Überall auf der Welt liegen kooperative Roboter im Trend, die eng mit dem Menschen zusammenarbeiten. Doch in Deutschland gibt es Hindernisse – sagt der japanische Hersteller Fanuc, der sein europäisches Entwicklungszentrum im baden-württembergischen Neuhausen hat.

Neuhausen - Die Fabrik der Zukunft steht in Oshino am Fuße des Berges Fudschi. Hier arbeiten Roboter, die Roboter bauen. Unermüdlich, 24 Stunden am Tag, 7000 Stück im Monat. Viele werden anschließend in Japan verkauft, andere nach China verschifft. Doch ein Teil der brandneuen Roboter tritt eine 8000 Kilometer weite Reise an – bis nach Neuhausen auf den Fildern.

 

Dort, südlich von Stuttgart, liegt seit 1991 die Deutschlandzentrale des japanischen Roboterherstellers Fanuc. Von hier aus werden die vielseitigen Maschinen ins ganze Bundesgebiet ausgeliefert. Rund 14 000 waren es im vergangenen Jahr.

Fanuc nennt Baden-Württemberg führend bei Robotern

Neben dem Vertrieb und Service ist in Neuhausen seit Kurzem auch das europäische Entwicklungszentrum von Fanuc zu Hause. „Baden-Württemberg ist ein herausragender Standort für Automatisierung und Werkzeugmaschinenbau auf dem Kontinent“, sagt Europachef Shinichi Tanzawa. Durch das Entwicklungszentrum könne den Anforderungen deutscher Kunden künftig noch besser entsprochen werden.

Zu den wichtigsten Abnehmern des Industrieroboterherstellers zählen Automobilhersteller und -zulieferer. Die Bandbreite der Kunden ist groß und reicht von der Pharmaindustrie über den Bausektor bis hin zu Nahrungsmittel- und Agarwirtschaft. Weil die Anwendungsmöglichkeiten ständig zunehmen, rüsten immer mehr Unternehmen ihre Fabriken damit auf. Bis 2020 dürfte der weltweite Bestand an Industrierobotern von 1,8 Millionen (Stand 2016) auf 3,1 Millionen steigen, schätzt der Branchenverband IFR

Ohne Roboter keine Industrie 4.0

Roboter sind ein wichtiger Bestandteil der sogenannten Industrie 4.0. Hinter dem Schlagwort verbirgt sich die Idee, Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte direkt miteinander zu vernetzen. Dadurch, so die Hoffnung, könnten nicht mehr nur einzelne Produktionsschritte, sondern ganze Wertschöpfungsketten optimiert werden. Mit ihren digitalen Schnittstellen lassen sich Roboter nahtlos in diese vernetzten Strukturen integrieren. Letztlich kann so nicht nur die Produktion beschleunigt werden, sondern die Daten werden genutzt, um die angeschlossenen Geräte rechtzeitig zu warten und künftige Anwendungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Entsprechend gut laufen die Geschäfte von Roboterherstellern wie der Schweizer ABB, der japanischen Yasukawa oder des von chinesischen Investoren aufgekauften Augsburger Unternehmens Kuka. Fanuc selbst hat Schätzungen zufolge im gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr einen Umsatz- und Gewinnanstieg von mehr als 40 Prozent erreicht. Um die wachsende Nachfrage zu bewältigen, hat Fanuc die Kapazitäten erhöht. Ab August sollen in Oshino 11 000 statt bisher 7000 Roboter monatlich gefertigt werden. Gemessen an der Stückzahl dürfte Fanuc damit auch künftig Weltmarktführer für Industrieroboter bleiben.

Demografische Entwicklung treibt den Einsatz von Robotern an

Ein Grund für den Erfolg der Japaner ist der eigene Heimatmarkt. „Die Automatisierung ist in Japan viel weiter fortgeschritten als in Deutschland“, berichtet Technik-Geschäftsführer Matthias Fritz. Während viele Unternehmen hierzulande Fertigungen nach Osteuropa auslagerten, um Lohnkosten zu sparen, taten sich Nippons Firmen damit in Asien schwerer. Zwar war China lange ein Niedriglohnland, doch Streit um Patentrechte sowie politische Auseinandersetzungen hielten viele japanische Unternehmen von einer Umsiedlung ab. Daraus ergab sich die höhere Ausstattung mit Robotern.

