Die Robert-Bosch-Stiftung hat Projekte zur Völkerverständigung schon immer unterstützt. Jetzt engagiert sie sich für das United World College.

Stuttgart - Die Kartaus in Freiburg hat eine lange Geschichte. Bereits 1346 lebten hier an der Ostflanke des Schlossbergs Kartäusermönche, im 19. Jahrhundert wurde aus dem Kloster ein Altenheim und ein Gutshof, bis Dezember 2008 diente es als Pflegeheim, zuletzt nutzten die städtischen Museen die Gebäude übergangsweise als Depot.

 

Bald soll nun ein ganz neues Kapitel in der Geschichte des traditionsreichen Anwesens aufgeschlagen werden. In das ehemalige Kloster soll im Sommer 2014 das United World College (UWC) einziehen, ein zweijähriges Oberstufenkolleg für Schüler aus aller Welt. Finanziert wird der Aufbau dieser internationalen Schule von der Robert-Bosch-Stiftung und der Bosch GmbH, die gemeinsam 40 Millionen Euro bereitstellen. Es ist die größte Investition in der Geschichte der Stiftung, die seit 1964 besteht. Wenn Ingrid Hamm vom United World College erzählt, gerät die Geschäftsführerin der Bosch-Stiftung ins Schwärmen. "Internationale Verständigung lebt man dort mit Haut und Haaren", meint Hamm. "Wir sind sehr stolz auf dieses Großprojekt."

Reformpädagoge Kurt Hahn

Bis jetzt gibt es weltweit 13 dieser Schulen, die auf Ideen des deutschen Reformpädagogen Kurt Hahn zurückgehen, aber noch kein College in Deutschland. Einen Platz in diesem Internat kann man sich nicht erkaufen. Die Schüler müssen sich bewerben und dabei auch nachweisen, dass sie sich sozial engagiert haben.

Das United World College fördere all das, so die Geschäftsführerin der Stiftung, was Robert Bosch einst mit seinem Geld unterstützt habe und was die Stiftung fortsetze: Völkerverständigung, die Förderung von Bildung, soziales Engagement.

Robert Bosch hat seine Vermögensverwaltung 1921 gegründet. Sie sollte nach seinem Tod die Fortführung des Unternehmens in seinem Sinne gewährleisten und auch den finanziellen und organisatorischen Mittelpunkt seiner gemeinnützigen Bestrebungen bilden. Er selbst beschrieb ihren Zweck so: "Meine Absicht geht dahin, neben der Linderung von allerhand Not, vor allem auf Hebung der sittlichen, gesundheitlichen und geistigen Kräfte des Volkes hinzuwirken." Robert Bosch ging es dabei nicht um öffentlichen Ruhm. Er handelte aus seinem bürgerlichen Pflichtgefühl heraus, ein "wachsendes Vermögen für Volkswohlfahrt im weitesten Sinne fruchtbar zu machen", wie Theodor Heuss in seiner Bosch-Biografie schrieb.

Homöopathie

Der Stuttgarter Unternehmer gab viel Geld für die Förderung der technischen Wissenschaften und der technischen Fachbildung, unterstützte unter anderem die Technische Hochschule Stuttgart. Besondere Bedeutung hatte für ihn die Homöopathie. Eine seiner letzten großen Förderprojekte war der Bau des Robert-Bosch-Krankenhauses in Stuttgart, das er noch selbst 1940 eröffnen konnte.

Die Robert-Bosch-Stiftung entstand, als 1964 die zum Nachlass gehörenden Geschäftsanteile der Familie an der Robert Bosch GmbH auf die bereits 1921 gegründete Vermögensverwaltung übertragen wurde, die 1969 in Robert Bosch umbenannt wurde. Die Stiftung hält 92 Prozent der Anteile an der Robert Bosch GmbH, und erhält dafür Dividenden. Die gemeinnützige Stiftung hat aber kein Stimmrecht im Unternehmen (siehe Schaubild). Dieses hat sie auf die Robert Bosch Industrietreuhand KG übertragen, die zwar nur 0,01 Prozent der Anteile des Stuttgarter Konzerns hält, aber 93 Prozent der Stimmrechte hat.

