Ein Beamten-Großaufgebot hat im Mordprozess am Landgericht Sympathisanten der Rockerbanden auf Abstand gehalten. Ein Opfer nannte am zweiten Verhandlungstag den Namen eines der elf Angeklagten, der auf ihn eingestochen haben soll.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart/Esslingen - Mehr als hundert Polizisten sind am Mittwoch vor dem Stuttgarter Landgericht aufmarschiert. Sie hielten sich bereit, um ein Aufeinandertreffen von Sympathisanten der Banden Red Legion und Black Jackets zu verhindern. Diese waren in großer Zahl angerückt, weil ein mutmaßliches Ex-Mitglied der Black Jackets vernommen wurde, das zu den Opfern eines Überfalls in Esslingen im vergangen Dezember gehört. Bei dem Angriff war ein Mann durch Messerstiche getötet worden. Vor Gericht müssen sich nun elf Mitglieder der Red Legion unter anderem wegen gemeinschaftlichen Mordes verantworten.

 

Opfer identifiziert einen Messerstecher

Flankiert von zwei Polizisten nannte der Zeuge, ein 22 Jahre alter Mann, dessen Bruder der tödlich Verletzte war, Namen von Beteiligten. Demnach sei er selbst von zwei 22 und 23 Jahre alten Angeklagten mit Faustschlägen malträtiert worden, erklärte der Esslinger. Zudem identifizierte er einen 27 Jahre alten Beschuldigten, der ihm mit einem Messer in den Rücken gestochen haben soll. Die Person, die ihm einen Stich in den Bauch versetzt hatte, konnte der Zeuge aber nicht erkennen.

Vor dem Angriff seien er und ein Bekannter unter einem Vorwand aus einer Bar am Esslinger Obertor gelockt worden, in der man sich mit neun Freunden zu einer Geburtstagsfeier getroffen habe, so der Zeuge. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Gruppe aus ehemaligen Mitgliedern der Black Jackets Stuttgart bestand. Ein 25 Jahre altes Red-Legion-Mitglied habe zunächst den ehemaligen Präsidenten der Black Jackets für ein Gespräch nach draußen gebeten. Der Ex-Chef sei auch ins Freie getreten, dort aber sofort mit zwei Messerstichen in den Bauch niedergestreckt worden. Während der Zeuge als zweiter schwerste Stichverletzungen erlitt, kam für seinen ein Jahr älteren Bruder jede Hilfe zu spät. Der Zeuge selbst erlitt bei der Attacke lebensgefährliche Verletzungen an Lunge und Leber. Bis heute leidet er an Atembeschwerden, Schlafstörungen und Depressionen. Seinen Eltern habe er davon abgeraten, den Prozess zu besuchen. „Die Belastung wäre zu stark“.

Fahrzeugkontrollen rund um das Gerichtsviertel

Jeweils mehr als 30 Sympathisanten der Red Legion und der Black Jackets waren zu der Verhandlung gekommen. Um Auseinandersetzungen zwischen den Gruppen zu verhindern, gab es bereits auf den Zufahrtstraßen in das Gerichtsviertel Fahrzeugkontrollen. Die aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen sollen am nächsten Prozesstag (Montag, 30. September) fortgesetzt werden. Doch auch am Tag darauf wird es ein großes Polizeiaufgebot geben: Von Dienstag an müssen sich drei 20 bis 31 Jahre alte Sympathisanten der Black Jackets in einem weiteren Prozess am Landgericht wegen versuchten Totschlags verantworten. Die Angeklagten sollen einen Monat nach der Tat in Esslingen aus Rache vor einer Gaststätte in Stuttgart ein Red-Legion-Mitglied mit Messerstichen lebensgefährlich verletzt haben.

Indes steht die strafrechtliche Aufarbeitung des bereits laufenden Verfahrens auf der Kippe. Vorsorglich wurde eine Beisitzende Richterin für befangen erklärt, die eine Beschwerde der Verteidiger ohne Akteneinsicht abgelehnt hatte. Sie wurde ersetzt. Doch es laufen weitere Befangenheitsanträge: Die drei hauptamtlichen Richter sollen die Angeklagten bei der Auswahl der Pflichtverteidiger nicht gehört haben. Sollte auch nur einem Antrag stattgegeben werden, platzt der Prozess und muss neu aufgerollt werden.

Stuttgart/Esslingen -