Das bedeutet, dass Filip Kostic Ihr Versprechen hat, im Sommer gehen zu dürfen.
Ich habe das ganz allgemein gemeint. Es geht dabei ja auch um die Außenwirkung. Bei den Spielern draußen darf nicht der Eindruck entstehen, dass der VfB sein Wort nicht hält.
Antonio Rüdiger spielt auf Leihbasis mit AS Rom in der Champions League. Allerdings wurde gerade in Ervin Zukanovic, den auch Sie wollten, ein neuer Innenverteidiger geholt. Kann es sein, dass Rom im Sommer Rüdiger wieder zum VfB zurückschickt?
Theoretisch ja. Rom hat keine Kaufverpflichtung, sondern eine Kaufoption. Die muss der Verein nicht ziehen, wenn er mit Toni nicht zufrieden ist. Für uns wäre es eine interessante Option, wenn er im Sommer wieder hier wäre. Dann hätten wir einen guten Innenverteidiger, der vielleicht mit zur EM fährt.
Ihnen würde aber eine Ablöse von neun Millionen Euro fehlen, die bereits verplant ist.
Es gehört zu unserem neuen Verständnis, dass wir Champions-League-erfahrene Leute wie Kevin Großkreutz und Artem Kravets in der Erwartungshaltung eines Verkaufs verpflichten – ohne zu wissen, ob diese Summe dann auch tatsächlich fließt. Wir tun also das, was die Leute landläufig meinen, wenn sie sagen: ‚Ihr müsst auch mal ins Risiko gehen!’ Jetzt werden wir abwarten, ob der AS Rom Toni Rüdiger fest verpflichtet. Wenn nicht, müssen wir schauen, wie wir es anderweitig hinbekommen. In jedem Fall hat es uns gutgetan, zwei solche Kaliber wie Kevin Großkreutz und Artem Kravets in den Kader zu holen.
Kevin Großkreutz hat in der Vergangenheit allerdings nicht nur auf dem Platz für Ausehen gesorgt. Wie passt das zu Ihrer Ankündigung, bei neuen Spielern auch die charakterliche Eignung genau prüfen zu wollen?
Die beiden Vorfälle, auf die Sie ansprechen, sagen doch nichts Grundsätzliches über den Charakter eines Menschen aus. Sonst dürfte ich hier nicht sitzen. Mit Mitte 20 habe ich auch verrückteste Sachen gemacht – es hat nur keinen interessiert.
Sie waren ja auch kein Fußballprofi, der in der Öffentlichkeit stand.
Wenn ich im Zusammenhang mit neuen Spielern von Charakter spreche, meine ich das: Wie sieht seine Einsatzbereitschaft aus? Wie ist um seine Liebe für den Beruf bestellt? Was hat er für eine Trainingsmentalität? Wie geht er mit Kollegen um? Die Antworten sind in Kevins Fall allesamt positiv ausgefallen. Deshalb gilt auch hier: manches ist spektakulärer dargestellt worden, als es der Realität entspricht. Das habe ich in den persönlichen Gesprächen mit ihm schnell feststellen können.
Merken Sie in solchen Gesprächen nicht auch, dass der VfB für ambitionierte Spieler nicht mehr so interessant ist?
Nein. Der VfB hat in Verbindung mit der Marke Bundesliga sogar eine enorme Strahlkraft. Die Bundesliga ist neben der Premier League die attraktivste Liga der Welt. Und der VfB einer der traditionsreichsten Clubs.
Neuerdings droht allerdings auch aus China Gefahr, wo den Kickern aus Europa Fantasiesummen geboten werden.
Es kommt immer auf die Motivation der Spieler an. Das muss jeder für sich entscheiden. Ich kann nur jedem empfehlen, den Sport in den Vordergrund zu stellen. Wenn sich einer allein für das Geld interessiert, kann China tatsächlich interessant werden. Dort gibt es in der Tat noch mehr Geld als in England. Ein solcher Weg führt aber häufig in die Sackgasse.
Wie meinen Sie das?
Bleiben wir in England: Dort holen die Vereine für viel Geld Spieler – und lassen sie nicht eine Minute spielen. Die Spieler dürfen trotzdem nicht mehr weg, weil ihr Verein auf das Geld nicht angewiesen ist. Dann verdienen sie zwar viel, spielen aber keinen Fußball mehr. Da wird sich mancher denken: ‚Wäre ich doch lieber in der Bundesliga geblieben.’