Jalousien retten sich selbst vor Hagel, defekte Waschmaschinen holen Reparatur-Angebote ein: das Internet der Dinge soll den Haushalt erleichtern, doch aus den Daten lassen sich pikante Details über das Privatleben auslesen.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)

Berlin - Thomas Le Blanc ist mit dem Zug zur Republica gekommen. Doch die Zukunft könnte laut dem Physiker ganz anderes aussehen. "Vielleicht verlassen wir unsere Wohnungen eines Tage gar nicht mehr", mutmaßt Le Blanc. Warum auch? Die Technik ist in Zukunft vielleicht so ausgereift, dass wir kein Verlangen mehr nach der Welt da draußen haben. Wir kommunizieren nur noch digital, das Essen wird automatisch geliefert und das Laufband alarmiert uns, wenn wir Sport machen sollen.

 

So futuristisch wirkt dieses Szenario auf der Republica gar nicht. In der Eingangshalle der Station Berlin steht ein kleiner grüner Kühlschrank, der ein Eigenleben entwickelt. Ein kleines Steckmodul verbindet das Gerät mit dem weltweiten Netz. Über diese Schnittstelle werden Daten an Twitter übertragen und Informationen veröffentlicht wie etwa die Menge des Stroms, die der Kühlschrank gerade verbraucht. Online vergleicht sich das Gerät mit anderen Modellen. Das Steckmodul funktioniert nicht nur mit Kühlschränken, sondern lässt sich an nahezu alle Elektrogeräte anschließen. So können Waschmaschinen einen Tweet absenden, wenn sie kaputt sind. Werkstätten können sich darauf melden und ein Angebot an den Kunden schicken.

„Soziale Medien spielen eine wichtige Rolle beim Internet der Dinge“, sagt der Vernetzungs-Experte Martin Vesper. „Ideen können zu extrem geringen Kosten realisiert werden.“ Vesper arbeitet beim Unternehmen Digitalstrom, das sich auf die Vernetzung von Haushaltsgeräten spezialisiert hat. Kaffeemaschinen, Fernsehgeräte und Lampen lassen sich über das intelligente Netz einschalten, bei Hagel fahren die Jalousien automatisch nach oben um nicht beschädigt zu werden.

Energieverbrauch verrät viel über das Privatleben

Der Blogger Jens Scholz sieht diese Entwicklung allerdings sehr kritisch. Vor allem die intelligenten Stromnetze bereiten ihm Sorgen. Scholz befürchtet, dass der Verbraucher dadurch immer mehr Informationen über seinen Alltag verrät, ohne es zu wollen. „Das Problem an der ganzen Geschichte ist: man sieht, wann der Verbraucher aufsteht, wann er duscht, frühstückt und Mittagessen kocht“, sagt Scholz.

Allein über den Energieverbrauch ließen sich klare Schlüsse über den Tagesablauf der Verbraucher erstellen. Wann etwa steht der Kunde auf? Isst er zuhause oder auswärts? Daraus könnte sich beispielsweise ableiten, dass der Verbraucher arbeitslos geworden ist und etwa die Kreditwürdigkeit herabgestuft werden.

Ein Risiko, dass mit Science-Fiction-Literatur ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt wird. Davon ist Thomas Le Blanc überzeugt. Auch der Roman „1984“ von George Orwell habe sich stark auf die Realität ausgewirkt. Niemand wollte damals die totale staatliche Überwachung. Damals wurde es verhindert, im Jahr 1984 gab es keine Massenüberwachung. Heute sehe das anders aus. „Es tritt wahrscheinlich jetzt ein“, sagt Thomas Le Blanc. „Jetzt haben wir die NSA.“