnung in den Beutel gerutscht “, sagt der Anwalt des Beschuldigten, „daher die größere Menge.“