Lange hat sich der grüne Verkehrsminister im Land, Winfried Hermann, gegen eine Fahrerlaubnis für die Riesenlaster gewehrt. Jetzt weitet er die Strecken, auf denen die Gigaliner testweise fahren dürfen, weiter aus.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Die umstrittenen Riesenlaster dürfen in Baden-Württemberg bald auf weiteren Straßen fahren. Die grün-rote Landesregierung hat eine Ausweitung des Streckennetzes bei Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) beantragt. Das bestätigte ein Sprecher von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) der Stuttgarter Zeitung. Es gehe aber bei den zusätzlichen Teststrecken vor allem um die Anbindung von umweltschonenden Kombi-Terminals, an denen Fracht zwischen Lastern und Zügen umgeladen werden kann.

 

Neu für die 25-Meter-Laster zugelassen werden die Strecke von der A 81 (Ausfahrt Ludwigsburg-Süd) zum Containerbahnhof Kornwestheim über die L 1110 sowie von der A 8 (Ulm-West) über die B 10 und L 1165 zum KV-Terminal Ulm in Dornstadt. Zudem wird die Verbindung von der A 81 (Boxberg) über die B 292 und die L 514/515 zu einer Spedition in Krautheim (Hohenlohekreis) frei gegeben. Hier fahren die Riesen-Lastwagen auf rund 17 Kilometer Landstraße auch durch kleine Orte.

Scharfe Kritik der Bahnlobby

Bei zwei weiteren Strecken nach Nagold (Kreis Calw) und Weinsberg (Kreis Heilbronn), die im Juni zugelassen wurden, wird die Routenführung geändert. Hier habe es „Probleme bei der Befahrbarkeit“ gegeben, erklärte der Sprecher Hermanns. Im Hause des grünen Verkehrsministers, der als Gegner der Großlaster gilt, wird betont, dass die begleitende Umweltstudie des Landes zu den Riesenlaster-Fahrten inzwischen beauftragt sei. Ergebnisse werden bis spätestens nächstes Jahr erwartet.

Die Ausweitung der Strecken stößt bei der Bahnlobby, die in der Allianz pro Schiene vereint ist, dennoch auf scharfe Kritik. Dort hält man 25-Meter-Trucks auf der Straße für unnötig und gefährlich. Zudem seien durch noch längere Lastwagen ein weiterer Rückgang des Güterverkehrs auf der Schiene und der Verlust von Arbeitsplätzen bei Frachtbahnen zu befürchten. Das zeigten entsprechende Studien. Große Lkw-Hersteller wie Daimler, Speditionen, der Verband der Autoindustrie und Verkehrsminister Dobrindt halten die Riesenlaster für einen Fortschritt.

Für fünf Jahre Modellversuch

Noch bis Ende 2016 läuft dazu der fünfjährige „Feldversuch“, dem sich aber zunächst fast alle von SPD und Grünen geführten Landesregierungen verweigert hatten. Inzwischen ist die Abwehrfront gebröckelt, nachdem besonders Daimler und die Autolobby den Druck auf die Politik verstärkt hatten. Die Bundesregierung regelt die Teststrecken durch eine Verordnung, deren sechste Fassung der StZ vorliegt. Erstmals sind darin auch viele Hundert Kilometer Riesenlaster-Strecken in Brandenburg vorgesehen. Das SPD-regierte Brandenburg gehörte bisher zu den Ländern, die Streckenfreigaben ablehnten.

Druck von der Industrie

Damit haben nur noch Berlin, Rheinland-Pfalz und das Saarland keine Testfahrten genehmigt. In Baden-Württemberg fahren die XXL-Trucks seit Juni 2015 auf rund 350 Kilometer Autobahn, unter anderem zum Daimler-Werk in Sindelfingen. Grün-Rot hatte lange die Teilnahme an dem umstrittenen Test abgelehnt. Mit massiver Lobbyarbeit hat vor allem Daimler jene Bundesländer unter Druck gesetzt. Unter der Bedingung, dass parallel eine wissenschaftliche Begleitstudie zur umstrittenen Klimabilanz der fast sieben Meter längeren Fahrzeuge erstellt wird, stimmte Hermann schließlich zu.