Noch enden die Schienen der ehemaligen Schwarzwaldbahn bei Weil der Stadt. Doch bis zum Herbst soll es konkrete Berechnungen für eine S 6 bis Calw geben.

Renningen/Weil der Stadt - Es sind hitzige Debatten gewesen. Der Kreistag und der Renninger Gemeinderat haben am Montag lange und intensiv über viele Details der Hermann-Hesse-Bahn diskutiert. Mit unterschiedlichen Nuancen. Der Kreistag hat Bedingungen für eine Zustimmung gestellt, die Renninger haben ihre Entscheidung in den Herbst vertagt.

 

Beide Gremien sind sich aber in einem Punkt einig: Es soll so schnell wie möglich die S-Bahn-Verlängerung von Weil der Stadt nach Calw angeschoben werden. Dahinter steckt auch ein Stück weit Strategie. Und das hat mit dem Kompromiss zu tun, den der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) mit den Kommunalpolitikern im Juni ausgehandelt hatte. Dieser sieht vor, das Bahnprojekt in Stufen zu realisieren.

Stille Hoffnung der Kritiker: Ausbau nur bis Weil der Stadt

Die stille Hoffnung der Kritiker ist, dass die Strecke zunächst nur von Calw bis Weil der Stadt ausgebaut wird – und dann die Planung für eine S-Bahn auf dieser Strecke so weit ist, dass die Hesse-Bahn gar nicht mehr bis Renningen fährt.

Im Calwer Kreistag, der fast zeitgleich getagt und das Konzept für die Hesse-Bahn einstimmig gebilligt hat, geht man allerdings davon aus, dass der Zug schon 2018 bis Renningen durchrollt.

Genau das fürchten die Kritiker, wie der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt: „Wenn die Hesse-Bahn erst einmal fährt, bekommen wir die S-Bahn niemals.“ Und sein Weiler Kollege Thilo Schreiber ergänzt: „Die Vereinbarung legt jeder so aus, wie er es will. Am Ende sind wir wieder die bösen Buben.“

Man fürchtet also, der Zug könnte, bildlich gesprochen, in die falsche Richtung fahren. Daher will man selbst die Gleise verlegen. Die Freien Wähler im Kreistag bringen deshalb eine erste Berechnung des Verkehrswissenschaftlichen Instituts VWI ins Spiel, das für den Regionalverband und die Bahn häufig im Einsatz ist. Demnach liegt die S-Bahn-Strecke zwischen Weil und Calw bei einem Wert von 0,92. Ab dem Wert 1,0 gilt ein Bahnprojekt als wirtschaftlich, weil der Nutzen höher als die Kosten ist – so heißt es in der Verwaltungsfachsprache.

Daher machen die Freien Wähler und die CDU im Kreistag Druck: „So schnell wie möglich soll eine Standardisierte Bewertung gemacht werden“, fordert etwa der FWV-Fraktionschef Wilfried Dölker. So nennt sich die vorgeschriebene Untersuchung, ob die Bahn wirtschaftlich ist.

Voraussetzungen für S-Bahn gleich mit schaffen

Und Helmut Noë, der Sprecher der CDU, will durchsetzen, dass man bei der Planung für die Hesse-Bahn schon die Voraussetzungen schafft, dass später auf der Strecke eine S-Bahn fahren kann.

Nun will man gemeinsam Druck auf den Regionalverband ausüben, die S-Bahn-Ausweitung schnell umzusetzen. Im Herbst schon sollen dazu die Weichen gestellt werden – und politisch soll auf allen Ebenen dafür verhandelt werden.

Dieser Kurs hat in beiden Gremien eine Mehrheit gefunden. Es gibt aber sowohl im Kreistag wie im Renninger Stadtparlament auch Stimmen, die sich ohne Wenn und Aber zur Hesse-Bahn bekennen und die taktischen Winkelzüge als „Nebelkerzen“ bezeichnen.

So etwa der Renninger Grünen-Rat Erwin Eisenhardt: „Das ist alles nur eine Methode, um die Hesse-Bahn zu verhindern.“ Die irrationalen Ängste der Bürgerinitiativen seien völlig unbegründet. Für diese Haltung sei er übrigens sogar beschimpft worden, berichtete Eisenhardt: „Als fanatischer, unsouveräner Lügner.“

Damit stehen die Grünen allerdings sowohl im Kreistag wie im Renninger Rat relativ alleine da. „Es ist unheimlich viel Vertrauen verloren gegangen zum Kreis Calw“, entgegnete der Freie-Wähler-Sprecher Marcus Schautt im Renninger Gemeinderat, „das sind alles Absichtserklärungen, wir wollen aber feste Zusagen.“