Neun Monate nach der ersten Ablehnung steht jetzt das nächste Votum an zur Beteiligung Fellbachs an der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit“.

Kommt nun doch richtig Tempo in die angepeilte Fellbacher Langsamkeit? Gerade mal ein dreiviertel Jahr ist es her, dass sich das Lokalparlament auf Initiative der Grünen mit dem Beitritt der Stadt zur Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit“ befasst hat. Das vom den Rathausverantwortlichen unterstützte Vorhaben scheiterte allerdings an dem Widerstand der Freien Wähler/Freien Demokraten und der CDU. Jetzt jedoch gibt’s den nächsten Anlauf – mit anderem Ausgang?

 

Völlig absurd erscheint eine solche Trendwende nicht, wenn man die rasante Ausbreitung der Initiative seit dem Start im Frühjahr 2021 durch sieben Mitgliedsstädte des Deutschen Städtetags betrachtet. Die Stadt Fellbach listet in ihren Unterlagen zur Sitzung 70 Initiativstädte auf, die deutlich veraltete Übersicht datiert allerdings vom 8. Dezember 2021. Tatsächlich sind, so die aktuellsten Zahlen, mittlerweile bundesweit gar 417 Mitgliedskommunen dabei.

Weinstadt ist doch nicht dabei

Weinstadt steht zwar auf der von Fellbach veröffentlichten Auflistung, sei aber „versehentlich drauf gelandet“, erklärt die Weinstädter Rathaussprecherin auf Anfrage unserer Redaktion. Waiblingen wiederum hatte sich im Oktober gegen den Beitritt entschieden. Fellbach wäre also die erste Stadt im Rems-Murr-Kreis. In der Region gehören außer der Landeshauptstadt noch Esslingen, Ludwigsburg, Leonberg, Remseck oder Bietigheim-Bissingen dazu. Überall dort soll künftig Tempo 30 als Regelfall gelten und Tempo 50 nur die Ausnahme sein.

Maßgebliches Ziel sei eine Gesetzesänderung, „die den Kommunen tatsächliche Entscheidungsfreiheit über die Anordnung von niedrigeren Höchstgeschwindigkeiten als 50 km/h in ihrem Straßennetz ermöglicht“, heißt es in der Begründung der Fellbacher Verwaltung. Und: „Die Initiatoren beschreiben die inhaltliche Zielrichtung eben nicht rein ideologisch, sondern eng an der Lebensrealität in den Städten orientiert.“

Ideologiefreie Diskussion erwünscht

Diese Argumentation verfing allerdings im vergangenen Mai bei der Gemeinderatsmehrheit nicht. „Hinter dem Ortsschild gilt in der Regel Tempo 50“, erklärte Thomas Seibold (FW/FD), dabei solle es bleiben. Unmittelbar vor der Abstimmung hat sich nun die zweiköpfige, aus den früheren CDU-Fraktionschefs Simone Lebherz und Jörg Schiller bestehende Gemeinderats-Gruppierung „Die Stadtmacher“ gemeldet. Überschrift ihres Statements: „Höchstgeschwindigkeiten ideologiefrei festlegen.“ Üblicherweise werde auch im Fellbacher Kommunalparlament die kommunale Eigenverantwortung beschworen, „seltsamerweise scheint diese Forderung in Vergessenheit zu geraten, wenn es um die Verantwortung für die Geschwindigkeit auf unseren Straßen geht“, moniert Schiller die Haltung einzelner Kolleginnen und Kollegen. „Es steckt also weder eine Forderung nach durchgängigem Tempo 30 dahinter noch die Vorstellung, dass Tempo 30 ein Allheilmittel für alle verkehrliche Probleme ist“, sagt Lebherz. „Wo ist denn dann das Problem? Wir trauen uns als Stadt doch auch in anderen Dingen zu, freie und unabhängige Entscheidungen zu treffen!“

Die Gemeinderatssitzung beginnt an diesem Dienstag um 17 Uhr im großen Saal des Rathauses. Weitere Themen sind die Vereinsförderrichtlinie 2023 und die Fellbacher Radstrategie.