Christian Kübler ist der neue Archivar. Sein Vorgänger, Mathias Graner, wechselt am 1. Mai nach Weil der Stadt.

Renninge - Die Stadt Renningen übt eine besondere Faszination aus – zumindest, wenn man ein studierter Historiker und Archäologe ist. Christian Kübler ist beides. Er hat in Tübingen mittelalterliche Geschichte studiert sowie im Nebenfach neuere und neueste Geschichte und Archäologie. Jetzt ist er der neue Stadtarchivar in Renningen, er hat seine Stelle am 1. April angetreten. Sein Vorgänger, Mathias Graner, wechselt zum 1. Mai nach Weil der Stadt.

 

Noch während seines Studiums legte Christian Kübler seinen Schwerpunkt auf die Landesgeschichte, schließlich promovierte er am Institut für geschichtliche Landeskunde, wo er auch lange Zeit arbeitete. Seit 2018 ist er am Freilichtmuseum Beuren angestellt, von wo aus er jetzt nach Renningen wechselt. Auf die Stelle ist er allerdings nur zufällig gestoßen, erzählt der 39-Jährige. „Ich habe gar nicht nach etwas Neuem gesucht. Der ehemalige Stadtarchivar aus Herrenberg hatte mir den Tipp gegeben.“ Kübler ergriff die Gelegenheit beim Schopf. Denn die Stellenbeschreibung passte genau zu dem, was er wollte. „Diese Kombination aus Museums- und Archivarbeit ist genau das, was mich reizt. Das war wie ein Jackpot für mich.“ Auch die Epochen, die im Museum behandelt werden, passen gut zu seinem Werdegang, „das deckt genau die Bereiche ab, die ich studiert habe“.

Kleine historische Besonderheit machen den Reiz aus

Von Renningen selbst hat er bereits vor seiner Bewerbung viel gehört. „Wenn man zu meiner Zeit mittelalterliche Geschichte und mittelalterliche Archäologie studiert hat, dann kennt man das.“ Einer seiner Professoren, Rainer Schreg, hatte unter anderem seine Dissertation über das Renninger Becken geschrieben. „Ich kenne sogar die Frau, die das Museum damals eingerichtet hat“, so Kübler. Und den Mittelaltermarkt hat er auch schon besucht.

Lesen Sie hier: Ein Flughafen als Gutshof getarnt

Was ihn an der Geschichte von Renningen besonders fasziniert, sind vor allem kleine historische Besonderheiten, die aus Sicht eines Historikers so klein allerdings gar nicht sind. „Aus der Zeit der Völkerwanderung, im 5. Jahrhundert, hat man hier zum Beispiel ein Grab gefunden, in dem ein Pferd mitbegraben wurde. So etwas gibt es nur ganz selten.“ 300 Jahre später ging Renningen in den Herrschaftsbereich des Klosters Weißenburg über, damals eines der ganz großen und wichtigen Klöster. Daher gibt es aus dieser Zeit mehrere Schriftstücke, in denen Renningen erwähnt wird, auch das gebe es nicht so häufig. „Anhand von solchen Aufzeichnungen kann man sehr schön in die mittelalterliche Welt eintauchen.“

Der „Neue“ hat viele Ideen

Seine Aufgaben übernimmt Christian Kübler komplett von seinem Vorgänger Mathias Graner: Dazu gehört neben der Betreuung des Museums, der Öffentlichkeitsarbeit und der Zusammenarbeit mit dem Heimatverein auch das Weiterführen von Angeboten, die Graner einst eingeführt hat, zum Beispiel spezielle Führungen. Ein großer Teil seiner Arbeit betrifft aber ebenso die Archivverwaltung – eine Aufgabe, die vermutlich die wenigsten vor Augen haben, wenn sie an Archivarbeit denken. Doch tatsächlich wird es für Christian Kübler nicht den ganzen Tag lang um Kelten und mittelalterliche Schriften gehen. Er muss außerdem sämtliche alten Unterlagen aus dem Rathaus übernehmen, um sie zu sichten und zu entscheiden: Was davon kann endgültig weg, und was ist so bedeutsam, dass es im Stadtarchiv aufbewahrt wird?

Sein besonderes Steckenpferd, das merkt man im Gespräch ganz deutlich, das sind die frühe Historie der Rankbachstadt und das Museum. Dahingehend hat Christian Kübler sich auch schon seine Gedanken gemacht. Natürlich steht an erster Stelle, das weiß der Archivar, immer die Frage: Was ist machbar und vor allem: Wofür gibt es Geld von der Stadt? Sein Wunsch auf lange Sicht wäre trotzdem, das Museum ein wenig aufzupeppen und auszubauen. „Klein, aber fein“ sei es momentan, „aber da kann man sicher noch mehr draus machen, das hat noch viel Potenzial“, glaubt Christian Kübler. Gerade das Frühmittelalter komme noch etwas kurz, und der Forschungsstand liege zum Teil 30 Jahre zurück.

„Was mich außerdem noch umtreibt, das sind die Inventuren und Teilungen in unserem Archiv“, erzählt er. Im Herzogtum Württemberg mussten die Bürger, wenn sie zum Beispiel heirateten, in einem Besitzverzeichnis genau aufführen, welche Besitztümer jeder mit in die Ehe brachte – zum Beispiel welche Bücher oder wie viele Silberlöffel. Diese Inventuren würde der neue Archivar auch sehr gerne genauer sichten. „Das würde mich schon sehr interessieren. Vor allem kann man dabei viel über die Alltags- und Kulturgeschichte einer Stadt lernen.“