Ein Porsche 917 hat auf der Messe Retro Classics seinen großen Auftritt. Genau wie auf dem Genfer Autosalon vor 50 Jahren. Dazwischen liegt eine wechselvolle Geschichte.

Stuttgart - Er ist lang und weiß, hat eine grüne Front und trägt die Startnummer 917. Viele Besucher stehen in der Halle 1 der Retro Classics vor diesen Porsche 917. „Ist diese elegante Linie nicht ungeheuer kraftvoll und beeindruckend?“ sagt eine Betrachterin zu ihrem Ehegatten. Der ergänzt: „Der 917 hat auch nach Jahrzehnten nichts von seiner Faszination verloren.“ Ganz genau fünf Jahrzehnte ist es her, seit dieser Porsche im März 1969 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt wurde. Damals zogen Porsches Entwicklungschef Ferdinand Piëch und Rennfahrer Gerhard Mitter die Hülle von einem Wagen, der die Geschwindigkeiten im Motorsport in neue Dimensionen verschieben sollte.

 

Bis 1968 hatten die leichten und wendigen Porsche gegen wesentlich stärkere Konkurrenten von Ferrari oder Ford Achtungserfolge errungen. Doch Klassensiege reichten dem in Extremen denkenden Ingenieur Piëch nicht aus. Er sah sich das Reglement für die Saison 1969 genau an: Wenn ein Hersteller 25 Exemplare eines Sportwagens baut, darf er Motoren mit fünf Litern Hubraum einsetzen. Mitte 1968 begann ein Team um Gesamtprojektleiter Hans Mezger mit der Arbeit für einen Rennsportwagen der Superlative. Dazu gehörte ein 12-Zylinder-Motor mit zunächst 4,5 Litern Hubraum und mehr als 500 PS. Im Mai standen 25 Porsche in Zuffenhausen zur Abnahme bereit. Am Ende der Saison 1969 gewannen Jo Siffert/Kurt Ahrens in Österreich den ersten WM-Lauf mit einem 917. Die Bilanz bis 1973: Zwei Sportwagen-WM-Titel, zwei Le Mans-Siege und – mittlerweile weit mehr als 1000 PS stark – zwei Meistertitel in der CanAm-Serie. Dazu durfte sich der 917 „Rennwagen des Jahrhunderts" nennen.

1970 siegte der Porsche erstmals in Le Mans

Das Ausstellungsstück in Genf 1969 trug die Chassisnummer „001“. Dieser Wagen stand im Herbst 1969 auch auf der IAA und trug wenig später als erster Porsche die hellblau-orangenen „Gulf“-Farben, die Steve McQueen legendär werden ließ. „Die 001 diente Repräsentationszwecken, dieser 917 wurde nie in einem Rennen eingesetzt“, betont Alexander Klein, Leiter Fahrzeugmanagement des Porsche Museums.

Im Juni 1970 siegte Porsche zum ersten Mal bei den 24 Stunden von Le Mans. Hans Herrmann und Richard Attwood fuhren den 917 mit der Chassisnummer „023“ zum bis dahin größten Porsche-Erfolg. Dieses Auto wechselte später mehrfach den Besitzer. Porsche aber wollte den Le Mans-Sieg kommunizieren, wie man heute sagen würde. Als Folge wurde die „001“ auf die Optik des Le Mans-Sieger-Autos umgebaut. 45 Jahre lang stand der nun rot-weiße 917 für den Le Mans-Erfolg, einige Runden drehte er bei bei historischen Motorsport-Events. „Mehr als 300 Kilometer ist er jedoch nicht gefahren worden“, erklärt Alexander Klein.

50-Jahr-Jubiläum vom Porsche 917

Mit Blick auf das 50-Jahr-Jubiläum des 917 entstand die Idee, den Wagen wieder in den Ur-Zustand zu versetzen. „Zu unserem Glück flossen Weiterentwicklungen des 917 in dieses Fahrzeug nicht ein“, führt Klein aus. Für die Restaurierung mussten während der letzten zwölf Monate dennoch rund 3500 Stunden aufgebracht werden. Zeichnungen wurden digitalisiert und moderne 3-D-Technologie genutzt. Auch die früheren Karosseriebauer, Konstrukteure und Projektleiter Hans Mezger selbst wurden zurate gezogen. Alles geschah unter der Vorgabe, möglichst viel der alten Substanz zu erhalten. Unumgänglich war, den Rohrrahmen um rund 15 Prozent zu ergänzen. Front und Langheck wurden mit Hilfe der alten Zeichnungen neu konstruiert. Dach, Türen, Frontscheibe, Schweller, selbst die Lampenträger sind originale Teile, ebenso wie Fahrwerk, Motor und Getriebe. Bei der Retro Classics hat dieser 917 seinen ersten Auftritt in den alten Farben seit 1969. Beim „Members Meeting“ Anfang April in Goodwood wird die „001“ in Aktion zu sehen sein. Vom 14. Mai bis zum 15. September gehört sie zu einer 917-Sonderschau im Porsche Museum.

Konstrukteur Hans Mezger gebührt das Schlusswort: „Es gibt wahrscheinlich kein anderes Rennfahrzeug in der Geschichte des Automobils, das gleich viel Beachtung, Anerkennung, Bewunderung und Lob bekommen hat wie der Porsche 917.“