Unternehmerische und philanthropische Interessen sind durch diese Konstruktion klar getrennt. Über die Verwendung der Mittel der Stiftung entscheidet ein Kuratorium, dem nach dem Willen von Robert Bosch Mitglieder der Familie, Unternehmer und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angehören.

Öffentliche Gesundheitspflege

Als Hauptzweck steht in der Satzung der Stiftung die öffentliche Gesundheitspflege, insbesondere das Robert-Bosch-Krankenhaus, dessen Neubau 1973 eröffnet wurde. Als weitere Förderbereiche werden "Völkerverständigung, Wohlfahrtspflege, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften in Forschung und Lehre" aufgeführt.

Mitarbeiter und Finanzen

Die rund 100 Mitarbeiter der Stiftung bearbeiten im Durchschnitt etwa 800 Projekte im Jahr. Im vergangenen Jahr wurden rund 63 Millionen Euro ausgegeben. Seit ihrer Gründung hat die Stiftung, die ihren Sitz in der noblen Villa des Firmengründers in der Stuttgarter Heidehofstraße hat, insgesamt eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt. In der Rangliste der größten deutschen Stiftungen privaten Rechts steht sie mit einem Vermögen von 5,2 Milliarden Euro auf Platz eins. Gemessen an den Ausgaben steht sie nach der Volkswagen-Stiftung auf Platz zwei.

Das größte Wachstum verzeichneten in den vergangenen Jahren Projekte zur Förderung der Völkerverständigung, wie Dieter Berg, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Stiftung, berichtet. Ein starkes Drittel der Gelder sei im vergangenen Jahr für die Völkerverständigung ausgegeben worden. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte hat die Stiftung ihren Aktionsradius dabei Zug um Zug ausgeweitet.

Weiter nach Osten

Anfang der siebziger Jahre standen die deutsch-französischen Beziehungen im Mittelpunkt, berichtet Berg, bald kamen die deutsch-polnischen Beziehungen hinzu, Anfang bis Mitte der achtziger Jahre folgten die deutsch-amerikanischen Beziehungen. "Nach dem Fall der Mauer sind wir weiter nach Osten gegangen, vor ein paar Jahren haben wir uns nach Asien bewegt", erläutert der Geschäftsführer.

Die Palette der Projekte in diesem Bereich ist vielfältig. Dazu zählt etwa ein Austauschprogramm für deutsche und französische Nachwuchsjournalisten sowie Stipendien für amerikanische junge Führungskräfte, die Deutschland und Europa aus eigener Anschauung kennenlernen sollen. Zudem organisiert die Stiftung unter anderem regelmäßig Treffen von Chefredakteuren aus China und Deutschland.

Breiter Spielraum

Die Robert-Bosch-Stiftung habe einen breiten Spielraum bei ihren Projekten, "weil unsere Satzung sehr breit angelegt ist", wie Geschäftsführer Berg erläutert. "Es hängt an uns und unseren Mitarbeitern, die Themen zu identifizieren, entsprechende Vorschläge zu machen, und das unserem Kuratorium zu präsentieren." Entscheidend sei, dass es für ein bestimmtes Thema einen Bedarf gebe, und auch der Zeitpunkt richtig sei.

Bisweilen sei die Stiftung auch schon zu früh dran gewesen, so Berg, wie etwa Ende der siebziger Jahre, als man erkennen musste, dass das Thema Integrationsförderung in der Gesellschaft noch nicht richtig angekommen gewesen sei. Weil damals die Resonanz fehlte, seien die Projekte zunächst eingestellt worden. Vor einigen Jahren sei dann jedoch wieder ein Themenschwerpunkt Migration und Integration eingerichtet worden.

Kein Stimmrecht

Stiftung Die Bosch-Stiftung erhält Dividenden von der Robert Bosch GmbH, sie hat jedoch kein Stimmrecht. Über die Verwendung der Fördermittel entscheidet ein Kuratorium, dem Mitglieder der Familie, Unternehmer und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens angehören.

Industrietreuhand Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand KG sind frühere und amtierende Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH sowie Persönlichkeiten, die dem Konzern nahestehen. Gemeinsam bestimmen sie die strategische Linie des Konzerns