Ein weiteres Spitzentreffen am Freitag soll die Lösung bei der Reform der Erbschaftssteuer bringen. SPD-Chef Sigmar Gabriel dämpft die Erwartung auf eine schnelle Einigung.

Berlin - Beim zähen Ringen um die Reform der Erbschaftsteuer richten sich alle Blicke auf ein Spitzentreffen im Bundesfinanzministerium, das an diesem Freitag stattfinden soll. Nachdem die Koalitionsspitzen am Mittwochabend ergebnislos über Lösungen gesprochen haben, soll ein Treffen in kleiner Runde Fortschritte bringen. Die Teilnehmer sind Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), SPD-Chef Sigmar Gabriel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer. In der CSU wurde aufmerksam registriert, dass Seehofer die Verhandlungen an sich gezogen hat. Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, die im Februar einen Kompromiss der Fraktionsspitzen von Union und SPD ausgehandelt hatte, ist in der Runde nicht dabei. Seehofer war mit dem ersten Kompromiss unzufrieden.

 

Gabriel dämpft Erwartungen

Nach den Verhandlungen vom Mittwoch ist die Einschätzung zu hören, dass eine Verständigung möglich sei. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel dämpfte allerdings die Erwartungen auf eine schnelle Lösung:: Auf die Frage, ob am Freitag eine Einigung möglich ist, sagte er: „So schnell wird es nicht gehen.“ Die Sozialdemokraten sind der Meinung, sie hätten sich schon stark auf die Familienunternehmen und die Union zubewegt. Gabriel verfolgt den Kurs, dass substanzielle Änderungen nicht mehr möglich sind. Ähnlich sieht das Finanzminister Schäuble. Der Finanzminister ist bei kleineren Punkten zu Korrekturen bereit, sofern das geplante Gesetz in dem Rahmen bleibt, den das Verfassungsgericht vorgegeben hat. Seehofer besteht auf deutlichen Änderungen. Die Zeit drängt, denn das Verfassungsgericht fordert vom Gesetzgeber bis Ende Juni 2016 eine Neuregelung.

Ganz oben auf der Wunschliste der CSU steht nach Informationen dieser Zeitung die Forderung, den Kleinbetrieben stärker entgegenzukommen. Die Bayern denken in erster Linie an das Handwerk. Das Konsenspapier, das die Fraktionsspitzen von CDU, CSU und SPD im Februar erarbeitet haben, sieht vor, dass Betriebe mit bis zu drei Mitarbeitern bei der Erbschaftsteuer verschont werden. Sie müssen – anders als größere Betriebe – für die Verschonung nicht nachweisen, dass die Lohnsumme über mehrere Jahre stabil bleibt. Die Bayern wollen das Steuerprivileg auf Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern ausweiten. Für das Handwerk wäre es ein großer Erfolg, wenn die Vergünstigung für Betriebe mit bis zu vier Mitarbeitern gälte. Die CSU will auch erreichen, dass nicht die Zahl der Beschäftigten maßgeblich ist, sondern die rechnerischen Vollzeitstellen. Dies nutzt Kleinbetrieben mit Teilzeitbeschäftigten. SPD und CDU argumentieren bisher, eine höhere Obergrenze könne das Gesetz verfassungswidrig machen. Dem Vernehmen nach könnte es aber in diesem Punkt Bewegung geben. Das Bundesverfassungsgericht beanstandete die bisher geltende Bagatellgrenze von bis zu 20 Mitarbeitern.

CSU will weniger Zugriff auf Privatvermögen

Die CSU will außerdem erreichen, dass bei der Bedürfnisprüfung für große Familienunternehmen das beim Erben vorhandene Privatvermögen nicht berücksichtigt wird. Das Konsenspapier der Koalition sieht vor, dass das gesamte Privatvermögen des Firmenerben zur Hälfte eingebracht werden muss, um die Steuerschuld für die Übertragung des Betriebs zu begleichen. Die CSU will durchsetzen, dass nur das nicht-begünstigte Vermögen herangezogen wird, das durch die Erbschaft oder Schenkung auf den Firmenerben übergegangen ist. In dem Punkt sperren sich bisher sowohl SPD als auch CDU. Verhandelt wird auch über großzügigere Stundungsregeln und längere Fristen.

Die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) verlangt rasche Lösungen. Sie sagte dieser Zeitung: „Die Zeit wird immer knapper. Die Frist, die das Bundesverfassungsgericht für eine Neuregelung gesetzt hat, ist bald um.“ Unternehmen und Steuerverwaltung müssten wissen, was auf sie zukommt, sagte Sitzmann. Der BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber sagte: „Es ist mehr als bedauerlich, dass unsere Unternehmen immer noch keine Rechtssicherheit in der Erbschaftsteuer haben.“ Der BDI fordert zinslose Stundungsmöglichkeiten, die nicht nur für Erbschaften, sondern auch Schenkungen gelten sollten.