Über korrupte Cops musste dem Krimiautor Bob Leuci keiner etwas erzählen: er war selbst einmal einer. Der nun im Alter von 75 Jahren Verstorbene hat beschrieben, wie man in den Filz hineingerät und wie es sich dort lebt.

Stuttgart - Der amerikanische Autor Robert Leuci hat über korrupte Bullen in einem korrupten System geschrieben, und bei diesem Thema machte ihm keiner etwas vor. Leuci war selbst ein korrupter Cop gewesen, im New York der Sechziger, aber dann hatte er sich Mikrofone ankleben lassen und im Dienst der Korruptionsermittler Beweismaterial gegen die alten Kumpane gesammelt. Die Ermittlungsergebnisse schockierten die USA, und Sidney Lumet drehte den Filmklassiker „Serpico“ (1973) mit Al Pacino in der Hauptrolle. Der verbissen idealistische Cop Frank Serpico hatte die Ermittlungen in Gang gebracht, er war Amerikas Held (jedenfalls der Held jener, die ihn nicht für ein mieses Kameradenschwein hielten).

 

1978 aber veröffentlichte Robert Daley, ehemals Deputy Commissioner des NYPD, das Sachbuch „Prince of the City“. Das stellte nicht den Saubermann in den Mittelpunkt, sondern den Befleckten, der versuchte, den eigenen Hals zu retten, den Wire-Man Robert Leuci. Und wieder verfilmte Sidney Lumet diese Seite der Geschichte: „Prince of the City“ (1981) gehört zu Lumets sträflich unterschätzten Werken.

Leuci war dank des Deals, seine eigenen Machenschaften als Lohn für Kooperationsbereitschaft straffrei zu lassen, bei der Polizei geblieben, als Ausbilder und interner Ermittler. Aber die vielfältige, nicht immer gut informierte oder auch nur interessierte Beschäftigung von Autoren und Filmemachern mit der Polizei trieben ihn dazu, sich selbst an eine Schreibmaschine zu setzen.

Er wollte nicht einfach teilhaben an einem Geschäftsmodell, er wollte es besser machen als die anderen. Er wollte vom Korruptwerden wie vom Bespitzeln der Kumpane anders erzählen, wollte die komplexe Mischung aus Angst, Skrupeln, Gewissensnot, Empörung, Zugehörigkeitssehnsucht und Abgrenzungsbedürfnis schildern. Die Titel seiner Bücher - „Renegades“, „The Snitch“, „Fence Jumpers“ - machen gleich klar, was sein Lebensthema war.

Im Nachruf der New York Times auf Bob Leuci kommt der einst gegen die Polizei ermittelnde Staatsanwalt Nicholas Scoppetta zu Wort, der bezeugt, dass Leuci tatsächlich keine Klischeetype war. „Ich habe etwas getan, was ich mit Zeugen sonst nie mache, ich habe ihn mit nach Hause genommen und mit ihm zu Abend gegessen. Wir fingen an, über Korruption zu reden, und das Gespräch dauerte die ganze Nacht und bis in den Morgen hinein. Ihm wurde schlecht von dem, in was er da verwickelt war.“ Leuci bestand allerdings erfolgreich darauf, er werde nur kooperieren, wenn nicht bloß gegen die Cops, sondern auch gegen das gesamte korrupte Justizsystem ermittelt werde.

Etliche seiner Kriminalromane sind ins Deutsche übersetzt worden, „Abtrünnige“, „Der Spitzel“, „Auf der Kippe“, „Captain Butterfly“. Dank des großen Krimibooms ist nichts mehr davon lieferbar, aber in einschlägigen Antiquariaten kann man sie unter dem abgekürzten Autorennamen Bob Leuci aber preiswert bekommen, weil bislang wohl kein Hahn nach ihnen krähte. Am 12. Oktober ist Robert Leuci, der noch vergangenes Jahr dem Beirat des E-Book-Verlags New Street Communications beigetreten war, in Saunderstown, Rhode Island, im Alter von 75 Jahren gestorben.