Das Amtsgericht hat am Donnerstag vier junge Männer verurteilt, die am Aufmarsch zweier verfeindeter Rockergruppen in Ludwigsburg beteiligt waren. Sie sollen mit Schuld an einer bedrohlichen Situation sein, die fast eskaliert wäre.

Ludwigsburg - Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen ist am Donnerstag ein Prozess gegen vier junge Männer am Amtsgericht Ludwigsburg über die Bühne gegangen. Sie waren im März an einem Aufmarsch in Ludwigsburg beteiligt gewesen. Dabei hatten sie Parolen der verbotenen Rockergang Red Legions gebrüllt und sich Polizeibeamten widersetzt. Deshalb wurden sie nun wegen gemeinschaftlichen Landfriedensbruchs, gemeinschaftlichen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz verurteilt.

 

Wegen ihrer langen Vorstrafenregister müssen ein 19-Jähriger und ein 21-Jähriger für zwei Jahre beziehungsweise zwei Jahre und drei Monate hinter Gitter. Die beiden anderen 18 und 19 Jahre alten Angeklagten wurden zu jeweils 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Gleich zu Beginn der Verhandlung hatten sich das Gericht, die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung auf einen Deal geeinigt: Bei einem Geständnis sollte die Strafe vergleichsweise milde ausfallen. Daraufhin gaben alle Angeklagten die Vorwürfe zu.

Rolle der Angeklagten in Rockergang bleibt unklar

Allerdings wollte sich keiner der Angeklagten konkret zu den Vorfällen äußern. So blieb unklar, wie stark sie mit den sogenannten Stuttgarter Kurden verbunden sind, die als Nachfolger der seit 2013 verbotenen rockerähnlichen Gang Red Legions gelten. Fest steht hingegen, dass alle Vier am 29. März im Pulk der Bande mitmarschierten, als diese am Abend in Ludwigsburg auflief. Der für den Auftritt war ein Aufmarsch der verfeindeten United Tribuns, ebenfalls eine rockerähnliche Vereinigung, gewesen.

Diese hatten zunächst eine Machtdemonstration in Stuttgart geplant – als Antwort auf ein Facebook-Video der Kurdengruppe, in dem eine Rockerjacke der United Tribuns verbrannt worden war. Doch die Polizei hatte vorgesorgt und den Großteil der Gangmitglieder am Stadtrand gestoppt. Deshalb wich die Gruppe nach Ludwigsburg aus – und die Stuttgarter Kurden zogen mit. So fanden sich gegen Abend an die 200 Rocker am Arsenalplatz ein.

Schlachtrufe der verbotenen Red Legions gebrüllt

Auch dort wurden die rund 140 United Tribuns von der Polizei zusammengedrängt und am Arsenalplatz eingekesselt. Gleichzeitig näherten sich etwa 50 Mitglieder der Stuttgarter Kurden vom Bahnhof her, darunter die vier Angeklagten. Als sie bemerkten, wie sich die Polizei formierte, wichen sie in Richtung des Schillerplatzes zurück. Doch dort standen inzwischen weitere Einsatzkräfte der Polizei bereit, die nun auch die Gruppe der Kurden umstellen wollten. Daraufhin begannen diese, auf die Beamten zuzurennen, um die Kette mit voller Wucht zu durchbrechen. Dabei brüllten sie lauthals Schlachtrufe der Red Legions.

Die Angeklagten bestätigten zwar, dass sich die Situation in etwa so dargestellt habe. Allerdings hätten sie die Polizisten keinesfalls mit Absicht gerammt. Vielmehr seien sie von der Menge mitgerissen worden: Wäre er stehen geblieben, wäre er von der Masse totgetrampelt worden, erklärte ein 19-jähriger Angeklagter dem Gericht. Sein gleichaltriger Kumpan machte zudem geltend, dass nicht er Gewalt angewendet habe, sondern dass er von einem der Beamten mit einem Schlagstock an der Stirn verletzt worden sei.

Situation wäre offenbar fast eskaliert

In der Tat hätten sich die Gewalttätigkeiten aller vier Angeklagten „im unteren Bereich“ abgespielt, räumte die Vorsitzende Richterin ein. Gleichwohl sei die Außenwirkung und die Gefahr eines solchen Aufmarsches nicht zu unterschätzen. Allein die Zusammenrottung auf dem Arsenalplatz sei für viele Bürger Angst einflößend gewesen, zudem sei die Stimmung enorm aufgeheizt gewesen: „Da hätte ein Funke ausgereicht, und die Situation wäre eskaliert“, sagte sie. „Das darf nicht sein.“

Für zwei der vier Angeklagten dürfte das Urteil vom Donnerstag ein letzter Warnschuss sein. Denn die beiden drogenabhängigen jungen Männer sind wegen zahlreicher Delikte vorbestraft und standen zur Tatzeit im März unter Bewährung. Statt ins Gefängnis dürfen sie nun eine stationäre Suchttherapie absolvieren. Wenn sie diese nicht durchstehen sollten, müssen sie allerdings hinter Gitter.