Zeitweise hat der Wehrturm in Waiblingen als Studentenknast gedient. Nun ist das in die Jahre gekommene Bauwerk gründlich saniert worden. Michael Gunser vom Hochbauamt verrät, was die Stadt mit dem überdachten Mauergang vorhat.

Waiblingen - Die Risse im uralten Mauerwerk des Turmschafts sind geschlossen, der Fußboden ist repariert, und die maroden Holzbalken der im 19. Jahrhundert auf den Wehrturm aufgesetzten Laube sind erneuert worden. Rund 320 000 Euro hat die im vergangenen September begonnene Sanierung des Wehrturms nebst Teilen der Waiblinger Stadtmauer gekostet. Das Land hat 60 000 Euro, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz 50 000 Euro beigesteuert.

 

„Der Karzer ist jetzt für die Zukunft gerüstet“, sagt Michael Gunser, der Leiter des Fachbereichs Hochbau bei der Stadt Waiblingen. Den Namen hat der Wehrturm der Tatsache zu verdanken, dass er im späten 15. Jahrhundert zeitweise als Arrestzelle für Studenten genutzt wurde, die damit für Delikte wie zum Beispiel nächtliche Ruhestörung bestraft wurden. In dieser Zeit nämlich war Waiblingen vorübergehend Unistadt: weil 1482 in Tübingen die Pest ausgebrochen war, hatte der damalige Dekan der Hochschule, der Waiblinger Georg Hartzesser, einen Teil der Uni Tübingen vom Neckar an die Rems verlegt.

Unbekannter Durchschlupf entdeckt

Michael Gunser erzählt, dass im Zuge der Bauarbeiten noch so manches „nette Detail“ zu Tage gekommen sei. Im Untergeschoss des Türmchens stieß man auf zwei bislang verborgene Durchgänge. Sie sind ein Hinweis darauf, dass die Stadtwächter einst nicht nur im Mauergang unterwegs waren, der zwischen der ursprünglichen Stadtmauer, von der bis heute 1400 Meter erhalten sind, und einer Vormauer liegt. Sie patrouillierten offenbar auch im Bereich unterhalb der Vormauer, wobei eine zweite, nochmals vorgelagerte Mauer sie schützte. Nur wenige Meter vom Wehrturm entfernt hat man außerdem im Bereich der Hahnschen Mühle einen lange Zeit unbekannten Durchschlupf gefunden. „Diesen könnte man künftig für Führungen erschließen“, sagt Michael Gunser.

Die Überreste der zweiten Vormauer, an welcher der Zahn der Zeit auch genagt hatte, sind ebenfalls instandgesetzt worden. Die Mauerfragmente sind nun wieder gut sichtbar, weil im Zuge der Bauarbeiten das üppig wuchernde Grün auf und neben dem Gemäuer gerodet wurde. Unter dem Wildwuchs wartete noch eine weitere Überraschung. „Direkt neben dem Wehrturm haben wir einen mit Sandstein gefliesten alten Fußboden entdeckt“, erzählt Michael Gunser. Vermutlich sei er das Überbleibsel eines Häuschens oder Schuppens, der an den Turm angebaut war.

Eine Waiblinger Besonderheit wird aufgehübscht

Als nächstes will die Stadt sich um ein weiteres Kleinod kümmern: den Wehrgang, der am Turm vorbei und – mal unter freiem Himmel, mal überdacht – bis zum Beinsteiner Torturm führt. „Er soll eine neue Beleuchtung bekommen“, sagt Michael Gunser. Zudem würden die teils stark beschmierten und beschmutzten Wände und Decken des überdachten Mauergangs gereinigt und saniert. Bis zur Remstal-Gartenschau im kommenden Jahr soll alles fertig sein. „Wir wollen den Mauergang wieder stärker ins Bewusstsein der Leute rücken“, sagt Michael Gunser. Zum einen, weil er eine Waiblinger Besonderheit sei, zum anderen, weil mehr Besucher auch mehr soziale Kontrolle bedeuteten. Obendrein will die Stadt laut Michael Gunser an einigen Stellen des Gangs Tore anbringen, die nachts geschlossen werden. „Die Anwohner, deren private Eingänge auf den Mauergang gehen, bekommen Schlüssel.“