Der Ausbau der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel ist so teuer wie Stuttgart 21 und mindestens so wichtig. Noch vor der Landtagswahl sollen die letzten strittigen Punkte geklärt werden. Das Land gibt rund 300 Millionen Euro zusätzlich.

Stuttgart - Beim Ausbau der Bahnstrecke durch das Rheintal zwischen Karlsruhe und Basel sollen in den nächsten Wochen und Monaten die letzten strittigen Punkte geklärt werden. „Ich möchte das Thema aus dem Landtagswahlkampf heraushalten“, sagt der Stuttgarter Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) mit Blick auf die Wahl im Frühjahr 2016. Er lässt erkennen, dass das Land bereit ist, zusätzliches Geld vor allem in den Lärmschutz zu investieren. Zahlen nennt er nicht. Aber über die bereits zugesagten 125 Millionen Euro für die Lärmschutzoptimierung in Freiburg und im Markgräflerland hinaus diskutieren Experten über eine Summe von rund 300 Millionen Euro.

 

Das Gesamtprojekt wird mit mindestens sechs Milliarden Euro veranschlagt und liegt damit in der finanziellen Größenordnung von Stuttgart 21. Die Bedeutung ist mindestens ebenso hoch einzuschätzen. Die Rheintaltrasse verbindet durch den „Güterzugkorridor Rotterdam-Genua“ die großen Häfen der Nordsee mit jenen des Mittelmeers. Das Frachtaufkommen werde in den nächsten Jahrzehnten dramatisch zunehmen, sagen Experten. Weil die Schweiz beschlossen hat, nach der Inbetriebnahme ihrer Schienentunnel – unter anderem durch den Gotthard – keinen zusätzlichen Verkehr auf der Straße zuzulassen, wird mehr Fracht auf der Schiene befördert. Im Prinzip geht es darum, die bestehenden zwei Gleise durch das Rheintal um zwei weitere zu erweitern.

„Einmaliger Beteiligungsprozess“

Bei einem Bundesschienenweg wie diesem ist der Bund für die Finanzierung zuständig. Die Pläne für den Ausbau liegen schon lange vor, wurden jedoch zum Beispiel im Bereich Offenburg vom Regierungspräsidium Freiburg zurückgewiesen. Vom Bau abgesehen, ging es darum, Städte und Gemeinden besser vor dem Lärm vor allem der Güterzüge zu schützen, daran beteiligt sich das Land. In einem „Projektbeirat Rheintalbahn“, der am 26. Juni zum nächsten Mal tagt, treffen sich Bund, Land, die Bahn, Landräte, Bürgermeister und Vertreter von Bürgerinitiativen. Von einem „einmaligen Beteiligungsprozess“ spricht der Minister, „das ist bisher gut gelaufen“.

Die Bürgerinitiativen der Region haben sogenannte Kernforderungen aufgestellt, die meisten davon wurden erfüllt und teilweise schon umgesetzt. Doch um die Erfüllung einiger dieser Kernforderungen wird noch immer gerungen. Dabei zeichnet sich ab, dass ein Tunnel für den Güterverkehr in Offenburg gebaut wird. Die ICE fahren dort nicht hindurch, damit ihr Halt in der Stadt nicht vom Fahrplan gestrichen werden muss. Zusätzliche Kosten für den Tunnel: eine Milliarde Euro. Die soll in vollem Umfang der Bund tragen.

Bei Müllheim ist wieder alles offen

Noch nicht entschieden wurde über eine neue Trassenführung entlang der Autobahn zwischen Offenburg und Riegel. Die Region hat sich mit großer Mehrheit für diese gegenüber den ursprünglichen Plänen längere Trassenführung ausgesprochen. Die Zusatzkosten sollen 300 Millionen Euro betragen. Einzelne Gemeinden westlich der Autobahn befürchten eine Zunahme des Lärms und fordern, dass die neuen Gleise neben der bisherigen Trasse verlegt werden.

Im Abschnitt Müllheim-Auggen schienen lange alle Fragen geklärt. Doch vor rund einem Jahr wurde dem Verkehrsministerium ein neuer Vorschlag aus der Region präsentiert mit dem Titel „Beste Lösung“. Die Tieferlegung der Trasse zwischen Buggingen und Müllheim diene dem Lärmschutz und würde nur ein „bisschen mehr“ kosten, hieß es. Inzwischen hat das Ministerium nachgerechnet und erkennt Mehrkosten von 240 bis 300 Millionen Euro. Nur maximal 300 Haushalte sollen von diesem Vorschlag profitieren. Da sei es günstiger, für die Bewohner Villen im Grünen zu bauen, wird mitunter angemerkt. Der Minister sagt dazu, dass sich schon die Frage stelle, ob sich dieser Aufwand noch lohne.

Wenn alle Forderungen in den strittigen Bereichen berücksichtigt werden, würde die Rheintalbahn um 2,8 Milliarden Euro teurer. Zu erwarten ist derzeit, dass grob geschätzt zwei zusätzliche Milliarden Euro fließen werden. 1,7 Milliarden davon soll der Bund übernehmen, erwartet das Ministerium.