Welche Lokale haben besonders gut von sich Reden gemacht? Wir haben eine Top 10 aus unseren Restaurantkritiken erstellt. Am höchsten bewertet wurde die Alte Vogtei in Köngen, fürs Dorotheen-Quartier ist es sehr knapp geworden.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Rund fünfzig Restaurantkritiken – in einer Mittwochsausgabe unserer Zeitung hatten wir gleich vier auf einen Streich aus dem Dorotheen-Quartier – liegen im Jahr 2017 hinter uns. Es ist an der Zeit, mit den Top 10 der Bewertungen Resümee zu ziehen. Und siehe da: Es ergibt sich ein recht ausgewogenes Bild für Stuttgart und die Region mit zwei Spitzenrestaurants, die auch tatsächlich an der Spitze unserer Liste stehen, mehreren gehobenen, zwei Italienern, einem Griechen und einem Asiaten.

 

Das Hotel im Schlossgarten ist gleich zweimal dabei: zum einen mit der Neueröffnung der Weinwirtschaft Franz Keller, in der unsere Testerin nicht nur die selbstverständlich herausragende Weinauswahl begeisterte, sondern auch die Bouillabaisse und der sous-vide gegarte Schweinbauch mit Burgundersoße, Steinpilzen und Sellerie-Nuss-Püree als „perfektes Herbstgericht“. Zum anderen die Zirbelstube (weiterhin ein Michelin-Stern), deren Küche seit Anfang 2017 von Denis Feix verantwortet wird.

Bestnote für den Service in Köngen

Dass die Zirbelstube dennoch nicht an der absoluten Spitze unserer Liste steht, liegt an dem Hochstart, den das Team in der Alten Vogtei hingelegt hat. Und an den fünf Sternen für den Service, die in unserer Zeitung so gut wie nie vergeben werden. In Köngen aber, so das besondere Konzept, kommen die Köche im Laufe des Abends an den Tisch, um ihre Gerichte zu servieren und erklären. „Die Gäste lieben das“, sagt Küchenchef und Inhaber Lars Volbrecht, in dessen Team auch Leute aus Sternerestaurants wie dem Top Air (Patissier Alexander Huber) oder der Krone Waldenbuch (Souschef Aaron Turner) dazu gestoßen sind.

Hier finden Sie die gesammelten Restaurant-Tests.

Volbrecht denkt sogar daran, sich noch eine weitere hochkarätige Kraft zu holen und sagt: „Wir sind jetzt bei vielleicht 70 Prozent“, womit er die Leistung und nicht die Auslastung meint. Denn seit der Kritik in unserer Zeitung hat ein Run auf das älteste Haus Köngens stattgefunden, was auch am herausragenden Preis-Leistungs-Verhältnis liegt: 63 Euro für vier Gänge auf diesem Niveau sind kaum zu unterbieten. Für den Stern hat es zwar noch nicht gereicht. „So sind wir hier auch gar nicht angetreten, aber für nächstes Jahr ist er ganz klar das Ziel“, sagt Volbrecht.

Der beste Grieche Londons ist jetzt in Stuttgart

Einen Hochstart legte auch das Mova Kouzina im alten Landtag von Stuttgart hin. So sehr, dass manchen Gästen die Küche nicht griechisch genug vorkam und die Portionen zu klein waren, erinnert sich Konstantinos Tsantos, der die moderne Variation (daher Mova) der griechischen Küche mit seiner Frau Dimitria betreibt. Inzwischen habe man das Konzept etwas angepasst und nach der externen Beratung durch den Spitzenkoch Nikos Patsioras auch einen sehr guten Mann für den Einsatz vor Ort gefunden: George Choraitis, der zuletzt in der Traumlocation Black Rock Restaurant auf Santorin und zuvor einige Jahre der beste Grieche Londons war – im Mazi in Notting Hill. Vielleicht ist es an der Zeit, mal wieder im Heusteigviertel vorbeizuschauen.

Dank des Cosmopolita ist Esslingen gut in unserer Liste vertreten. Mit seiner Eröffnung in einer ehemaligen Apotheke hat sich der umtriebige Salvatore Marrazzo, der am Esslinger Marktplatz noch das Accanto hat und mit Fotios Anastasiou (siehe Restaurantkritik) auch Geschäftsführer der Cucinea in Reutlingen ist, von seinem Ristorante Reichsstadt verabschiedet. Das Niveau reicht an die ehemals erste Adresse heran, denn wie schrieb unser Tester? „Wer eine lockere Atmosphäre samt anspruchsvoller italienischer Küche ohne Firlefanz schätzt, der ist im Cosmopolita richtig.“

Auch Ludwigsburg erhält gute Noten

Aber auch in Ludwigsburg (und Umgebung: „progressiv schwäbisch in der Fachwerkidylle“ mit der Marktwirtschaft in Besigheim) tut sich was. Am dortigen Marktplatz gibt es jetzt das Lange am Markt. Unsere Restaurantkritikerin war „schockverliebt“ ins Ambiente, für das wir ebenso selten fünf Sterne zücken. Aber: „Alles ist nicht nur sehr schön anzuschauen, es schmeckt auch ganz wunderbar.“ Einziger Wermutstropfen für die Testerin: Man kann telefonisch nicht reservieren.

Beim Echterdinger Italiener L’Unica gefiel das Lachstatar in Sesamhülle mit Zitronen- und Avocadocreme ebenso wie die Entenbrust in Orangensoße. Die Küche von Gero Schweizer in der Olgastraße setzte ein Ausrufezeichen, weil er „kein puristisches Produkt-Ikebana“ betreibt, „sondern auf das Zusammenspiel starker Aromen“ setzt.

Eigentlich hätte die letzte Restaurantkritik dieses Jahres auf Platz 6 in unsere Liste gehört. Aber weil das Fleischmann Steakhouse und Weinbar ohnehin aktuell präsent ist, wollten wir im Sinne der Vielfalt noch Platz für wenigstens eine Location im Dorotheen-Quartier lassen. Nicht Sansibar, nicht Nesenbach, nicht Oh Julia, sondern auf Platz 10 das Konzept von Phuc Guyen Duc, der neben dem Enso Sushi & Grill auch das Origami betreibt, überzeugte uns, obwohl die Einrichtung zur Eröffnung noch nicht komplett war. Zum einen mit Alaska-inside-out-Rollen oder Nigiri mit in Yuzu mariniertem und flambierten Lachs, zum anderen aber auch mit fair kalkulierten Gerichten beim Mittagstisch.