Seine erste Single hat Peter Kraus 1956 eingespielt: eine deutsche Variante des Rock’n’Roll-Hits „Tutti Frutti“. Seitdem ist er unermüdlich im Geschäft. Aber mit 80 Jahren, gesteht er im Interview, denkt er nun doch ernstlich ans Aufhören.

Frankfurt/Main - Der Sänger und Schauspieler Peter Kraus ist ein Geburtshelfer des Rock’n’Roll in Deutschland und blickt auf eine mehr als 60-jährige Karriere zurück. Der in München geborene Österreicher ist auch mit 80 Jahren noch auf der Bühne aktiv. Doch nach seiner Jubiläumstournee im Herbst soll endgültig Schluss sein, verrät das Teenageridol der 50er Jahre nun.

 

Haben Sie Ihren Unfall bei einer Spielshow vor knapp zwei Jahren mit einer gebrochenen Schulter gut überstanden?

Wieder gut, alles bestens, Danke!

Mit fast 80 bringen Sie noch immer den Hüftschwung. Wie lange geben Sie noch den Rock’n’Roller auf der Bühne?

Ich habe mehrfach das Ende angekündigt. Irgendwann muss einmal Schluss sein: Das ist jetzt definitiv meine letzte Tournee.

Warum kommen neben vielen alten auch jüngere Fans zu ihren Konzerten?

In allen Programmen habe ich versucht, etwas zu tun, was die Jugend interessieren könnte. Dabei bin ich selbstironisch. Auch gibt es eine allgemeine Begeisterung an den 50er Jahren - etwa in Musik und Mode. Wenn junge Leute zu den Konzerten kommen, ist die Stimmung besser und nicht so nostalgisch.

In den vergangenen Jahren haben Sie auch mit jungen Musikern zusammengearbeitet. Interessiert Sie die Musik von heute?

Irgendwann bleibt man seinem Stil treu, einer swingenden Musik, die groovt. Meine aktuelle Show hat den Zeitgeist der 50er Jahre, ist zum Zuhören und Ausflippen, ohne große Licht- und Elektronik-Effekte. Ich singe viele Balladen, bin mit der Gitarre allein auf der Bühne, es gibt Hammondorgel - das wird keine Partyveranstaltung. Der Rock’n’Roll geht in die Beine, viel mehr als die „schlagerartige Marschmusik“ heute.

Mief oder wilde Zeit: Wie haben sie die persönlich die 50er Jahre in Deutschland erlebt?

Als „Frontmann“: Ich war der erste, der hier mit Rock’n’Roll angefangen hat. Es war eine andere, wilde Zeit, in der im Verschwiegenen vieles ging, ohne dass es gleich an die große Glocke gehängt wurde und durch die sozialen Medien ging. Das war das Schöne.

Wie kam es zur Idee, dem Rock’n’Roll deutsche Texte zu verpassen? Und warum ist diese Musik trotz vieler Widerstände bis heute angesagt?

Als junger Bursche hörte ich den US-Radiosender AFN in München. Das war eine Musik, speziell für die Jugend gemacht. Man hatte das Gefühl, dass eine neue Zeit anbricht. Bei den Eltern in Deutschland und in den USA war der echte Rock’n’Roll verhasst, weil er von den Schwarzen kam. Am liebsten hätten sie ihn verboten - das macht ihn bis heute erfolgreich.

Was ist Ihre Formel, bis ins hohe Alter jung, fit und auch glücklich zu bleiben?

Das ist meine Lebenseinstellung, die ich im Rock’n’Roll gefunden habe: Man muss sein Ding machen, etwas durchziehen - auch wenn das rebellisch klingt. Ich habe meine Jugend, mein Leben genossen. Ich feiere mit meiner Frau Ingrid in diesem Jahr Goldene Hochzeit und habe mich in meinem Leben nicht verbogen. Man muss in seinem Leben neue Facetten entdecken, sich auch von alten Dingen verabschieden. So bleibt man jung.

Denken Sie über die eigene Endlichkeit nach?

Ehrlich gesagt, grüble ich nicht viel. Man steckt sich schon mal ein Pfeifchen oder eine Zigarre an und denkt darüber nach. Aber nach der Feier mit guten Freunden wird die Zahl 80 wieder ganz schnell vergessen. Auf meinen Rennwagen habe ich mir übrigens eine „80“ gemalt - mit dem Zusatz „since 1939“. Ich lebe lieber so, als ob ich die 100 erreichen würde.

Info: Auf seiner Abschiedstournee kommt Peter Kraus auch nach Stuttgart: am 28. Oktober 2019 in den Beethoven-Saal der Liederhalle.