Die Renningerin Irma Sigloch engagiert sich seit Jahrzehnten beim Deutschen Roten Kreuz. Dabei hat sie nicht nur viel gegeben, sondern auch viel bekommen, sagt die 94-Jährige.

Renningen - Es ist eine unglaublich lange Zeit, in der Irma Sigloch viel Kraft und Engagement in ihr Ehrenamt gesteckt hat: 75 Jahre Mitgliedschaft beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), die meiste Zeit davon zusätzlich zum aktiven Bereitschaftsdienst in leitender Funktion – eine Leistung, vor der man nur respektvoll den Hut ziehen kann. Doch für Irma Sigloch eigentlich nichts Besonderes: „Es ist für mich immer selbstverständlich gewesen, zu helfen, solange ich kann.“ Für ihr gesellschaftliches Engagement hat sie das Bundesverdienstkreuz am Bande, das DRK-Ehrenzeichen und, 2004, die Bürgermedaille der Stadt Renningen verliehen bekommen.

 

Erstes Engagement in der Nachkriegszeit

Dabei kam die Tochter eines Bäckers und einer Damenschneiderin aus Ditzingen zum Ehrenamt wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kind. Ein Nachbar in Ditzingen, Georg Abele, belebte das dortige DRK nach dem Krieg wieder und fragte sie nach einem Rotkreuzkurs, wie es damals hieß, ob sie nicht beim Ortsverband mithelfen wolle. Das war 1946, in einer Zeit, in der viele aus der Kriegsgefangenschaft entlassene Soldaten eine erste Anlaufstelle im Malmsheimer Lager fanden und dort mit Essen und einem Schlafplatz versorgt wurden, bevor sie sich auf den Weg in ihre Heimat machten.

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Auch den zahlreichen deutschen Flüchtlingen aus den ehemaligen Ostgebieten, die nach der Flucht in Malmsheim einen ersten Unterschlupf fanden, half Irma Sigloch, mehr über ihre oft in alle Himmelsrichtungen verstreuten Familienmitglieder herauszufinden. „Mit dem Suchdienst fing es an, und dann bin ich halt dabeigeblieben“, erzählt die heute 94-Jährige, „es kam immer eine neue Aufgabe.“

Vom Mitglied zur Ehrenkreisbereitschaftsführerin

1953 heiratete Irma, geborene Häfele, den Architekten Günther Sigloch. Als er Anfang der 1960er-Jahre das Amt des Ortsbaumeisters in Renningen antrat, zog sie mit ihm in die Rankbachstadt. Die beiden Kinder sind hier aufgewachsen. Trotzdem blieb Irma Sigloch dem Ditzinger Ortsverein zunächst treu und übernahm dort 1964 das Amt der stellvertretenden Kreisbereitschaftsführerin. 1974 trat sie schließlich in den DRK-Ortsverein Renningen ein und wurde im gleichen Jahr Ortsvereinsvorsitzende. 1982 wurde sie zur Kreisbereitschaftsführerin ernannt, 1991 zur Ehren-Kreisbereitschaftsführerin.

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Die Seniorin war regelmäßig im aktiven Einsatz im Zivil- und Katastrophenschutz dabei. „Zeitweise hatte ich drei Melder neben dem Bett stehen“, sagt Irma Sigloch und lacht, „einen von der Feuerwehr, einer vom DRK-Kreisverband und einer vom Ortsverein. Oft gingen alle drei nacheinander los, das war ein Höllenlärm. Und sobald der erste Alarm schlug, hat sich der Hund unters Bett verkrochen.“

Im Notfall muss es schnell gehen

Als aktive DRKlerin hat Irma Sigloch vieles gesehen. „Ganz schlimm war ein Einsatz bei einem Brand, bei dem aus dem obersten Geschoss eine Frau gerettet wurde. Bei ihr hatten die Haare schon Feuer gefangen“, erinnert sie sich, das Bild hat sie nie vergessen. Und auch nicht die nagelneuen Rohrstiefel, die sie sich eines Nachmittags im örtlichen Schuhladen gekauft hat und die noch in derselben Nacht bei einem Einsatz unrettbar ruiniert wurden. „Aber wenn der Alarm losgeht, denkt man nicht darüber nach, ob man die alten oder die neuen Stiefel erwischt hat“, sagt die engagierte Helferin, „da nimmt man, was einem in die Finger fällt, da muss es schnell gehen!“

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Ja, starke Nerven gehören bei diesem Ehrenamt dazu, und vieles ist nicht leicht zu verarbeiten. Die Verpflegungsrunde im Feuerwehrhaus nach den Einsätzen half dabei. Doch manchmal genügte ein schlichter Tee zum Aufwärmen und zum Verdauen der erlebten Situationen nicht. „Da brauchte es etwas Stärkeres“, und Irma Sigloch war in diesen Situationen mit Hochprozentigem großzügig: „Irma, deinen Tee, den mag ich heute noch!“, das hört die Seniorin von den altgedienten DRKlern und Brandbekämpfern bis heute.

Wenn Irma Sigloch über diese Jahre nachdenkt, weiß sie ganz sicher, dass sie nicht nur gegeben, sondern auch viel bekommen hat. „Es ist auch für die eigene Menschlichkeit“, sagt sie.