Lieber selber scannen und zahlen, beim Einkauf das Handy ohne Kasse oder den intelligenten Einkaufwagen nutzen? Was bei Edeka, Rewe, Aldi und Co. möglich ist.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Immer mehr Supermärkte wie Rewe, Edeka, Aldi und Co machen ihre Kunden zu Selbstscannern – doch nicht nur an der Selbstbedienungskasse (SB-Kasse), teils auch mit dem Handy oder Profi-Handscannern. Andere gehen einen Schritt weiter, testen intelligente Einkaufswagen und Systeme, die die Kasse überflüssig machen. Ein Überblick.

 

Gibt es schon den Supermarkt ohne Kasse und wie funktioniert er?

Es gibt einen Probelauf. Rewe etwa testet seit Dezember 2022 den ersten vollautonomen Markt in München. Pick&Go heißt das System, bei dem der Kunde die Produkte nimmt und geht, weil das Bezahlen automatisch abläuft. Die Erkennungsraten seien hoch, die Prozesse schnell, heißt es bei Rewe. Das funktioniert mit modernster Technik, wobei etliche Kameras und Gewichtssensoren – es sind sogar welche in den Regalen verbaut – registrieren, welche Produkte der Kunde nimmt. Die werden ihm dann zugeordnet. Das ist möglich, weil am Eingang das Gangbild und die Statur des Kunden gescannt und analysiert werden, Gesichtserkennung gibt es nicht. Beim Betreten des Marktes muss sich der Kunde per Handy-App einloggen. Am Ende des Einkaufs gibt es die Rechnung aufs Handy, wobei Kunden zwischen den Zahlungsmöglichkeiten Kreditkarte, Paypal, Google Pay oder Apple Pay auswählen könnten, sagt ein Rewe-Sprecher.

Was sagen die Kunden?

Bei Rewe gab es schon Vorgängerprojekte in Köln und Berlin, dort war aber auch noch das Zahlen an einer Kasse möglich. Das Interesse an der neuen Technologie sei groß, die Kunden kauften gerne in den Pick&Go-Märkten ein, sagt der Rewe-Sprecher. Für den Händler ist das ein Testballon. In Baden-Württemberg sei derzeit aber kein solcher Markt geplant. Deutlich verbreiteter seien Scan&Go und Selbstbedienungskassen, allein bei Rewe ist das in 270 beziehungsweise 460 von bundesweit 3700 Märkten möglich. Die Branche ist im Wandel, viele Märkte probieren Neues aus.

Was bedeutet Scan&Go?

Scan&Go bedeutet, dass Kunden ihre Ware während des Einkaufs selber scannen und vor dem Verlassen des Supermarkts bezahlen, ein nochmaliges Ausräumen der Ware ist nicht nötig. Es gibt mehrere Möglichkeiten zum Scannen – via Handy, Profi-Handscanner oder Einkaufwagen, an dem ein Scanner verbaut ist, sagt Branchenexperte Frank Horst vom Kölner Handelsinstitut EHI. Scan&Go ist mittlerweile in vielen Geschäften möglich – unter anderem in vielen Märkten von Rewe, Penny, Edeka, Netto oder Kaufland, ebenso bei Globus oder Ikea. Bezahlt wird an einer Selbstbedienungskasse, wo der vom benutzten Scanner generierte QR-Code gescannt wird oder mobil bezahlt wird mit der entsprechenden Handy-App.

Wie viele nutzen das eigene Handy?

Zum Bezahlen immer mehr, vor allem jüngere Menschen. Zum Scannen nur wenige, nur einer von 150 Kunden, die in einem Markt einkauften, sagt Handelsexperte Horst mit Blick auf eine Studie, an der 15 Unternehmen mit 1100 Filialen teilgenommen haben. Eine Hürde sei, dass Kunden Angst um ihr eigenes Smartphone hätten beim Scannen – vor Diebstahl, Herunterfallen oder der Belastung des Akkus. Viele empfänden auch „das Handling als unkomfortabel und unbequem“. Profi-Scanner sind beliebter – vorausgesetzt die Geschäfte sind entsprechend ausgerüstet mit Handscanner oder Einkaufswagen mit eingebautem Scanner. Edeka etwa testet in einem Markt in Bayern eine neue Generation von Einkaufswagen, die mit einem kleinen Bildschirm und einem Barcode-Scanner sowie einer integrierten Waage ausgestattet sind. Der Kunde kann seine Einkäufe direkt am Regal erfassen und hat eine eine exakte Kontrolle über die Gesamtsumme seines Warenkorbs. Wenn er im Kassenbereich ist, kann er entscheiden, wie er zahlen will.

Wie verbreitet sind SB-Kassen?

Solche SB-Kassen, auch Self-Checkout genannt, sind im Vormarsch, immer mehr Märkte bieten sie zusätzlich zu den klassischen Kassen an. Mittlerweile dürften es gut 10 000 solcher Selbstbedienerkassen in mehr als 2500 Supermärkten in Deutschland sein, schätzt Branchenexperte Horst. Statt sich in die Warteschlange an einer klassischen Kasse zu stellen, geht der Kunde mit seinem Einkaufswagen an die Selbstbedienungskasse, scannt seinen Einkauf und bezahlt bar, mit Karte oder Smartphone, wenn er über die entsprechende App verfügt. Das spare meist Zeit, und man habe eine bessere Preiskontrolle, wenn man selber einscanne, sagt Horst. Nach Tests setzt auch Aldi Süd in Großstädten zusätzlich auf solche SB-Kassen – auch in drei Filialen in Stuttgart. Der Discounter verspricht sich davon kürzere Wartezeiten. Solche Selbstzahlerkassen sind im Handel weit verbreitet – egal ob Real, Rewe Ikea, Hornbach oder Kaufland, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch Lidl testet solche Kassen, wie eine Sprecherin bestätigt.

Wird dadurch mehr geklaut?

Laut einer Studie des Handelsinstituts EHI nicht. 85 Prozent der befragten Unternehmen haben angegeben, keine erhöhten Inventurdifferenzen sowie keine vermehrten Aufgriffe verdächtiger Personen in ihren Märkten mit solchen Selbstzahlerkassen festzustellen. Eine Kölner Aldi-Filiale, die ihre SB-Kassen wieder dicht gemacht hat, habe dies nicht wegen Diebstählen gemacht, sagte eine Aldi-Sprecherin. Die Gefahr der Verführung zum Diebstahl bestehe natürlich, sagt Horst. Die meisten Supermärkte hätten daher eine Aufsichtsperson und eine abgegrenzte Zone mit Ausgangsgate. Je mehr Sicherheit eingebaut sei, desto geringer die Gefahr von Diebstählen. Dass Kunden mitunter zu kreativen Tricks greifen, um die Geräte auszutricksen, hat sich des Öfteren in der Vergangenheit gezeigt. So legte 2018 ein junger Franzose eine Playstation auf die Gemüsewaage und zahlte so nur 9,29 Euro statt knapp 300 Euro dafür. Als er die Masche wiederholen wollte, flog er auf.