Der Gitarrist Jimmy Page hat die Rockmusik beeinflusst wie kaum ein zweiter. Zu seinem 75. Geburtstag erinnern wir an sieben seiner besten Songs.

Stuttgart - Mit dem Geigenbogen entlockte Jimmy Page seiner E-Gitarre wilde Klangkaskaden, bis die Rosshaare in alle Richtung abstanden, mit einem Bandecho überlagerte er übersteuertes Flirren in endlosen Schleifen. Der Gitarrist von Led Zeppelin inszenierte sich auf der Bühne mit astrologisch verzierten Westen und Schlaghosen als dunkler Magier von unerhört vielseitiger Virtuosität. Harte Riffs („Whole lotta Love“) gingen ihm ebenso locker von der Hand wie wilder Rock’n’Roll („Black Dog“), klagender Blues („Since I’ve been loving you“), verwunschene Fingerpickings („Starway to Heaven“) und dick aufgetragene Arabesken („Kashmir“).

 

Der gebürtige Londoner Jimmy Page, der an diesem Mittwoch 75 Jahre alt wird, gehört zu den stilbildenden Musikern der Rock-Revolution, wie Jimi Hendrix, Eric Clapton und Jeff Beck wurde er Ende der 60er Jahre als „Gitarrengott“ gehandelt. Mit Beck spielte er 1966 bei den Yardbirds, 1968 gründete er Led Zeppelin mit dem urgewaltigen Schlagzeuger John Bonham, dem genialen Arrangeur und Bassisten John Paul Jones und dem blutjungen Sänger Robert Plant, dessen feurige Stimme bis in höchste Lagen reichte. Die Idee für den Bandnamen stammt der Legende nach von Who-Drummer Keith Moon, der bei einer Studiosession in Pages Anwesenheit prophezeit haben soll, eine Gruppe um den Gitarristen würde „abstürzen wie ein bleierner Zeppelin“. Ein grandioser Irrtum: Led Zeppelin wurden schnell zu einer der größten Rockbands aller Zeiten, in deren musikalischem Zentrum stand immer Jimmy Page mit seiner Gibson Les Paul.

Als Bonham 1980 starb, lösten Led Zeppelin sich konsequenterweise auf – doch anders als Plant, der eine erfolgreiche Solokarriere begann, kam Page über seine Band nie hinweg. Mit Plant und Beck machte er 1984 unter dem Namen The Honeydrippers eine Doo-Wop-Album, 1994 spielte er mit Plant für ein MTV-Unplugged-Album Zeppelin-Songs in akustischem Gewand neu ein. Mit einer jungen Rhythmusgruppe gingen die beiden auf Tournee und ließen die Songs von Led Zeppelin noch einmal aufleben und veröffentlichten 1998 das Album „Walking into Clarksdale“.

2001 zog Robert Plant einen Schlussstrich – und und Jimmy Page träumt wohl bis heute von einer Reunion. Zum Geburtstag haben wir sieben seiner besten Songs zusammengestellt.

1. Dazed and Confused („Led Zeppelin“, 1968)

Eine musikalische Geisterbahnfahrt ist dieses Stück, bluesgetränkt und durchdrungen von einer ungeheuren Dramatik. Im ganzen Song und insbesondere Pages Gitarrenarbeit schwingt ein Hauch dessen mit, was die 1968 in Birmingham gegründete Band Black Sabbath später zur Perfektion brachte.

2. Whole Lotta Love („Led Zeppelin II“, 1969)

Ein Gitarenriff für die Ewigkeit und unverhohlen artikuliertes körperliches Verlangen machen diesen viel gespielten Song bis heute hörenswert – besonders der psychedelische Mittelteil und das fulminante Gitarrensolo stechen heraus. Nicht ganz von der Hand zu weisen ist eine gewisse Ähnlichkeit mit „You Need Love“, einem R&B-Titel von Willie Dixon, den Muddy Waters 1962 aufnahm – und den die Small Faces 1966 gecovert haben.

3. Since I’ve Been Loving You („Led Zeppelin III, 1970)

Wer hat da gesagt, weiße Jungs könnten keinen Blues spielen? Dieser hier ist in tiefstem Moll, und Jimmy Page lässt die Gitarre singen, klagen und schreien, dass es eine wahre Freude ist.

4. Going To California („Led Zeppelin IV“, 1971)

Der Legende nach war Robert Plant in Joni Mitchell verliebt, als er den Text schrieb zu dieser zauberhaften Folknummer, aus der die kalifornische Sonne scheint. Jimmy Page stimmte beide E-Saiten auf D herunter und erdachte ein ausgeklügeltes Fingerpicking, das bis heute nichts von seinem Reiz verloren hat.

5. Kashmir („Physical Graffiti“, 1974)

Größer als in dieser bombastischer Komposition wird Rockmusik kaum – die Gitarre funkelt im Dreiertakt, Plants orientalisch angehauchtes Klagen darüber im Vierertakt. Dur und Moll wechseln fließend, und nicht wenige glauben, dass dieses progressive Stück der künstlerische Höhepunkt im Schaffen von Led Zeppelin ist.

6. Stairway To Heaven („Led Zeppelin IV“, 1973, „The Song Remains The Same“, 1976)

Spirituelle Grundfragen? Kapitalismuskritik? Oder doch nur Folklore? Bei diesem Evergreen darf sich jeder sein eigenes Bild machen. Jimmy Page jedenfalls hat hier ein ikonisches Zupf-Intro geschaffen, das seither Generationen von Gitarrenschülern nachzuspielen versuchen. Und das furiose Gitarrensolo am Schluss bleibt eines der schönsten aller Zeiten.

7. Friends („Led Zeppelin III“, 1970, und „No Quarter“, 1994, mit Jimmy Page)

Robert Plant und Jimmy Page nahmen in ihrer ersten Kollaboration seit dem Ende von Led Zeppelin im Jahr 1980 einige ihrer alten Hits und einige neue Nummern in akustischem Gewand auf – stellenweise unterstützt von marokkanischen Saitenkünstlern und einem ägyptischen Orchester. Dieser Song mit seiner ungewöhnlichen Harmonik war wie gemacht für dieses Konzept.