Rockerbanden wie die Hells Angels betrieben neuerdings gezielt imagepflegende Öffentlichkeitsarbeit, meint Innenminister Gall Reinhold (SPD) – und warnt vor Verharmlosung.

Stuttgart - Der baden-württembergische Landtag hat vor einer Verharmlosung von Motorradbanden gewarnt. „Die Rocker sind keine harmlosen Wildlinge mit langen Haaren, die ein bisschen gefährlich aussehen und gerne Motorrad fahren“, warnte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nikolaos Sakellariou. „Wir haben es mit Kriminellen der übelsten Sorte zu tun.“ Er verwies darauf, dass inzwischen fast zwanzig Prozent der organisierten Kriminalität den Rockerbanden zugeschrieben werden. Es gehe vor allem um Menschenhandel, Prostitution, Drogen und schwerste Gewaltdelikte.

 

Die Rocker betrieben neuerdings Öffentlichkeitsarbeit und versuchten ihr Image aufzupolieren. In Reutlingen etwa inszenierte der dortige Hells-Angels-Chef jüngst in der Marienkirche seine Hochzeit, vergangenes Wochenende demonstrierten etliche vor dem Gefängnis in Stuttgart-Stammheim gegen die Verhaftung eines Mitglieds. „Wir Bürger müssen davor geschützt werden, dass die Rocker in ihrem martialischen Auftreten den öffentlichen Raum besetzen“, forderte Sakellariou, die „Fratze der Rockerkriminalität“ müsse erkannt werden.

Vereinsverbot ist scharfes Schwert

Mehr als 800 Personen zählen in Baden-Württemberg zu diesen organisierten, streng hierarchisch strukturierten Banden, den Hells Angels, den Bandidos, Gremium und den Outlaws. Dazu kämen weitere rund 1000 Personen von rockerähnlichen Gruppierungen wie den Black Jackets und den United Tribuns, die „große Sorge und große Probleme“ bereiteten, erklärte der Innenminister Reinhold Gall (SPD). Wegen zahlreicher Straftaten hatte Gall vor einem Jahr das Pforzheimer Hells Angels Charter Borderland verboten. Im Frühjahr dieses Jahres ging die Pforzheimer Polizei mit einer Razzia gegen den Club vor, da er sich nicht an das Verbot gehalten hatte. Der Innenminister zeigte sich zuversichtlich, dass „das scharfe Schwert Vereinsverbot“ letztinstanzlich bestätigt werde.

Thomas Blenke, der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, sagte dem Innenminister Unterstützung bei der Bekämpfung der Motorradbanden zu. Es dürfe nicht akzeptiert werden, dass diese mit ihrem Ehrenkodex bis hin zur Selbstjustiz sich über den Staat stellten. „Das staatliche Gewaltmonopol muss unverrückbar bleiben“, betonte Blenke.

Banden haben mafiöse Strukturen

Auch für Ulrich Sckerl, den Innenexperten der Grünen, ist „die Zeit der Romantik“ vorbei. Die Banden hätten mafiöse Strukturen. Die Schwerpunktbildung bei Polizei und Landeskriminalamt sei das richtige Mittel, diese organisierte Kriminalität besser zu bekämpfen. Sckerl und der FDP-Abgeordnete Ulrich Goll mahnten jedoch, nicht alle Motorradfahrer in Sippenhaft zu nehmen. „Wir wollen Kriminelle bekämpfen, nicht Motorradfahrer“, sagte Goll, der an diesem Morgen seine Harley „vorsichtshalber in der Garage gelassen“ hatte.