Er nannte sich „The Fat Man“, besang den „Blueberry Hill“ und hob den Rock’n’Roll mit aus der Taufe: Der schwarze Pianist und Sänger Fats Domino war ein echter Klassiker der modernen Musik. Nun ist er in seiner Heimatstadt New Orleans gestorben.

Kultur: Jan Ulrich Welke (juw)

Stuttgart - Totgesagte leben länger, heißt es – und bewahrheitet hat sich der Spruch bei Fats Domino, der 1928 in New Orleans als Antoine Dominique Domino geboren wurde, zeitlebens in Louisiana gewohnt hatte und dort Dienstagnacht nach einem langen Leben im Alter von 89 Jahren in einem Vorort seiner Geburtsstadt gestorben ist, gleich in doppelter Hinsicht.

 

Zum einen hat man den Pianisten vor zwölf Jahren schon einmal für tot erklärt – damals im August 2005, als der Hurrikan Katrina seine Heimatstadt und insbesondere das Viertel überschwemmte, in dem der achtfache Vater Fats Domino mit seiner Jugendfreundin Rosemary Hall lebte, die er 1948 geheiratet hatte. Sein Haus und sein Büro wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen, von Domino fehlte zwei Wochen lang jede Spur. „R.I.P. Fats, you will be missed“ hatte schon jemand als Graffito an seinen Balkon gesprüht, als der Musiker schließlich von einem Helikopter der Küstenwache gerettet wurde. Zum zweiten stimmt der Spruch ein Stück weit auch in künstlerischer Hinsicht. In den späten sechziger Jahren ließ sein Erfolg stark nach, sein letztes richtiges Album ist 1979 erschienen, auf Tournee ging er seit den frühen Neunzigern auch nicht mehr.

Ein Freund der Cajun-Küche

Als Begründung dafür nannte er, dass er ein blendendes Auskommen mit seinen Tantiemen habe, ohnehin nicht gerne auf Tour sei und vor allem nirgendwo das Essen bekomme, das ihm schmecke. Dass er der geschätzten Cajun-Küche oft und gerne zusprach, war ja auch – obwohl er in den letzten Jahren etwas abgespeckt hatte – nicht zu übersehen. Fats nannte er sich, „The fat Man“ hieß seine erste Single, und ganz schön massig war er auch selber.

Üppige Erfolge feierte er aber ebenfalls reichlich: vom endgültigen Durchbruch 1955 mit „Ain’t that a Shame“ und dem Welterfolg „Blueberry Hill“ 1956 über das in den Neunzigern für eine Tankstellenkettenwerbung recycelte „I’m walking“ bis hin zu „Whole lotta Loving“. Den Rang liefen ihm erst zwei Jungspund-Bands ab, die er zuvor selbst mit Coverversionen in den sechziger Jahren überhaupt erst in seiner amerikanischen Heimat eingeführt hat, die Beatles und die Stones.

Ein Meister des Boogie Woogie

Wandlungsfähig war sein musikalischer Ausdruck allerdings eher nicht. Fats Domino blieb bei seinem Leisten. Er spielte Rhythm & Blues reinsten Wassers, und obwohl der Boogie Woogie schon knapp nach der Wende zum 20. Jahrhundert aufkam: Seine Deutung dieses Musikstils war und ist es, die stellvertretend für dieses Genre steht. Das er bereichert, geprägt und untrennbar mit seinem Namen verbunden hat. Was ihn zu einer der großen amerikanischen Musiklegenden werden ließ.

In den letzten Jahren hat er sich fast völlig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, nur sein eigenes Album „Alive and Kickin’“ und das Tributealbum „Goin’ Home“, deren Erlöse beide dem Wiederaufbau seiner geliebten Heimatstadt zugutekamen, brachten ihn noch einmal in die Öffentlichkeit. Die einzige Ausnahme war viele Jahre lang sein alljährlicher umjubelter Auftritt auf dem berühmten Jazz & Heritage Musikfestival. In New Orleans. Wo auch sonst.