Die Grünen drohen mit einem neuen Untersuchungsausschuss zum „Schwarzen Donnerstag“. Der Grund: die Staatsanwaltschaft will dem Landtag keine Mappus-Mails dazu übermitteln.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Grünen im baden-württembergischen Landtag drohen mit einem neuen Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten. Man schließe ein solches Gremium „keinesfalls aus“, wenn dem Parlament die bei dem früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) beschlagnahmten Unterlagen zum „schwarzen Donnerstag“ ansonsten nicht zugänglich gemacht würden, sagte der Fraktionsgeschäftsführer Ulrich Sckerl der Stuttgarter Zeitung. Hintergrund ist die Weigerung der Staatsanwaltschaft Stuttgart, dem Landtag die entsprechenden Dokumente zur Verfügung zu stellen. Ohne einen Untersuchungsausschuss, so lautet die vom SPD-geführten Justizministerium bestätigte Begründung, gebe es dafür keine Rechtsgrundlage.

 

Offiziell sind die Grünen laut Sckerl noch gar nicht über die durch StZ-Recherchen bekannt gewordene Entscheidung der Ermittlungsbehörde informiert worden. Man behalte sich vor, diese rechtlich zu prüfen. CDU und FDP hätten im Januar 2011 zwar mit ihrer Mehrheit das Ende des Untersuchungsausschusses durchgesetzt. Ihr Fazit: es habe keine politische Einflussnahme durch Mappus und die Landesregierung gegeben. „Die Aufklärung des Polizeieinsatzes war und ist damit aber natürlich für uns nicht erledigt“, sagte der grüne Fraktionsmanager. Es seien noch viele Fragen offen, die durch die inzwischen gefundenen E-Mails von Mappus womöglich beantwortet werden könnten.

Mehr als 2000 Unterstützer für neuen Ausschuss

Deren Auswertung auf strafrechtlich relevante Inhalte sei zunächst Sache der Staatsanwaltschaft, sagte Sckerl. Die Ermittler hatten angekündigt, etwaige Dokumente zum „schwarzen Donnerstag“ zu verwerten. Dies sei möglich, weil noch verschiedene Verfahren gegen Polizeibeamte liefen. Ermittlungen gegen Mappus und andere damalige Regierungsmitglieder hatte die Staatsanwaltschaft bekanntlich abgelehnt. Auch der Landtag hat nach Ansicht des Grünen-Geschäftsführers „den Anspruch, Kenntnis dieser Unterlagen zu erhalten“. Wichtig wäre etwa zu wissen, ob frühere Zeugenaussagen mit den jetzt gefundenen Dokumenten übereinstimmten.

Aufgrund des StZ-Berichtes waren in der Öffentlichkeit zahlreiche Forderungen nach einem zweiten Untersuchungsausschusses laut geworden. Ein solches Gremium wird inzwischen auch in einer Online-Petition verlangt, die in kurzer Zeit mehr als 2000 Unterstützer fand. Sckerl sagte, ein neuer Ausschuss könne „mit einem engen Aufklärungsauftrag eingesetzt werden“. Die Grünen könnten ihn alleine installieren, da sie über das dafür notwendige Viertel der Abgeordneten verfügen; wie sich die Sozialdemokraten dazu verhalten würden, ist unklar.

Oberlandesgericht muss entscheiden

Unterdessen geht das Ringen um die Auswertung der Unterlagen zum EnBW-Deal weiter. Auf Antrag von Mappus muss das Oberlandesgericht Stuttgart entscheiden, ob die Staatsanwaltschaft dem Untersuchungsausschuss die Akten dazu übermitteln darf. Mappus’ Anwälte wollen per Antrag feststellen lassen, dass die Herausgabe rechtswidrig sei. In einer Pressemitteilung hatten sie dies damit begründet, dass es sich bei den bei der Razzia in Pforzheim beschlagnahmten Daten „in erheblichem Umfang“ um solche handele, „die mit dem Untersuchungsauftrag nichts zu tun haben“. Ein Sprecher des Oberlandesgerichts sagte auf Anfrage, man habe die Staatsanwaltschaft inzwischen um eine Stellungnahme gebeten. Das Gericht werde wohl ohne mündliche Verhandlung, also nicht öffentlich, entscheiden.

Bis wann das voraussichtlich geschehen wird, war offiziell nicht zu erfahren. In einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte der zuständige Senat eine Entscheidung für frühestens Ende dieser Woche in Aussicht gestellt. Bis dahin solle die Behörde dem Landtag keine Akten übermitteln, was diese zugesagt hat. Stefan Mappus habe „größtes Interesse an der Unterstützung der Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses“, betonten die Anwälte; bei der gerichtlichen Klärung gehe es ausschließlich um Datenmaterial, das für den EnBW-Deal „keinerlei Relevanz“ habe.

Verwaltungsgericht Karlsruhe zuständig?

Derweil verzögert sich auch die Verhandlung über Mappus’ Klage, mit der er die Löschung der im Staatsministerium entdeckten Sicherungskopien seiner Mails erzwingen will; diese umfassen den Zeitraum bis Oktober 2010, also rund um den Polizeieinsatz. Das Verwaltungsgericht Stuttgart überlegt, das Verfahren wegen Mappus’ Wohnsitz in Pforzheim an das Karlsruher Verwaltungsgericht abzugeben. Sowohl die Anwälte des Ex-Ministerpräsidenten als auch die des Landes haben signalisiert, dass sie damit einverstanden wären; eine Entscheidung wird in den nächsten Tagen erwartet.