Erst telefonierte die Ministerin vorab mit dem Personalberater, dann wurde das Anforderungsprofil nachträglich geändert. Nun kassierten Richter deswegen eine Postenvergabe unter Regie von Theresia Bauer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Wenn etwas schiefläuft, dann läuft es richtig schief – diese Erfahrung macht Theresia Bauer gerade bei der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). Alles hatte sie getan, um als Co-Vorsitzende des DHBW-Aufsichtsrates und Vorsitzende der Findungskommission ihren Favoriten für den Posten des Vizepräsidenten durchzubringen. Der als Referent an ihr Ministerium abgeordnete Physikprofessor war als einziger von 20 Bewerbern übrig geblieben, seine Wahl durch die Hochschulgremien schien Formsache, auf den Stimmzetteln konnte man nur „Ja“ ankreuzen. Doch ein Wahlgang nach dem anderen scheiterte: Zweimal verfehlte Bauers Mann die Mehrheit, einmal gab es eine Stimme zu viel, einmal waren die Stimmzettel ungültig. Erst im fünften Anlauf wurde der Kandidat – Peter Väterlein sein Name – mit Ach und Krach bestätigt.

 

Doch der im März 2017 beschworene „Aufbruch an der DHBW“ fand bisher ohne den neuen Vizepräsidenten statt. Grund: Fünf Senatsmitglieder und zwei nicht berücksichtigte Bewerber wehrten sich vor dem Verwaltungsgericht gegen die Wahl, bei der es diverse Rechtsverstöße gegeben haben soll. Der Antrag der Senatoren wurde inzwischen in zwei Instanzen zurückgewiesen. Nach dem Eilverfahren setzen sie nun auf das Hauptsacheverfahren und eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe.

Böse vorweihnachtliche Bescherung für Bauer

Die Konkurrenten aber hatten, wie erst jetzt bekannt wird, kurz vor Weihnachten überraschend Erfolg. Per einstweiliger Verfügung untersagte es das Verwaltungsgericht Stuttgart dem Wissenschaftsministerium, Väterlein als DHBW-Vize einzusetzen. Erst müsse eine neue, diesmal rechtskonforme Auswahl erfolgen, getreu den Vorgaben des Grundgesetzes. Alle Bewerber müssen danach die gleichen Chancen haben; nur Eignung, Befähigung und fachliche Leistung dürfen zählen. Die Urteilsgründe waren eine böse Bescherung für Bauer. Bei der von ihr geleiteten Wahl, befanden die Richter, gebe es erhebliche Zweifel an einem fairen Verfahren. Zu Recht rügten die Konkurrenten zum einen ein Telefonat, das die Ministerin in einer frühen Phase mit der beauftragten Personalagentur geführt habe. Nach ihren Angaben ging es dabei um das Anforderungsprofil, den Ablauf des Verfahrens und den „Fokus der Suche“ – ganz normale Dinge angeblich. Dokumentiert ist das indes nicht. Für das Gericht nährt das „Briefing“ eher den Verdacht, dass „beabsichtigt war, auf die Vorauswahl Einfluss zu nehmen“. Alle angeführten Gründe für das Vorabgespräch seien fadenscheinig, es könne das Verfahren „unzulässig beeinflusst“ haben. Ohnehin gehe es nicht an, der Personalagentur parallel zur offiziellen Ausschreibung ominöse „Erläuterungen“ zu geben.

Das Wort Mauschelei taucht im Beschluss zwar nicht auf, doch nichts anderes meinen die Richter auch mit dem zweiten Punkt. Zwei Bewerber, die in die engere Auswahl gekommen waren, hatte die Findungskommission als „nicht präsidiabel“ und damit „gänzlich ungeeignet“ ausgeschlossen. Präsidiabilität sei freilich kein Kriterium der Ausschreibung gewesen und kaum objektiv messbar, moniert das Gericht. Abwegig sei es, sie wie das Land daran zu knüpfen, das Vertrauen der Wissenschaftsministerin zu besitzen. Allein das Leistungsprinzip gelte, und danach hätte einer der Ausgeschlossenen eine „realistische Chance“ haben können.

Ministerium setzt auf nächste Instanz

Für die Wissenschaftsministerin sind das schwere Ohrfeigen – verpasst vom selben Gericht, das bereits die Ablösung der Rektorin der Beamtenhochschule wegen ihres Agierens als rechtswidrig verworfen hat. Wie in diesem Fall setzt Bauer nun auf die nächste Instanz. Man habe Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg eingelegt, sagt ihr Sprecher. Dort rechnet man sich offenbar gute Chancen aus. Im Parallelverfahren der Senatsmitglieder habe der VGH „zu beiden Punkten gerade gegenteilig geurteilt“. Nach dessen Beschluss sei das „Briefing“ der Personalagentur völlig unproblematisch gewesen; Anhaltspunkte für eine unzulässige Einflussnahme gebe es nicht. Ebenso wenig erkannten die Richter, dass das Anforderungsprofil nachträglich geändert worden sei. Der Hauptfokus in dem Verfahren lag indes auf den Problemen bei der Wahl des Vizepräsidenten. Über die Beschwerde des Ministeriums dürfte zudem ein anderer Senat entscheiden.