62 Menschen sind im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg ertrunken. Die meisten Opfer waren männlich. Auch die Zahl der ertrunkenen Kinder und Jugendlichen ist gestiegen. Warum ist das so? Und wie gefährlich sind Seen und Flüsse?

Stuttgart - Im vergangenen Jahr sind in Baden-Württemberg deutlich mehr Menschen ertrunken als im Jahr zuvor. Weit mehr als die Hälfte der 62 Badetoten waren Männer, nämlich 47. „Ertrinken ist vor allem ein Männerproblem“, sagt Achim Wiese, der Sprecher der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Viele Männer würden die eigenen Kräfte überschätzen und die Gefahren dagegen zu gering einschätzen. „Leichtsinn, Übermut und häufig auch Alkohol sind dabei im Spiel“, so der DLRG-Sprecher.

 

Männer unterschätzen Gefahren

Neben Männern unterschätzen auch häufig ältere Menschen Risiken beim Schwimmen. Von den 62 Opfern in Baden-Württemberg waren 20 über 65 Jahre alt. „Bei Älteren lässt die Schwimmfähigkeit deutlich nach. Grundsätzliche gesundheitliche Vorbelastungen werden vergessen oder verdrängt“, sagt Wiese. Wer bei Diabetes mit leerem Magen ins Wasser gehe, laufe Gefahr, eine Unterzuckerung zu erleiden. Auch Kreislaufprobleme könnten riskant sein.

Die Zahl der ertrunkenen Kinder und Jugendlichen unter 20 Jahren stieg 2018 deutschlandweit um 38 Prozent. Unter den 71 Todesopfern dieser Altersgruppe waren 26 Kinder im Vor- und Grundschulalter. In Baden-Württemberg starben sieben Menschen unter 20 Jahren und damit fünf mehr als noch 2017.

Der DLRG-Sprecher kritisiert Ministerpräsident Winfried Kretschmann für seine Äußerung hinsichtlich der Sanierung von Schwimmbädern im Südwesten. Der Ministerpräsident hatte gesagt, er habe das Schwimmen in der Donau gelernt, was nichts gekostet habe. „Die Donau ist ein Schifffahrtsfluss, die Strömungen sind gefährlich“, sagt Wiese. „Schwimmen lernen sollte man auf keinen Fall in Flüssen oder Seen, die Gefahren sind zu groß.“

Viele Opfer in Seen ertrunken

In Baden-Württemberg ertrank beispielsweise der Großteil der Badetoten in Seen, Teichen oder Flüssen. Naturseen seien deshalb gefährlich, weil sich in ihnen manchmal Schlingpflanzen befinden, in denen sich Schwimmer verfangen könnten und dann in Panik gerieten. Bei Kies- und Baggerseen würde oft die Tiefe des Gewässers unterschätzt. Oft sei es am Ufer flach und falle dann in der Mitte stärker ab.

Kinder und Jugendliche sollten das Schwimmen dagegen im Schwimmbad oder in der Schule lernen, fordert Wiese. Jedoch besäßen nur wenige Schulen ein Lehrschwimmbad. Die DLRG sieht die Schließung von Schwimmbädern als großes Problem, weil Gelegenheiten zum Schwimmenlernen verloren gehen. Die Zahl der Grundschüler, die nicht sicher schwimmen können, sei nach repräsentativen Studien von 50 Prozent im Jahr 2010 auf 59 Prozent im Jahr 2017 gestiegen. Mit ihrer Online-Petition fordert die DLRG einen bundesweiten Masterplan zur Erhaltung der Bäder.

Flüchtlinge können nicht schwimmen

Im vergangenen Jahr haben DLRG-Helfer 974 Menschen vor dem Ertrinken bewahrt. Die Zahl der Menschen, denen die Rettungsschwimmer zur Hilfe kommen, schwankt stark. Zu der hohen Zahl der Notfälle wird im vergangenen Jahr auch der heiße Sommer beigetragen haben, der die Menschen an besonders vielen Tagen ins Wasser gelockt hatte. Mindestens 504 Menschen kamen 2018 in Deutschland bei Badeunfällen ums Leben, hatte die DLRG bereits vermeldet. Das waren 100 mehr als im Vorjahr.

Deutschlandweit verunglückten beim Baden auch zunehmend Asylbewerber. Im vergangenen Jahr starben 33 Flüchtlinge, nach 23 im Vorjahr. Im Südwesten stieg die Zahl von zwei Opfern auf vier im Jahr 2018. „Flüchtlinge können fast zu hundert Prozent nicht schwimmen. Sie sind auch kaum mit dem Element Wasser aufgewachsen wie Jugendliche in Europa“, sagt Wiese.

Badeempfehlungen der DLRG

Ins Wasser sollte man nur springen, wenn es frei und tief genug ist. Es wird davon abgeraten, mit vollem oder ganz leerem Magen ins Wasser zu gehen.

Bei Gewitter kann Baden lebensgefährlich sein. Sobald ein Unwetter beginnt, sollten Schwimmer sofort aus dem Wasser gehen und ein festes Gebäude aufsuchen. Baden ist auch dort riskant, wo Schiffe und Boote fahren oder in Industriegewässern.

Nichtschwimmern wird empfohlen, nur bis zum Bauch ins Wasser zu gehen. Aufblasbare Schwimmhilfen bieten keine Sicherheit . Um Hilfe sollte man nur rufen, wenn man wirklich in Gefahr ist. Wenn andere Hilfe brauchen, sollte man helfen und den Rettungsdienst verständigen. Niemals sollte man alleine baden gehen, sondern immer in der Nähe anderer Menschen. Von unbekannten Gewässern wird abgeraten. (sch)