Mehr als 99 Sekunden konnte sich der Fahrroboter des Siegerteams beim diesjährigen Roborace an der Uni Stuttgart im Kreis halten. Bemerkenswert ist auch, dass sich ein Frauenteam in die Endrunde kämpfen konnte.

Stuttgart - Die „Drehtür des Todes“ dominiert den Hörsaal 57.01 der Universität Stuttgart. Die von Projektleiter Wolfgang Halter mit martialischen Worten beschriebene Vorrichtung sorgt bei vielen Studenten und Schülern auf den orangefarbenen Sitzbänken für rege Betriebsamkeit. Bis unmittelbar zum Startschuss der finalen Wettbewerbsrunde tüfteln sie an ihren Modellfahrzeugen und überprüfen am Laptop ein letztes Mal die Steuerungsprogramme.

 

Dann dürfen die ersten drei der 30 Teams, die aus 60 Vorrundenteilnehmern das Finale des Roborace 2016 erreicht haben, in die Manege. Die Sache gleicht einem Rodeo. Wie ein Reiter, der sich so lange wie möglich auf einem wilden Pferd im Sattel zu halten versucht, sollen auch die jungen Konstrukteure ihre fahrbaren Roboter so programmieren, dass diese sich möglichst lange auf einer kreisrunden, zwei Meter im Durchmesser großen Platte halten können, ohne von einer dreiflügeligen Drehtüre erwischt zu werden oder von der Bahn zu fallen. Dabei dreht sich die Türe in wechselnder Geschwindigkeit, allerdings nur in eine Richtung.

Auch einen Kreativitätspreis gibt es

„Die Roboter haben zwei Schwierigkeiten zu meistern: die Kreisbahn zu halten und den Abstand nach vorn und hinten zu den Drehtürflügeln zu wahren“, beschreibt Wolfgang Halter vom Institut für Systemtheorie und Regelungstechnik die Aufgabe, die theoretisches Wissen und praktische Umsetzungsgabe erfordert. Alle Teilnehmer bekamen den gleichen Baukasten mit einem Set an Sensoren und Motoren zur Verfügung gestellt. Wie der Lego-Mindstorms-EV3-Roboter am Ende aussieht, liegt ganz in der Phantasie der jungen Tüftler. Für die pfiffigste Lösung gibt es am Ende einen Kreativitätspreis.

Für die, die den Wettbewerb sportlich sehen, geht jetzt die Jagd auf die beste Zeit los. Das Team Digibots, mit 93 Sekunden das beste aus der Vorrunde, wird seiner Favoritenstellung im ersten von zwei Finaldurchgängen nicht gerecht. Mit 51 Sekunden und Platz 8 droht der Traum vom Gesamtsieg zu platzen. Die fünf Studenten stecken in der 15-minütigen Pause vor dem zweiten Lauf angestrengt ihre Köpfe zusammen. Woran liegt’s? Einer hat schließlich die Idee, die aufgespielte Software wieder ein Stück weit zu entrümpeln. „Die Durchlaufzeit des Programms hat zu lange gedauert“, vermutet Reinhard, mit 29 Jahren der älteste des multikulturellen Teams mit zwei Indonesiern, einem Tunesier und zwei Deutschen. Über 30 Stunden für das Gefährt und 25 Stunden für die Software haben sie im Vorfeld investiert.

Digibots können sich steigern

Die Fehlersuche ist erfolgreich. Digibots legt im zweiten Lauf mit 99,4 Sekunden eine neue Bestzeit vor, erreicht das Finale der besten drei. Andere können ihre Zeit aus dem ersten Durchgang nicht steigern. Victorious Secrets und Heisenbergsche Siegesrelation kann das egal sein. Ihre Erstlaufzeiten mit 88 und 69 Sekunden bedeuten die Eintrittskarte in das finale Rennen. Der Stolz ist ihnen ins Gesicht geschrieben. Die vier Studentinnen vom Secrets-Team haben gezeigt, dass Technische Kybernetik keine reine Männerdomäne sein muss, auch wenn weibliche Teilnehmer in diesem Wettbewerb die deutliche Minderheit sind. Und die fünf Elftklässler des Heißenberg-Gymnasiums aus Göppingen freuen sich, die Nase vor vielen älteren Gegnern zu haben. „Wir wollen Informatik oder Technische Kybernetik studieren“, steht für die angehenden Abiturienten Fabian und Moritz fest. Die Uni macht mit dem zum 16. Mal durchgeführten Roborace erfolgreich Nachwuchswerbung.

Im Finalrennen wird der Schwierigkeitsgrad noch einmal erhöht, die Drehtüre läuft schneller und variiert die Geschwindigkeit noch abrupter. Digibots kommt mit dem wilden Rodeo am besten zurecht, kann sich 26 Sekunden länger im Kreisverkehr halten als die anderen beiden. Das ist der Sieg.