Der Nierentisch ist gefragt. Und so mancher Student breitet über sein Sofa eine Rüschendecke. Die 50er Jahre sind wieder da. Beschert hat sie uns die Sehnsucht nach der guten alten Zeit, die angeblich so heile war. Das Programm zur Nostalgiewelle gibt’s im Varieté.

Stuttgart - Als der King noch ein Prinz war, süße 17, da klopfte er an die Tür des Studios von Sam Philips. Er wollte eine Platte für seine Mutter aufnehmen. Zwei Titel sang Elvis an jenem 19. Juni 1953, „That’s When Your Heartaches Begin“ und „My Happiness“. Knapp 4 Dollar zahlte er dafür. Später kehrte er immer wieder in die Union Avenue zurück, um Platten aufzunehmen. Als der King of Rock’n’Roll, Elvis Presley, geboren in Tupelo/Mississipi, gemacht von Sam Philipps in Memphis/Tennessee. Und so verwundert es nicht, dass Max Nix und Willi Widder Nix in ihrer Show „Rockabilly“ im Friedrichsbau Varieté der Authentizität wegen nicht nur auf kiloweise Pomade im Haar, sondern auch auf Künstler aus Tennessee vertrauen. Sie haben schließlich den Rock’n’Roll im Blut.

 

„Tennessee ist groß“ sagt Max Nix, was erklärt, dass es sich über den Ozean erstreckt. „Tennessee liegt in England, deshalb reden wir auch englisch“, erklärt er dem Publikum. Der Ton ist gesetzt. Natürlich lässt sich Nostalgie nur ironisch gebrochen ertragen, so wie die Kuckucksuhr an der Wand und der Gartenzwerg auf der Terrasse nur als Zitat zu verstehen und keineswegs ernst gemeint sind. Thomas Nigl und Marco Pfriemer meinen wenig ernst, wenn sie in ihre Rollen als Max Nix und Willi Widder Nix schlüpfen. Vor neuen Jahren haben sie bereits in Stuttgart auf Alphörnern gerockt und der Wirtschaftswunderzeit in der Produktion „Lollipop“ ein Denkmal gesetzt. Die Show kam so gut an, dass die beiden seitdem mit ihr durch Deutschland touren. Mehrmals gehäutet und gewendet wurde sie schließlich zu „Rockabilly“, gastierte unter anderem in Hannover, München, Bremen, Münster, und kehrt nun nach Stuttgart zurück. Allerdings frisch geliftet.

Frau Schmidt kann Meerschweinchen nachmachen

Mit dabei sind Frau Schmidt und Toni Farello aus Berlin, Tennessee. Frau Schmidt putzt, Toni Farello ist Türsteher im „Rockabilly-Club“. Nebenbei fahren sie Einrad, hüpfen auf dem Trampolin, und toben sich als Akrobaten aus. Zudem kann Frau Schmidt sensationell gut Eichhörnchen und Meerschweinchen nachmachen.

Was das mit Rock’n’Roll zu tun hat? Nun, der einst bettelarme Elvis soll als Kind frittierte Eichhörnchen gegessen haben. Und in Amerika gibt es tatsächlich eine Rockband namens Meerschweinchen. Doch die kommt nicht aus Tennessee. Und darf deshalb nicht im Varieté auftreten. Ganz anders als Fräulein Hildegard aus Prag/Tennessee. Wer glaubt, Seilspringen sei ein Kinderspiel, der muss Anezka Bockova zuschauen. Sie wirbelt in Windeseile über die Bühne, kein Wunder, hat sie doch schon bei Weltmeisterschaften im Seilspringen mitgemacht.

Hula-Hoop als gelebte Emanzipation

Hula-Hoop-Reifen, die hat auch jeder schon mal zum Kreisen gebracht. Oder hat es zumindest versucht. Johnny B. Hoops aus Moskau/Tennessee alias Igor Boutorine zeigt, was man mit den altehrwürdigen Holzreifen alles anstellen kann. Er ist einer der wenigen männlichen Artisten, der mit einer Hula-Hoop-Nummer auftritt. Das ist gelebte Emanzipation.

Temporeich geht es auch bei Rokko Valentino aus Rimini, Tennessee zu. Valentino Bihorac spielt mit schwarzer Lederjacke und Tolle den Herzensbrecher. Er ist Speedjongleur. So nennt man es, wenn man Keulen, Bälle und Reifen möglichst zügig zwischen den Händen hin und her wirbelt.

Marie-Ann aus Quebec, Tennessee steht ständig an der Bar und kippt einen Cocktail nach dem anderen. Das schadet ihrem Gleichgewichtsgefühl jedoch nicht. Sie turnt am Luftring hoch über der Bühne.

All das wird verbunden durch die Sprüche und Ansagen der doppelten Nix und den Liedern von Little Richard, Chubby Checker, The Coasters, Buddy Holly, Jerry Lee Lewis und all den anderen Großen der Ära. Und wer fehlt noch? Natürlich der King höchstpersönlich, Elvis Presley aus Memphis, Tennessee. Man darf gespannt sein, ob er sich sehen lässt in den nächsten Monaten – in Stuttgart, Tennessee.

Die Premiere von „Rockabilly“ ist diesen Freitag um 20 Uhr im Varieté, Siemensstraße 15. Bis zum 19. Juni wird mittwochs bis samstags um 20 Uhr gespielt, sonntags um 18 Uhr. Die Karten kosten zwischen 28 und 58 Euro. Am 28. April gibt es um 15.30 Uhr eine Nachmittagsvorstellung. Am 30. April wird nach der Show in den Mai getanzt. Und am 8. Mai feiert „Rockabilly“ Muttertag. Karten über tickets@friedrichsbau.de oder 07 11 / 2 25 70 70.