Die ersten 198 von rund 1600 Grabsteinen sind restauriert. Mit den Arbeiten ist das Garten-, Friedhofs- und Forstamt im Kosten- und Zeitplan. Doch für elf der Denkmäler auf dem Hoppenlaufriedhof kommt jede Rettung zu spät.

Stuttgart - Johannes Kemter, geboren 1770, gestorben 1833“: Viele Jahre lang waren der Name und die Daten auf dem Grabstein nicht zu entziffern. Und es war nur eine Frage der Zeit, wann das Grabmal aus Sandstein völlig weg gebröselt sein wird. Jetzt sind Name, Geburts- und Todesjahr wieder zu lesen. Auch aus den Inschriften der benachbarten Grabsteine und Kreuzen geht wieder hervor, wer dort seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Denn die Restauratoren haben ganze Arbeit geleistet: Auf dem ersten Baufeld im ersten Bauabschnitt haben sie 198 der Denkmäler restauriert. Sie sehen zwar nicht aus wie neu. Das sollen sie auch gar nicht. Aber der Verfall ist gestoppt, zumindest für die nächsten Jahrzehnte

 

Durchschnittlich 1200 Euro für jeden Grabstein

Verfall, das drohte allen rund 1600 Grabmalen und gusseisernen Kreuzen auf dem ältesten noch erhaltenen Friedhof in Stuttgart. Denn die rund 1,5 Millionen Euro für eine Restaurierung gab der städtische Haushalt nicht so ohne weiteres her. Nach dem Timo John vom Schwäbischen Heimatbund sich für den Friedhof stark gemacht und die Stuttgarter zum Spenden aufgerufen hatte, wurde auch die große Politik auf den Gottesacker mit den bemerkenswerten Grabsteinen aufmerksam. Denn zum einen sind die denkmalgeschützten Male sehr kunstvoll gestaltet. Zum anderen lesen sich die Inschriften auf Kleindenkmälern wie die Liste der Stars und Prominenz einer ganzen Epoche. Der Dichter Wilhelm Hauff (1802 bis 1827), der Erbauer der Wilhelma, Karl Ludwig von Zanth (1896 bis 1857) oder der Dichter Gustav Schwab (1792 bis 1850) sind dort begraben. Den Friedhof macht das zu einem Museum für Zeitgeschichte unter freiem Himmel, in denn Erhalt der Bund 350 000 Euro, das Land 200 000 Euro und die Denkmalstiftung 400 000 Euro investieren. Damit bleiben für die Stadt noch 500 000 Euro Kosten – und keine Ausreden mehr, den Friedhof weiterhin zu vernachlässigen.

Ausgegeben wurden bisher 250 000 Euro – für die Restaurierung der 198 Steine im ersten Baufeld. „Das sind pro Denkmal durchschnittlich rund 1200 Euro“, sagt Maurus Baldermann, Experte beim städtischen Garten-, Friedhofs- und Forstamt für Denkmalschutz und versichert, dass man „gut“ im Kosten- und Zeitrahmen liegt. Der Wermutstropfen: Ein Stein war nicht mehr zu retten. Er wird irgendwann weg gebröselt sein – so wie weitere 10 Steine auf dem gesamten Friedhof.

Restauriert wird in Etappen

Abgeschirmt hinter einem Zaun mit weißen Planen haben die Stuttgarter Restauratorin Juliane Weigele und ihre Kollegen bereits das zweite Baufeld mit insgesamt 280 Grabsteinen in Angriff genommen. „Jeder Stein ist ein Patient. Bei manchen tun es kleinere Eingriffe. Bei anderen stehen größere Operationen an“, sagt sie. Minimale Eingriffe: Das bedeutet, dass der Grabstein mit Wasserdampf vorsichtig gereinigt wird. Bei den Operationen sozusagen am offenen Herzen müssen die Hohlräume und Risse mit einer Schlemme aus Kieselsol und Füllstoffen verfüllt werden, damit kein Wasser mehr in den Stein eindringt und ihn sprengt. Handelt es sich um Grabplatten, werden die leicht schräg auf ein Kiesbett gestellt, damit das Wasser nicht mehr in den Stein dringt, sondern abfließen kann. Die Arbeiten im zweiten Baufeld sollen nach den Sommerferien abgeschlossen werden und im September bis zur Winterpause im 3. Baufeld mit 250 Denkmalen losgelegt werden.

Das Ende der Arbeiten ist für 2021 geplant. Die einzelnen Abschnitte werden beschränkt ausgeschrieben. „Das heißt, wir schreiben 30 Restauratoren in Baden-Württemberg an und fragen, ob sie sich an der Ausschreibung beteiligen wollen und warten deren Angebote ab.“ Bei der Vergabe kommen mehrere Restauratoren zum Zug. Nicht auf einmal, sondern in Etappen vorgegangen wird laut Baldermann, weil die Restauratoren aus ihrer und der Arbeit ihrer Kollegen lernen und die Erfahrungen in die Arbeit an den verbleibenden Steinen nutzen können.

Mit der Restaurierung der Steine ist es jedoch nicht getan. Im Anschluss stellt sich die Frage, wie die Anlage gestaltet werden soll. „Der Hoppenlaufriedhof ist eine öffentlicher Park auf dem auch keine Friedhofssatzung gilt“, stellt Baldermann fest.