Zwei Musberger Ringer sind Best Buddys. Nach lebensbedrohlicher Erkrankung ist Marius Braun ein Comeback in seinem Sport gelungen. Die Freundschaft mit dem WM-Helden Frank Stäbler half ihm dabei. Sein Leben sieht der 26-Jährige neu.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Fitness und die beste Technik reichen selten aus, um zu siegen. Ein Kampf wird oft im Kopf gewonnen. Was die mentale Stärke betrifft, ist der dreifache Weltmeister Frank Stäbler, 29, unschlagbar. Damit ist der Ausnahme-Athlet so weit nach oben gekommen, wie kein anderer Ringer vor ihm. Der Musberger ist nach dem jüngsten Triumph in Budapest ein Fall für die Sportgeschichtsbücher. Doch was muss ein Kopf erst leisten, wenn der Kampf ein Überlebenskampf ist?

 

Der in Holzgerlingen lebende Marius Braun, 26, Deutscher Vize-Meister im Ringen, ist der Best Buddy vom Franky. Sie trainieren zusammen (in Musberg, sofern es nicht der unsägliche Dorfstreit verhindert), sie starten zusammen für die Red Devils in Heilbronn – und sie feiern zusammen. Bei der Eröffnung des neuen Stuttgarter Sylt-Restaurants Richter’s durften sie mit Alkohol anstoßen. Die meisten Zeit können das Spitzensportler nicht. Die Kumpels sind Sunnyboys, äußerst lustig mit coolen Sprüchen. Vielleicht waren sie noch besser drauf als sonst, weil sie über Monate nicht mehr auf die Piste gehen konnten. Sie wissen: Man muss dem Glück dankbar sein, weil von heute auf morgen alles anders sein kann.

Drei Monate lang hatte Braun einen künstlichen Darmausgang

Marius Braun hat sich nach einer lebensbedrohlichen Darmerkrankung zurück ins Leben gekämpft. Notoperation, aufgeplatzte Nähte im Körperinneren, immer neue OPs, drei Monate lang ein künstlicher Darmausgang – der 26-jährige Student der Medizintechnik ist durch die Hölle gegangen. Frank Stäbler hat geholfen, den Kumpel mental zu stärken. Kämpfe werden im Kopf entschieden.

„Franky hat mir immer gesagt, dass ich ein großer Kämpfer bin und ihn inspiriere“, sagt Braun, „er hat mir eingeschärft, dass ich, wenn alles vorbei ist, viel stärker sein werde als davor – und dass wir für die Red Devils in der Endrunde auflaufen werden.“ Es könnte wahr werden. Was keiner für möglich hielt, ist dem 26-Jährigen gelungen. Ende Juli hatte er seine letzte, die sechste Operation, da wog er noch 14 Kilo zu wenig, im August begann er mit dem Training und dem Muskelaufbau – bereits am 6. Oktober war sein Comeback in der Bundesliga. Es gleicht einem Wunder!

Im Krankenbett hat der Ringer sich mit der Freundin verlobt

„Es zählt nicht, wer du warst, als du hingefallen bist. Es zählt, wer du wurdest als du wieder aufgestanden bist.“ Dies ist einer der Motivationssprüche, die Stäbler bei Facebook postet. Dass Marius Braun nicht aufgegeben hat, als er dem Tod nah war, ist auch das Verdienst seiner Freundin Cornelia, der er mit etlichen Schläuchen aus seinem Körper versprach, gesund zu werden, um sie heiraten zu können. Inzwischen haben sie sich verlobt. Natürlich ist es auch das Verdienst der unermüdlichen Mutmacher seiner Familie. Heute sieht er das Leben mit anderen Augen. Franky hatte Recht. Seit Marius aufgestanden ist, ist er ein anderen Mensch. „Man regt sich nicht mehr so schnell über Kleinigkeiten auf“, sagt Braun, „man genießt intensiver den Augenblick und ist dankbar, man sieht das Glück auch in kleinen Dingen.“

Im April hatte Marius den Frank zu einer TV-Aufzeichnung nach München begleitet. „Du musst morgen um 20.15 Uhr unbedingt einschalten“, schrieb mir Braun per Messenger. Was er nicht mehr schreiben konnte: An diesem Abend bekam er fürchterliche Bauchschmerzen und Fieber. Der Notarzt lieferte ihn in ein Krankenhaus ein. Diagnose: Darmverdrehung mit Verschluss. Nach der Not-OP gab es Komplikationen. Waren es Ärztefehler? Braun denkt nicht darüber nach. Er denkt an neue Ziele und daran, das Beste aus seinem Leben zu machen.

Wer Positives aus seinem Schicksal holt, kann stärker als stark werden. Aufgeben gilt nicht. Marius und Frank sind lustig. Es macht Spaß, mit ihnen zu feiern.