Helmut Renz aus Leinfelden-Echterdingen hat als Ehrenamtlicher unzählige Leben gerettet. Auf den Fildern, aber auch im Ausland. Er erklärt, warum er sich viele Jahre teils schlimmen Situationen ausgesetzt hat.

Leinfelden-Echterdingen - Sein erster Rettungseinsatz führte Helmut Renz an die alte B 27. In einem Waldabschnitt war ein Mann mit seinem Wagen gegen einen Baum geprallt. Für den noch unbedarften Rettungshelfer ein grausamer Anblick: „Da habe ich mich erst mal übergeben müssen.“ Mit den Jahren hat er gelernt, damit umzugehen. „Während meiner Tätigkeit im Rettungsdienst bin ich mit schweren Unfällen und harten Schicksalen konfrontiert worden.“

 

Alles begann mit einem Erste-Hilfe-Kurs beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Leinfelden. Vor über 50 Jahren trat der heute 70-Jährige dem DRK-Bereitschaftsdienst bei. Schon ein Jahr später wurde er Gruppenleiter des Jugendrotkreuzes. 17 Jahre fuhr er zudem im Rettungswagen mit. Er hatte sich damit für ein Hobby entschieden, vor dem sich viele fürchten. Einmal wurde er zum Beispiel zu einem Unfall am Echterdinger Ei gerufen: Ein Junge war von einem Auto überfahren worden. Plötzlich zeigte er kein Lebenszeichen mehr. Noch in der Ambulanz öffneten die Ärzte den Torax und versuchten, ihn mit einer Massage am offenen Herzen wiederzubeleben. Als die Polizei die Personalien aufnahm, erschrak Renz, er kannte den Namen: „Ein Junge, der mit mir früher auf dem Traktor mitgefahren ist.“ Er war nur wenige Jahre jünger als Renz, als er starb. „Man muss sich mit der Sache auseinandersetzen, muss mit Leuten darüber reden: Das muss raus“, sagt er.

All das leistete er neben seinem eigentlichen Beruf

Im Ortsverein stieg Renz zum Truppführer, Gruppenführer, Zugführer und Bereitschaftsleiter auf. „Ich war immer einer von denen, die vorne mit dabei sein wollten: Das erfordert, dass man sich entsprechend aus- und weiterbildet.“ Im Kreisverband leitete er zudem die Autobahn-Rettungswache und bildete auf Landesverbandsebene den Fernmeldedienst aus. Und das sind nur einige Stationen seines ehrenamtlichen Engagements.

All das leistete er neben seinem Beruf als Maschinenbautechniker. „Ich kann gar nicht abschätzen, wie viel Zeit ich in das Ehrenamt gesteckt habe“, sagt Renz. Allein während seiner Zeit als Bereitschaftsleiter fielen rund 700 Stunden im Jahr an Arbeit an. „Das ist fast ein zusätzlicher Teilzeitjob.“ Aber er sagt auch: „Es ist sehr befriedigend, helfen zu können: Das ist die Nahrung, um weiterzumachen.“

Die Helfer unterstützen die Bevölkerung auch mental

Die Katastrophenhilfe führte ihn 1979 ins ehemalige Jugoslawien. Ein schweres Erdbeben hatte das Krankenhaus in Kotor zerstört. Innerhalb von sechs Wochen sollten Helfer des Landesverbandes Baden-Württemberg beim Aufbau mitwirken, damit die Ärzte die Patienten wieder versorgen konnten. „Ich bin ein Allrounder, ich konnte alleine fast ein Haus bauen. Heute nicht mehr, da spielt mein Kreuz nicht mehr mit.“ Als er damals in Kotor ankam, bot sich ihm das Bild der Zerstörung. „Wenn man anfängt zu arbeiten, sehen die Leute, dass es aufwärts geht, dass wieder etwas entsteht“, erzählt er. „Das steckt an: Die greifen dann selbst zum Werkzeug. Das ist auch eine mentale Hilfe, die wir leisten.“

Im gleichen Jahr wurden in Indonesien Helfer gebraucht. Dort galt es, für die Flüchtlinge aus Vietnam und aus Kambodscha Sozialstationen zu errichten – und wieder baute er Häuser: „Die Gefahr bestand darin, dass eine Seuche ausbricht, weil alle ihre Notdurft auf dem Gelände verrichtet haben.“ Deshalb errichtete er zusätzlich eine Anlage, um die Menschen mit sauberem Trinkwasser zu versorgen.

Es gab auch Spannungen in der Familie

Innerhalb eines Jahres wochenlang im Ausland – das führte auch zu Spannungen in der Familie. „Ich komme von der Arbeit und muss meiner Frau sagen: Übermorgen bin ich weg.“ 1982 war es wieder so weit. Das DRK entsandte Krankenwagen ins belagerte Beirut im Libanon. Er reiste allerdings nur bis nach Zypern mit und flog von dort aus wieder nach Hause. Das war sein Glück. Denn das Transportschiff wurde von einer Rakete getroffen, es gab Tote.

All seine Einsätze sind nur möglich gewesen, weil sich sein Arbeitgeber kulant zeigte und ihm Sonderurlaub oder unbezahlten Urlaub gewährte. Als er eine neue Stelle als Führungskraft antrat, konnte er nicht mehr einfach so länger weg sein. Deshalb musste er sein Engagement reduzieren. Auch heute ist er noch aktiv beim DRK – aber nicht mehr für Einsätze abrufbar. Für seinen Einsatz erhielt er nun die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg.