Rettungsschiff Aquarius Italien bleibt hart: Seenotretter bereiten Fahrt nach Spanien vor
Gut zwei Wochen vor dem EU-Gipfel zeigt die neue italienische Regierung Härte in der Flüchtlingsfrage. Die „Aquarius“ muss nun ins weit entfernte Spanien ausweichen. Dort herrscht eine neue Regierung ganz anderer Couleur - und setzt ebenfalls ein politisches Zeichen.
Rom/Valencia - Nach der Sperrung der italienischen Häfen für das Rettungsschiff „Aquarius“ bereiten die Seenotretter den Transport der 629 aufgenommenen Migranten nach Spanien vor. Zwei italienische Schiffe sollen den Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée zunächst Hunderte Migranten abnehmen und dann die „Aquarius“ nach Valencia begleiten.
Die Hilfsorganisationen warnten vergeblich vor der mehrtägigen Fahrt von dem Meeresgebiet zwischen Italien und Malta nach Spanien. Sie verweisen auf das schlechter werdende Wetter und die körperliche Verfassung vieler aufgenommener Menschen.
Erstmals hatte Italien unter der neuen populistischen Regierung einer Hilfsorganisation die Einfahrt in den Hafen verweigert. Nachdem auch Malta den Hafenzugang verwehrt hatte, schaltete sich am Montag die spanische Links-Regierung ein und bot die Aufnahme der Migranten an.
EU-Kommission fordert schnelle Lösung
Die EU-Kommission forderte eine schnelle Lösung des festgefahrenen Asylkonflikts. „Die Situation im Mittelmeer ist eine deutliche Erinnerung daran, dass wir uns Probleme nicht wegwünschen können“, sagte Vizepräsident Frans Timmermans am Dienstag in Straßburg.
Ärzte ohne Grenzen kritisierte den Plan der italienischen Behörden, dass die erschöpften Migranten weitere vier Tage auf See überstehen müssten. „Die bessere Option wäre, die Geretteten im nächstgelegenen Hafen an Land gehen zu lassen, wonach sie dann nach Spanien oder in ein anderes sicheres Land gebracht werden können“, hieß es.
Wie andere Schiffe von Hilfsorganisationen kreuzt die „Aquarius“ regelmäßig im südlichen Mittelmeer, um unter dem Kommando der Seenotrettungsleitstelle in Rom Migranten aus seeuntüchtigen Booten zu retten und diese nach Italien zu bringen. Dem will die Regierung aus Fünf-Sterne-Bewegung und fremdenfeindlicher Lega nun einen Riegel vorschieben.
Italien verteidigt sein Vorgehen
Verkehrsminister Danilo Toninelli verteidigte das Vorgehen Italiens. Es handele sich um „angemessenen politischen Pragmatismus, den es vorher nicht gab“, sagte der Sterne-Politiker dem Sender Radio Capital. „Italien hat immer Menschenleben gerettet und wird sich niemals zurückziehen. Es sind andere, die beginnen müssen, Verantwortung zu übernehmen.“
Kritik kam von Ex-Ministerpräsident Paolo Gentiloni. Seine Regierung hatte 2017 die Zusammenarbeit mit dem Bürgerkriegsland Libyen verstärkt, von wo aus die meisten Migranten ablegen. Die Zahl der Ankömmlinge reduzierte sich dadurch bereits drastisch. „Italien ist nicht in Not und kann nicht einfach seine Häfen schließen“, twitterte der Sozialdemokrat und forderte Fakten statt „Propaganda auf dem Rücken der Migranten“.
In die Debatte schaltete sich am Dienstag der Chef des korsischen Exekutivrats, Gilles Simeoni, ein und schlug die Aufnahme des Rettungsschiffs „Aquarius“ in einem Hafen der französischen Mittelmeerinsel vor. Für dieses Mal dürfte dies nicht in Frage kommen, da Valencia bestätigter Anfahrtshafen ist.
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