Zehn Jahre lang wurde vor Gericht gestritten, ob nur Ritter Sport aus Waldenbuch Schokolade im Quadrat produzieren darf. Dabei hätte zuvor jahrzehntelang jeder diese Form nutzen können.

Lokales: Armin Friedl (dl)

Waldenbuch - Kann man sich ein Quadrat derart rechtlich schützen lassen, dass man anderen dessen Verwendung verbieten kann? Natürlich nicht, alle geometrischen Formen sind selbstverständlich für alle frei verwendbar, egal zu welchem Zweck oder Anlass. Ziemlich anders sieht es aber aus, wenn das Quadrat aus Schokolade besteht. So wie die Schokolade der Firma Ritter Sport aus Waldenbuch.

 

Ausgerechnet der Konkurrent Milka, der sehr darauf bedacht ist, dass seine lila Verpackung nicht kopiert wird bei Süßem, hat vor Gericht bestritten, dass nur Ritter Sport Schokolade im Quadrat anbieten darf. Zehn Jahre lang hat dieser Rechtsstreit gedauert. Und seit Ende Juli dieses Jahres steht letztinstanzlich durch den Bundesgerichtshof in Karlsruhe fest: Ja, nur Ritter Sport darf Schokolade im Quadrat verkaufen.

Schokolade im Quadrat gibt es seit den 1930er Jahren

Die Dauer des Verfahrens zeigt, dass es da um viel ging, auch um viel juristische Feinarbeit. Dabei zeigt der Blick zurück, dass es jahrzehntelang jedem möglich war, ohne Rechtsstreit Schokolade in quadratischer Form anzubieten. Die Idee dazu entstand Anfang der 1930er Jahre, kurz nachdem die Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik Alfred Eugen und Clara Ritter ihren Sitz vom Gründungsort Stuttgart Bad Cannstatt nach Waldenbuch verlegt hatte. Dort an einem nahe gelegenen Sportplatz kamen regelmäßig Fußballfans zusammen, die noch keine Stadionwurst wollten, sondern Schokolade als Nervennahrung. Und die sollte dem Anlass entsprechend etwas robuster sein und kompakter, damit sie bequem in die Taschen der damals üblichen Freizeitjacken passten. So kam übrigens der Begriff Sport ins Unternehmensportfolio.

Die Idee wurde in die Tat umgesetzt – eben als ein Produkt von vielen in der Angebotspalette. Produziert wurden außerdem noch Tafeln in der üblichen länglichen Form, Pralines und Naschsachen wie Zuckerstangen. Oder waren damals noch ganz andere Dinge in der Schokolade, möglicherweise leistungsfördernde Substanzen, die heute gar nicht mehr erlaubt wären? Thomas Seeger gehört zu denen, die das wissen müssten. Seit fast 20 Jahren ist er bei den Waldenbuchern Leiter des Bereichs Recht und Unternehmenskommunikation. Diese Frage beantwortet er mit einem Blick in die Gegenwart. „Wir werden purer“, erklärt er. Und meint damit: Es werden weniger Inhaltsstoffe verwendet, und die sind ausschließlich natürlichen Ursprungs. Dazu unterhält die Firma auch eine Plantage in Nicaragua, auf der mit neuen Kakaosorten experimentiert wird. Seeger: „Wer also wissen will, wie Ritter Sport in den Anfangsjahren geschmeckt hat, muss die von heute probieren. Das kommt im Sinne eines unverfälschten Geschmacks durch die Verwendung von Single Origin Kakao heute schon ziemlich nahe ran.“

Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs

Das ändert freilich nichts daran, dass Schokolade damals wie heute ein kalorienreicher Genuss ist. „Mit Profisportlern haben wir deshalb auch noch nie Werbung gemacht“, so Seeger, „wir sehen unser Produkt vor allem im Freizeitbereich, und da gehört die sportliche Betätigung ja auch dazu“.

Es war einmal die Preisbindung für Schokolade

Zurück zum Quadrat. Die Konzentration darauf war erst Anfang der 1960er Jahre, als die Preisbindung für Schokolade fiel. Ja, auch das gab es einmal: 100 Gramm durften bis dahin maximal eine 1,30 D-Mark kosten. Alfred Otto Ritter, der Sohn des Firmengründers, befürchtete einen Preisverfall in der Branche, bereinigte deshalb die Produktpalette. Übrig geblieben ist schließlich nur noch das Schokoladenquadrat.

Bis das zur Erfolgsgeschichte wurde, war der Weg aber immer noch lang. Dazu gehört der Knick-Pack, auf den es auch 20 Jahre lang Patentschutz gab, damit lassen sich die Tafeln leicht portionieren; dazu gehören die markanten Farbcharakteristika der Verpackungen für jede Geschmacksrichtung; und dazu gehören markante Werbesprüche wie „Quadratisch praktisch gut“.

Verbraucher kennen das Quadrat

Im Gerichtsstreit spielte der Wiedererkennungseffekt eine wesentliche Rolle. Dazu wurden seit den 1980er Jahren Verbrauchertests durchgeführt: Welches Produkt vermuten Verbraucher in einer Verpackung des Ritter Sport-Formats, freilich ohne Farbe und Beschriftung? „Eintausend Menschen wurden befragt, mehr als 80 Prozent haben das mit uns assoziiert“, so Seeger. 50 Prozent hätten es sein müssen, damit über das Markenrecht ein Schutz beansprucht werden kann. „Über das Quadrat an sich können wir natürlich nicht verfügen“, so Seeger, „über diese Form der Verpackung von Schokolade aber schon“. Derartige Umfragen seien später noch wiederholt worden. Seeger: „Da ist unser Bekanntheitsgrad auf bis zu 85 Prozent gestiegen.“ Und dann gibt es noch den Markenschutz in der Verknüpfung von Sport mit Ritter. Aber der war ja nicht strittig.