Dazu passt auch, dass Jürgen Kramny im Herbst noch als Trainer der zweiten VfB-Mannschaft auf der Kippe stand.
Diese Überlegungen gab es nicht. Sein Vertrag ist von Jochen Schneider verlängert worden, kurz bevor ich zum VfB gekommen bin. Und wie für alle Mitarbeiter galt auch für ihn, dass ich mir seine Arbeit erst einmal über ein Jahr betrachtet anschauen wollte. Dieses Jahr ist ja erst jetzt vorbei.
Überrascht werden Sie trotzdem sein, dass es mit Kramny bislang so gut zu funktioniert.
Jürgen macht einen sehr souveränen Eindruck und steht über den Dingen – auch wenn er mal in eine Schublade gesteckt wird. Anfangs hieß es, er spiele nur defensiv. Wenn man sich aber die Tore gegen Wolfsburg oder Köln anschaut, sieht man, dass die Bälle teils schon am gegnerischen Strafraum erobert wurden. So komplett anders ist sein Fußball also gar nicht. Er hat aber an einigen entscheidenden Stellschrauben gedreht.
Das ist nun auch Ihre Aufgabe, wenn es darum geht die neue Saison vorzubereiten. Mehrere Verträge laufen aus. Wie sieht Ihre Prioritätenliste aus?
Wir haben mit den betreffenden Spielern frühzeitig gesprochen. Jetzt wollen wir aber dem neuen Trainer erst einmal die Zeit geben, sich ein eigenes Bild zu machen. Denn auch wenn draußen manchmal etwas anderes zu den Zuständigkeiten bei der Kaderplanung behauptet wird – am Ende gibt es einen Mann, der mitentscheidet, ob er mit einem Spieler arbeiten will oder nicht. Und das ist der Cheftrainer.
Diese Bedenkzeit dürfte in den Fällen Schwaab und Niedermeier nötig sein – nicht aber bei Daniel Didavi. Haben Sie noch Hoffnung, dass er seinen Vertrag verlängert?
Wir sind mit Daniel in einem guten und engen Austausch, alles lief bislang korrekt ab. Klar: wenn man Spiele gewinnt und sich eine Perspektive eröffnet, erhöht es die Wahrscheinlichkeit, einen Spieler halten zu können. Wir leben aber nicht zwischen Hoffen und Bangen, sondern müssen uns an der Realität orientieren.
Die sieht so aus, dass Didavi zu den begehrtesten Spielern der Bundesliga gehört.
Mehr braucht man dazu nicht zu sagen.
War es trotzdem richtig, im August auf die 15 Millionen Euro zu verzichten, die Leverkusen für Didavi geboten hat?
Ich denke zuvorderst aus sportlicher und dann erst aus finanzieller Sicht. Ich weiß zwar über jeden Euro Personalkosten Bescheid, kenne mich in Abschreibungsmodellen aus und berücksichtige in Verhandlungen auch betriebswirtschaftliche Dinge. Wichtiger als Geld ist mir am Ende aber, dass wir ein starkes Team auf den Platz bringen. Diese Einstellung werde ich immer haben, solange mir unser Finanzvorstand Stefan Heim nicht sagt: ‚Jetzt ist aber Schluss, jetzt müssen wir Geld verdienen.’
Wie groß ist in der nächsten Transferperiode der Druck, Spieler zu verkaufen?
Grundsätzlich ist es so, dass wir von Zeit zu Zeit Ablösen generieren müssen. Es ist aber auch möglich, über gewisse Zeiträume ohne sie auszukommen. Das haben wir letztes Jahr geschafft, und wenn wir uns nach der Decke strecken würden, könnten wir vielleicht auch dieses Jahr so verfahren. Doch hat die Frage, ob wir Spieler abgeben, nicht nur etwas mit der Ablöse zu tun.
Sondern?
Mit Vorgesprächen, mit mündlichen Vereinbarungen, mit Zusagen den Spielern gegenüber. Wenn es laufenden Verträge gibt, kann man wie im Vorjahr bei Daniel Didavi und Filip Kostic zwar immer sagen: ‚Nein, wir geben den Spieler auf keinen Fall ab.’ Das ist rechtlich möglich – macht aber emotional nicht jedes Mal Sinn.
Wie meinen Sie das?
So lange wir nicht dauerhaft in der Tabelle oben stehen, müssen wir weiter die Marke aufbauen, die der VfB traditionell immer hatte. Zu ihr gehört, dass Spieler wissen: über den VfB können sie auch ihre persönlichen Ziele erreichen. Dafür gab es in der Vergangenheit viele Beispiele. Das ist einer unsere Trümpfe in Gesprächen mit möglichen Neuzugängen, denen wir sagen: ‚Kommt zum VfB, dann geht es entweder mit uns nach oben – oder ihr habt die Möglichkeit, euch für einen großen internationalen Club zu empfehlen.’