Die Kapazitäten in deutschen Kliniken zur Aufnahme von Ebola-Patienten sind offenbar deutlich geringer als gedacht. Das Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus, das im Südwesten über die einzige Isolierstation verfügt, kann lediglich einen infizierten Patienten aufnehmen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Vorbereitungen auf den Ernstfall laufen auf Hochtouren. „Inzwischen trainieren wir fast täglich“, sagt der Ärztliche Direktor des Robert Bosch Krankenhauses, Mark Dominik Alscher. Seit sich die Ebola-Epidemie in Westafrika ausbreitet und es immer wahrscheinlicher wird, dass auch hierzulande ein Infektionsfall auftreten könnte, wächst die Spannung auf dem Burgholzhof.

 

Insgesamt 20 Ärzte und 40 Pflegekräfte sind auf den anspruchsvollen Einsatz in der vor acht Jahren eingerichteten Sonderisolierstation für hochansteckende lebensbedrohliche Erkrankungen vorbereitet worden. Die beiden Räume sind hermetisch abgeschottet, durch getrennte Zugänge mit eigenem Aufzug, einem separaten Wasserkreislauf und gesondertem Lüftungssystem. Es herrscht Unterdruck, dass nicht die kleinsten Partikel aus dem Zimmer entweichen können, schon gar keine Viren.

Kleinste Fehler haben fatale Folgen

Für das Personal ist der Einsatz eine hohe Belastung. Sie tragen Schutzkleidung, die Raumanzügen ähneln, und Helme mit Plexiglasvisier. Darin herrscht Überdruck und eine hohe Temperatur. Bei dieser anstrengenden Aufgabe muss jeder Handgriff sitzen; selbst kleine Fehler aus Erschöpfung können fatale Folgen haben. Vor allem das Ausschleusen, wenn die Anzüge mit einem Mittel besprüht werden, das die Viren abtötet, erfordert große Sorgfalt. „Dazu braucht es Ruhe und Konzentration“, sagt Mark Dominik Alscher.

Länger als drei Stunden können die Freiwilligen auf der Isolierstation 3C des RBK nicht Dienst tun. Entsprechend groß ist der Personalaufwand. In jeder Schicht sind ein Arzt und eine Pflegekraft im Einsatz, macht 16 Leute im 24-Stunden-Betrieb, plus je eine Koordinationskraft außerhalb des geschlossenen Bereichs. „Der Aufwand ist beträchtlich“, sagt der Ärztliche Direktor des RBK und stellt klar: „Schon mit einem Fall kommen wir an unsere Kapazitätsgrenze.“ Deshalb sei die Einrichtung im RBK auch nur für die Aufnahme von hiesigen „Verdachtsfällen“ vorgesehen und nicht für Ebola-Patienten, die aus dem Ausland eingeflogen werden. Dafür seien die Einrichtungen der großen Unikliniken in Hamburg, München, Frankfurt oder Leipzig zuständig, so Alscher.

Fortbildung für niedergelassene Ärzte

Wie andere Fachleute ist er überzeugt, dass keine Gefahr einer Ebola-Ausbreitung in Deutschland besteht, auch wenn vereinzelte Infektionsfälle auftreten sollten. Die vorhandenen Risiken lägen auch nicht in den Isolierstationen, sondern bei „noch nicht diagnostizierten Fällen“, die in den Praxen niedergelassener Ärzte auftauchen. Das weiß man auch beim Landesgesundheitsamt. Deshalb haben diese einen Infobrief mit einer Handreichung zum Umgang mit Ebola-Verdachtsfällen bekommen. Anfang des Monats fand eine Fortbildung der Bezirksärztekammer in Stuttgart statt, an der etwa 200 Ärzte teilnahmen. „Anmeldungen gab es noch deutlich mehr“, sagt Martin Priwitzer vom Gesundheitsamt der Stadt.

„Entscheidend ist eine gute Anamnese bei den niedergelassenen Ärzten“, sagt Priwitzer. Im Falle eines Verdachts muss der Patient schon in der Praxis isoliert und alle Beteiligten durch Handschuhe, Hauben, Kittel und Spezialmasken geschützt werden. Knapp zehn Verdachtsmeldungen von niedergelassenen Ärzten, die Patienten aus den betroffenen Ländern Westafrikas behandelten, sind beim Stuttgarter Gesundheitsamt bereits eingegangen, die sich aber alle als unbegründet erwiesen, erzählt Martin Priwitzer. In einem Fall verursachte eine Malaria die verdächtigen Symptome.

Nur wenige Africom-Mitarbeiter aus Stuttgart in Liberia

In Stuttgart stellt sich die Frage nach Infektionsfällen auch, weil sich hier der Hauptsitz des Afrikakommandos der US-Streitkräfte befindet. Die US-Army baut in Liberias Hauptstadt Monrovia derzeit ein Quartier auf, von dem aus Behandlungszentren zur Seuchenbekämpfung errichten sollen.

Gegenwärtig seien 500 Africom-Angehörige in Liberia tätig, sagt Benjamin Benson, Pressesprecher des in den Möhringer Kelley Barracks angesiedelten Regionalkommandos. Die meisten stammten von Stützpunkten in Italien und den USA. Von den 1500 in Stuttgart stationierten Africom-Kräften sei bis jetzt nur eine Handvoll in Monrovia tätig. Dort werden diese systematisch kontrolliert, zweimal täglich wird Fieber gemessen. Sollte sich jemand infizieren, werde er in Liberia behandelt, sagt Benjamin Benson, oder „in der Regel in die USA ausgeflogen“. Auch Rückkehrer ohne Verdachtsmomente würden mindestens 21 Tage weiter beobachtet. Der US-Einsatz habe ja das Ziel, „dass sich Ebola nicht weiter verbreitet“, sagte der Pressesprecher.