Bei Unfällen erleben die Rettungskräfte immer wieder Unglaubliches: Menschen, die gaffen und die Helfer sogar schubsen. Auf solche Situationen können sie sich schwerlich vorbereiten. Aber auf anderes. Wir waren dabei.

Steinenbronn - Alles muss sitzen. Jeder Handgriff, jedes Kommando, jede Kommunikation. Denn es geht um Zeit, um Menschenleben, um Häuser, um Autos. Und dann kommen die Gaffer und Pöbler und stören. „Warum denn so zaghaft heute?“ fragt Benjamin Richter vom DRK Steinenbronn. Er leitet die Helfer-vor-Ort-Gruppe und ist erstaunt: Bei der Hauptübung der Feuerwehr Steinenbronn mit dem DRK am Samstagnachmittag trauen sich die Zuschauer kaum an das Geschehen heran. Dabei ist das doch – im Gegensatz zu den echten Einsätzen – an diesem Tag ausdrücklich erlaubt: „Deswegen machen wir ja auch eine Schauübung“, sagt Richter. Alle dürfen zugucken und fragen. Doch die Steinenbronner halten zunächst Abstand.

 

Bei echten Einsätzen erleben Benjamin Richter und seine Kollegen vom DRK sowie der Feuerwehr ganz nderes: „Schauen Sie, so kommen die zu den Unfällen“, sagt Richter und schreitet zielstrebig ganz nah an das Übungsunfallauto heran, hebt seinen Arm mit seinem Handy hoch und hält auf die Szene. Betretenes Schweigen. „Das machen alle über alle Altersgrenzen hinweg“, sagt Richter. Und das bei jedem Unfall, zu dem er gerufen werde. Darauf müssen die Rettungskräfte vorbereitet sein. Und auch auf die Pöbler: „Schämst du dich nicht, dass du so lang brauchst“, ist Richter einmal angegangen worden – samt einem Schubser. Dabei war er bereits nach vier Minuten an der Unfallstelle und wollte sich gerade um den Verletzten kümmern.

Trainiert wird vor allem auch die Zusammenarbeit

Umso wichtiger erachten DRK und Feuerwehr solch eine Schauübung, wie sie am Samstag bei der Bäckerei Bauer stattgefunden hat. „Was wir hier zeigen, würde im echten Notfall genauso laufen“, erklärt Richter. Zudem trainieren die Einsatzkräfte die Zusammenarbeit: „Wir festigen heute die Abläufe und fördern damit auch die Gemeinschaft“, erklärt Stefan Turata, Feuerwehrkommandant von Steinenbronn. So könnten alle zuverlässig reagieren, wenn es tatsächlich losgeht.

Doch auf was müssen Feuerwehr und DRK heutzutage vorbereitet sein? „Einen typischen Einsatz gibt es nicht“, sagt Turata. Die Rettungskräfte könnten für ihre Übungen nur Annahmen machen. „Wir investieren sehr viel Zeit in die Schulung der Taktik und der Zusammenarbeit.“ Dann flutscht auch alles im Ernstfall – wie in diesem Jahr, wenn Autos in Steinenbronn brennen oder die Feuerwehr zu dem großen Waldbrand geholt wird. „Wichtig ist dabei das gute Verständnis untereinander und die Gemeinschaft – auch überörtlich“, sagt Turata. Den jüngsten Garagenbrand führt der Feuerwehrkommandant wohl auf einen technischen Fehler zurück. Doch bei dem Feuerteufel, der in diesem Jahr sieben Fahrzeuge im Ort angezündet hat, gebe es noch keine neuen Erkenntnisse: „Man kann sich nicht sicher sein in Steinenbronn“, bedauert Stefan Turata.

Nur im Film geht das Auto gleich in Flammen auf

Sicher und ruhig hingegen verläuft die Hauptübung: Ein Auto ist mit einem Schlepper zusammengestoßen, zwei Verletzte sitzen in dem Wagen. Später soll noch ein Fettbrand in der Küche der Bäckerei ausbrechen – simuliert mit viel Disko-Nebel. Nach dem Notruf treffen Rettungswagen und Feuerwehr ein. Mit viel Ruhe und Übersicht kümmern sich die Retter um die Verletzten, währen Benjamin Richter am Mikrofon das Geschehen erklärt. Etwa, dass nur im Film die Autos gleich in Flammen aufgehen. Dass Gefahr eher von nicht ausgelösten Airbags ausgehe. Oder auch, dass ein eingeklemmter Verletzter mit Decken geschützt und permanent überwacht wird, wenn er mit schwerem Gerät aus dem Auto befreit wird.

Zum zweiten Szenario – dem Küchenbrand – rückt dann noch mehr Feuerwehr an: Aus Waldenbuch kommen 15 Männer, aus Schönaich sind es neun. Die Steinenbronner sind mit 26 Mann vor Ort, das DRK hat 14 insgesamt geschickt. Das Motto von Stefan Turata: „In Krisen Köpfe kennen.“ Denn was die Rettungskräfte brauchen, ist blindes Vertrauen ineinander, betont Guido Wenzel, der beim DRK für die Einsatzkommunikation zuständig ist. Und das haben sie an diesem Tag bewiesen.