Mehr als Kostensenkungen treibt die demografische Entwicklung inzwischen den Roboterabsatz an – auch in Deutschland. Befürchtungen, dass Roboter in Zukunft den Menschen ihre Jobs wegnehmen und dadurch allein in Deutschland Millionen von Jobs wegfallen könnten, weist Europa-Chef Tanzawa zurück.

„Roboter machen Firmen wettbewerbsfähiger“

„Roboter nehmen Menschen harte körperliche Arbeit ab und machen Unternehmen wettbewerbsfähiger“, sagt er. So entstünden neue Jobs in Vertrieb, Service und Verwaltung. Außerdem gebe es auch in der Produktion Aufgaben, die von Menschenhand erledigt werden müssten. Selbst in Fanucs Vorzeigefabrik in Oshino arbeiten neben 4000 Robotern 1000 Arbeiter.

Doch so reibungslos, wie die Mensch-Maschine-Kooperation in manchen Science-Fiction-Filmen dargestellt wird, läuft es nicht. Selten werkeln Beschäftigte und ihre stählernen Kollegen Seite an Seite. Aus Sorge vor Unfällen werden Industrieroboter meist hinter Absperrgittern eingesetzt, mit sicherem Abstand zu den Arbeitern. Doch das könnte sich künftig ändern.

Kooperative Roboter haben es in Deutschland schwer

So hat Fanuc, deren 170 Robotermodelle sonst strahlend gelb lackiert sind, eigens eine grüne Modellreihe entwickelt. Diese „kooperativen“ Geräte bleiben stehen, wenn sie an einen Widerstand stoßen, oder arbeiten langsamer, wenn Sensoren ungewöhnliche Bewegungen melden. Dadurch wird das Verletzungsrisiko minimiert. Doch während kooperative Roboter im Ausland großen Anklang finden, schränken die Sicherheitsbestimmungen in Deutschland ihren Einsatz stark ein, berichtet Fritz. Für einen wirklichen Durchbruch in der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine seien Neuregelungen nötig sowie ein Umbau der bisherigen Fertigungsweise.

„Heutzutage ist der Produktionsablauf stark taktgesteuert“, sagt Fritz. Auf einer Anlage werden die Produkte Schritt für Schritt gefertigt. Das schränkt die Einsatzmöglichkeiten von Robotern ein. Erst wenn dereinst Menschen und Maschinen frei zusammenkommen und Produktionsschritte nicht mehr an einen vorgegebenen Takt gebunden sind, ist die Automatisierung perfekt. Bis dahin werden noch viele Roboter vom Band laufen.

Roboter im weltweiten Einsatz

Ende 2016 waren rund um den Globus insgesamt 1,83 Millionen Industrieroboter im Einsatz. Bis 2020 könnte sich ihre Zahl auf 3,05 Millionen erhöhen, schätzt die International Federation of Robotics (IFR). Der jährliche Umsatz mit Industrierobotern übertrifft 13 Milliarden US-Dollar (Stand 2016). Rechnet man die Kosten von Software, Zubehör und Systementwicklung hinzu, dürfte das Geschäft mit den Robotern jährlich mehr als 40 Milliarden US-Dollar erreichen.

Die meisten Industrieroboter werden in China verkauft. Allein 2016 wurden im Reich der Mitte mehr als 190 000 Stück verkauft – weit mehr als in Europa, wo immerhin 56 000 Einheiten abgesetzt wurden. Größte Einzelmärkte nach China sind Südkorea, Japan, die USA und Deutschland.

Vor allem die Automobilbranche investiert kräftig in die Automatisierung, aber auch die Elektronikindustrie ist ein wichtiger Abnehmer von Industrierobotern. Auf Platz drei liegt die Metallindustrie, gefolgt vom Chemiesektor und Lebensmittelherstellern.