Die Reutlinger Rathauschefin fühlt sich von Innenminister Thomas Strobl ausgebremst. Vor zwei Jahren schon beschloss der Gemeinderat, einen eigenen Stadtkreis zu bilden. Doch das Innenressort lässt sich Zeit.

Stuttgart - Zwei Jahre sind ins Land gegangen, seitdem der Gemeinderat der Stadt Reutlingen mit Dreiviertelmehrheit beschlossen hatte, den Landkreis Reutlingen zu verlassen und sich als Stadtkreis selbstständig zu machen. Dazu bedarf es eines Gesetzesbeschlusses des Landtags, die nötigen Vorarbeiten obliegen dem Innenressort als dem zuständigen Kommunalministerium. Dort liegt der Antrag sei Juli 2015, doch aus Sicht der Reutlinger Stadtspitze geschieht wenig bis nichts.

 

Nun ist Oberbürgermeisterin Barbara Bosch (parteilos) der Kragen geplatzt. In Beschwerdedepeschen an Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Landtagspräsidentin Muhterem Aras (beide Grüne) sowie an die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen beschwert sie sich über die Hinhaltetaktik des von Thomas Strobl (CDU) geführten Innenministeriums. „In den vergangenen Monaten habe ich in zahlreichen Briefen und Gesprächen, vor allem gegenüber dem Innenministerium, mit Nachdruck darauf gedrungen, das förmliche Anhörungsverfahren einzuleiten und einen Zeitplan für den weiteren Gang des Verfahrens vorzulegen“, schreibt die Rathauschefin. „Ohne Erfolg.“ Der Stuttgarter Zeitung sagte sie: „Es ist ungeheuerlich, wie man mit einem demokratisch gewählten Gremium, dem Reutlinger Gemeinderat, umgeht.“ Dieses Verhalten sei empörend.

Entscheidung bis zur Kommunalwahl

Die Kritik richte sich keineswegs gegen das Parlament, sagte Bosch. Der Landtag als das maßgebliche verfassungsrechtliche Gremium habe bisher mangels Vorarbeiten des Innenministeriums noch gar nicht die Chance gehabt, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Geradezu provoziert fühlt sich die Reutlinger Stadtspitze durch die Antwort des Innenministeriums auf eine Parlamentarische Anfrage der SPD. Dort argumentiert das Ministerium, es bestehe kein zwingender zeitlicher Zusammenhang mit der Kommunalwahl 2019. Das sieht die Reutlinger Stadtspitze anders, schließlich beginne bald der Prozess der Kandidatenaufstellung für die Kommunalwahl. In ihrem Beschwerdebrief schreibt Bosch, es sei den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises nicht zuzumuten, einen Kreistag zu wählen, von dem nicht klar sei, ob er in dieser Form Bestand habe. Dies gelte auch für die Kandidaten. Deshalb müsse das Innenministerium endlich in die Gänge kommen. „Ich erwarte, dass der Landtag in diesem Jahr entscheiden kann“, sagte sie der Stuttgarter Zeitung.

Ein Sprecher von Innenminister Strobl sagte: „Es wird nichts verzögert, es wird nichts verschleppt.“ Die Frage sei allerdings schwierig und müsse deshalb intensiv geprüft werden. Reutlingen wäre die erste Auskreisung in Baden-Württemberg. Bundesweit seien nur zwei Fälle aus den 1950er-Jahren bekannt.