Ist der Rettungsdienst rechtzeitig vor Ort? Ob die gesetzlichen Hilfsfristen eingehalten werden, kann im Detail nicht nachvollzogen werden. Das will der Hemminger Gemeinderat nicht akzeptieren.

Hemmingen - Tue Gutes und rede darüber“ lautet ein Sprichwort. Ob der Bereichsausschuss für den Rettungsdienst im Bereich Ludwigsburg in seiner Planung der Notarzt- und Rettungsdienste im übertragenen Sinn Gutes tut, lässt sich indes nicht im Detail beurteilen – was den Hemminger Bürgermeister Thomas Schäfer jüngst in einer Gemeinderatssitzung zu der Vermutung bewegt hat, dass dem wohl eher nicht so sei. Inwieweit Rettungsdienste und Notärzte 2015 kreisweit rechtzeitig vor Ort waren, lässt sich in eine Statistik des Bereichsausschusses nachvollziehen. Öffentliche Zahlen für einzelne Kommunen gibt es aber nicht. Die Hemminger Räte wollen das ebenso wenig akzeptieren wie der Bürgermeister. Denn zuletzt stand es um die Schnelligkeit der Notdienste im Ort nicht gut.

 

Der Kreis erfüllt die Quoten nicht

Innerhalb von zehn, spätestens 15 Minuten sollen die Rettungskräfte vor Ort sein – in 95 Prozent der Fälle. So ist die Hilfsfrist in Baden-Württemberg definiert. Die Zahlen, die der Bereichsausschuss für den Kreis Ludwigsburg veröffentlicht hat, zeigen, dass es nach wie vor Probleme gibt. Das erste Fahrzeug – Rettungswagen oder Notarzt – war in 93 Prozent der Fälle innerhalb von 15 Minuten am Einsatzort. Der Kreis liegt damit knapp unter dem Landesdurchschnitt. Der Notarzt war in 91,4 Prozent der Fälle rechtzeitig da; hier liegt der Kreis über dem Schnitt. Dass die Quote in beiden Fällen unter den vorgeschriebenen 95 Prozent bleibt, erklärt der Bereichsausschuss mit den „weiterhin steigenden Einsatzzahlen“.

Obgleich die Daten einen kreisweiten Überblick geben, bleiben sie Details schuldig. In wie vielen Fällen die Rettungskräfte etwa in Hemmingen, Ditzingen oder Ludwigsburg rechtzeitig vor Ort waren, geht aus der Statistik nicht hervor – und das ist auch gar nicht vorgesehen. Die Frist, teilt ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage mit, sei eine Planungsgröße, die sich auf den gesamten Rettungsdienstbereich beziehe – Teilhilfsfristen für einzelne Gebiete gebe es nicht. Denn das, so fürchtet man im Ministerium, würde zu „mathematisch beziehungsweise statistisch falschen Aussagen führen“. Im Übrigen sei es nicht möglich, die Hilfsfrist in „jeder noch so kleinen Gebietseinheit“ einzuhalten: „Bei allen Anstrengungen werden Gemeinden oder Ortsteile, die nahe einer Rettungswache liegen, immer bessere Einsatzwerte haben als weiter entfernt liegende.“

Wer haftet?

In Hemmingen will man sich damit nicht abfinden. Schon im Oktober hatten die Fraktionen deshalb eine gemeinsame Anfrage an den Kreis gestellt, um an Zahlen für den Ort zu kommen. Nach der Antwort des Bereichsausschusses dürften sie kaum schlauer sein als zuvor, denn dieser gibt dazu keine Auskünfte. „Wenig erhellend und wenig erfreulich“ nannte das der Bürgermeister Thomas Schäfer. Vor einigen Jahren war es dem damaligen Landtagsabgeordneten Wolfgang Stehmer gelungen, an die Zahlen zu kommen. Nur in 80 Prozent der Fälle waren Rettungswagen demnach rechtzeitig da, die Notärzte gar nur in sechs von zehn Notfällen. Die neuerliche Absage, findet der SPD-Fraktionsvorsitzende, „können wir nicht auf uns sitzen lassen“. So sieht es auch der Rest des Gremiums; man will weiter bohren, auch mithilfe von Landtagsabgeordneten. Stehmer ist sich sicher: „Die Zahlen liegen vor“ – und der Landrat habe sie „gefälligst rauszurücken“. Auch die Frage der Haftung beschäftigte die Räte – was also passiert, wenn ein verspätetes Eintreffen der Rettungskräfte gravierende Folgen hat. „Wahrscheinlich“, vermutete der Bürgermeister, „werden sich alle exkulpieren können.“ In der Tat, einen individuellen Anspruch gibt es laut einem Sprecher des Innenministeriums nicht. Er verweist darauf, dass die Hilfsfristen ohnehin nicht in jedem Fall eingehalten werden müssen. Die Hemminger Räte wollen sich nicht abwimmeln lassen. Und wenn es doch besser stehen sollte um die Einhaltung der Hilfsfrist im Ort als viele im Gremium glauben? Dann, vermutet Schäfer, würde man wohl darüber reden.